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Diese Stadt wird zum Epizentrum der Immo-Krise in Europa

Wien hat sich zum schwächsten Wohnimmobilienmarkt unter den europäischen Hauptstädten entwickelt. Die Stadt verzeichnete einen zweistelligen Rückgang gegenüber dem Höchststand vor einem Jahr, der sogar das schwer angeschlagene Stockholm übertraf. Das zeigt die erste Bloomberg-City-Tracker-Analyse.

© daniel0 / stock.adobe.com

In den jüngsten Monatszahlen verzeichnete die österreichische Hauptstadt einen Einbruch von 12,2 Prozent beim Quadratmeterpreis gegenüber dem Höchststand vor einem Jahr. In Stockholm gingen die Preise um 6,4 Prozent zurück, wie aus von Bloomberg gesammelten Daten hervorgeht. Unter den neun derzeit beobachteten Städten verzeichneten derweil nur Madrid, Mailand und Zürich Zuwächse, wie aus der ersten Bloomberg-City-Tracker-Analyse hervorgeht. Weitere Ausgaben des City Tracker werden folgen. Die Berichterstattung wird auch erweitert werden, um Einblicke in Sektoren zu geben.

Das war wohl nich nicht alles
In Wien verschärfen strengere Vorschriften für Wohnkredite und die Konkurrenz durch einen großen Mietmarkt den Einbruch und drückten die Angebotspreise im Mai auf durchschnittlich 7.084 Euro pro Quadratmeter. Mit weiteren Rückgängen wird gerechnet. Trotz des Rückgangs sind die Preise in Wien nach einer langen Reihe von Steigerungen immer noch hoch.

Divergente Entwicklungen in Europas Großstädten
Die Wohnimmobilienmärkte in Europa entwickeln sich unterschiedlich, da die Auswirkungen der höheren Zinssätze einige Gebiete hart treffen, während ein Mangel an Angebot und die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise andere stützen.

Erfassungsmethodik
Um die neuesten Trends zu erfassen, hat Bloomberg Zahlen von einer Reihe von Anbietern zusammengestellt, um die Quadratmeterpreise für Wohnungen in den wichtigsten Metropolen zu ermitteln. Bei einigen handelt es sich um Angebotspreise und Orientierungswerte, bei anderen um offizielle Zahlen. Die Preise in Wien zum Beispiel wurden aus einem Durchschnitt der Angebotspreise in den 23 Stadtbezirken bei Immopreise.at abgeleitet.

Bloomberg City Tracker: Übersicht über die Wohnungspreise
Preise in Euro pro Quadratmeter. Änderungen in lokaler Währung berechnet

Ende des billigen Geldes macht sich unangenehm bemerkbar
Durch das Ende der Ära des billigen Geldes sind die europäischen Immobilienmärkte durcheinandergewirbelt worden. Die Zinserhöhungen der Zentralbanken haben Hypotheken verteuert, während die Verbraucher unter dem Druck der Lebenshaltungskosten leiden. Dennoch sind die Auswirkungen der höheren Kreditkosten ungleichmäßig.

Von Frankfurt bis London: Immobilienmarkt vor scharfer Wende
Die Daten von City Tracker zeigen, dass die einst von der globalen Finanzkrise gebeutelten Gebiete vom aktuellen Abschwung weniger stark betroffen sind, während Städte, die dank eines Jahrzehnts billiger Kredite einen Aufschwung erlebten, am meisten leiden. Angesichts steigender Zinsen und der Inflation, die das verfügbare Einkommen schmälert, bleiben mehr Wiener Familien in Mietwohnungen, anstatt zu kaufen, so die Immobilienagentur s Real Immobilienvermittlung GmbH.

Bloomberg City Tracker: Veränderungen der Wohnimmobilienpreise im Jahresvergleich

Noch immer hohe Preise
Trotz des Rückgangs sind die Preise nach einer langen Reihe von Anstiegen immer noch hoch. Die lockeren Finanzierungsbedingungen während der Covid-19-Pandemie haben die Nachfrage nach Wohnraum weiter angeheizt, und laut einer Auswertung der Oesterreichischen Nationalbank lagen die Wiener Immobilienpreise Ende 2022 um 40 Prozent über dem fundamentalen Wert.

Kreditmärkte stark verengt in Österreich
Seither haben sich die Kreditmärkte jedoch verengt, und das Volumen neuer Hypothekarkredite für österreichische Haushalte ist laut Daten der Zentralbank im März gegenüber dem Vorjahr um mehr als 60 Prozent zurückgegangen. “Die nächsten Monate werden herausfordernd bleiben”, sagte Martina Hirsch, die Leiterin von s Real, per E-Mail Richtung Bloomberg. “Wir erwarten eine anhaltend schwache Nachfrage sowie einen Markt, der vorsichtig ist und sich nur langsam anpasst.”

Zweites Sorgenkind Stockholm
Neben Wien ist Schweden aufgrund seiner Tendenz zu kürzeren Laufzeiten besonders anfällig für steigende Zinsen, was die Preise in Stockholm im April um 6,4 Prozent drückte. Aber da Mietwohnungen in der schwedischen Hauptstadt extrem schwer zu bekommen sind, hat sich der Rückgang in den letzten Monaten verlangsamt.

Irland will gegensteuern
Die jüngsten Daten für Dublin zeigen, dass sich der einstmals boomende Markt mit einem Rückgang von 2,4 Prozent im März abkühlt. Die irische Regierung erwägt die Wiedereinführung von Hypothekenerleichterungen, um den angeschlagenen Verbrauchern zu helfen. Auch in Berlin gab es Rückgänge, im April um 1%.

Bloomberg City Tracker: Appartementpreise, letzter verfügbarer Monat

Refinanzierungsprobleme bei Hypotheken auch in UK erwartet
In Großbritannien, wo die meisten Hypotheken für zwei oder fünf Jahre festgeschrieben sind, werden in diesem Jahr mehr als 1,4 Millionen Briten gezwungen sein, ihre Hypotheken zu refinanzieren. Damit ist der jährliche Anstieg in London gestoppt worden.

Ist Spanien anders?
Für Spanien wird erwartet, dass sich die Marktverschiebung auf das Angebot auswirkt, da die Bauunternehmen mit höheren Kosten zu kämpfen haben. “Der spanische Wohnimmobilienmarkt wird sich in der zweiten Jahreshälfte abschwächen”, sagte Borja Garcia-Egotxeaga, Vorstandsvorsitzender des spanischen Wohnungsbauunternehmens Neinor Homes. “Aber die Immobilienpreise werden weiter steigen.” (kb)

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