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Pensionsverpflichtungen: Deckungsgrad erreicht Höchststand

Laut einer aktuellen Schätzung von Mercer hat die Kapitaldeckung der Pensionsverpflichtungen der DAX-40-Konzerne ein Rekordniveau erreicht. Das liegt vor allem daran, dass aufgrund eines leicht höheren Rechenzinses der Wert der Pensionsverpflichtungen fiel und die Pensionsvermögen etwas stiegen.

Dr. André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer Deutschland
Dr. André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer Deutschland© AON

Für die Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland war 2024 wohl ein gutes Jahr, wie Zahlen des Beratungsunternehmens Mercer signalisieren. Das liegt an mehreren Gründen, beispielsweise die Marktentwicklung.

Im Jahr 2024 haben sich die meisten Anlageklassen positiv entwickelt. Das hat im Vorjahresvergleich zu einem Anstieg des Pensionsvermögens im DAX 40 von rund 258 Milliarden Euro um ca. sechs Milliarden Euro auf etwa 264 Milliarden Euro geführt, wie eine aktuelle Schätzung von Mercer auf Basis der jüngsten Geschäftsberichte der DAX-40-Unternehmen sowie aktueller Kapitalmarktinformationen zeigt.

Neuer Rekordwert beim Deckungsgrad
Der Rechnungszinssatz blieb – abhängig vom verwendeten Verfahren – ungefähr auf dem Vorjahresniveau bzw. stieg leicht an. Der Wert der Pensionsverpflichtungen in den IFRS-Abschlüssen der DAX-Unternehmen sank daher von 324 Milliarden Euro auf etwa 320 Milliarden Euro.

Der Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen übertraf den Rekordwert aus 2022 von 80 Prozent und erhöhte sich auf fast 83 Prozent.

„Der Anstieg des Deckungsgrades belegt den anhaltenden Trend zur Ausfinanzierung der Pensionsverpflichtungen. Damit können nicht nur bilanzielle Risiken gesenkt und die Liquiditätsabflüsse gesteuert werden, sondern im Falle des Pensionsfonds auch die Kosten der gesetzlichen Insolvenzsicherung gesenkt werden“, sagt Dr. André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer Deutschland.

Wichtige Kennzahlen im Zeitvergleich

Pensionsvermögen steigen weiter
Das Jahr 2024 war wie das Vorjahr von einer Kurserholung geprägt. Das Pensionsvermögen im DAX 40 (in aktueller Zusammensetzung) stieg von rund 258 Milliarden Euro um etwa sechs Milliarden Euro auf ca. 264 Milliarden Euro, liegt aber noch immer weit unter dem Höchststand von fast 300 Milliarden Euro Ende 2021.

Sondereffekte
Zum Jahresende hat sich die Zusammensetzung des DAX 40 geändert. Covestro verließ den DAX, weil der Streubesitz auf unter zehn Prozent sank. Im Gegenzug wurde Fresenius Medical Care neu aufgenommen. Durch den Abgang von Covestro und den Zugang von Fresenius Medical Care verringerte sich ist das Pensionsvermögen um gut drei Milliarden Euro.

Analog zum Vorjahr ist laut Mercer davon auszugehen, dass auch für 2024 die Zahlungen aus dem Planvermögen höher waren als die neuen Zuwendungen. In diesem Jahr wurde der Effekt durch die hohen Anpassungen verstärkt. Der daraus resultierende Mittelabfluss dürfte etwa fünf Milliarden Euro betragen.

Sechs Prozent Rendite
Im Ergebnis hat sich das Pensionsvermögen durch die veränderte DAX-Zusammensetzung und die Mittelabflüsse um neun Milliarden Euro reduziert. Da der Stand Ende 2024 aber sechs Milliarden Euro höher ist als Ende 2023, ergibt sich eine Rendite im Pensionsvermögen von rund 15 Milliarden Euro oder fast sechs Prozent.

„2024 war trotz eines schwächelnden realwirtschaftlichen Umfelds ein positives Kapitalmarktjahr. In diesem Umfeld war es entscheidend, die positiven Marktwertentwicklungen zu nutzen, ohne jedoch das Ziel eines De-Riskings – also Absicherung der Risiken der Verpflichtungen – aus den Augen zu verlieren. Viele Faktoren deuteten im Jahresverlauf auf eine Normalisierung des Kapitalmarktumfelds hin. Daher war es für Anleger wichtig, die richtigen Schlüsse aus den starken regionalen Unterschieden der Kapitalmärkte sowie aus den unterschiedlichen Asset-Klassen zu ziehen”, kommentiert Jeffrey Dissmann, Leiter Investments bei Mercer Deutschland.

Unveränderte Pensionsverpflichtungen dank stabilem Rechnungszinssatz
Der Wert der Pensionsverpflichtungen in den IFRS-Abschlüssen der DAX-Unternehmen ist von 324 Milliarden Euro auf etwa 320 Milliarden Euro gesunken. Der Abgang von Covestro und der Zugang von Fresenius Medical Care haben zu einem Rückgang von drei Milliarden Euro geführt. Der Saldo aus Dienstzeitaufwand, Zinsaufwand und Zahlungen ist leicht positiv und liegt bei etwa eine Milliarden Euro. Es verbleibt ein Rückgang von etwa zwei Milliarden Euro, der sich im Wesentlichen durch die Zinsveränderung erklärt.

Rechenzinssatz abhängig vom verwendeten Verfahren
Der größte Unsicherheitsfaktor für die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen ist üblicherweise der Rechnungszinssatz, der im vergangenen Jahr allerdings stabil blieb. Bei der Mercer Yield Curve, dem Verfahren von Mercer zur Ermittlung des Rechnungszinssatzes nach IFRS, veränderte sich der Rechnungszins für eine typische durchschnittliche Restlaufzeit von 15 (bzw. 20) Jahren von 3,57 Prozent (bzw. 3,63 Prozent) nur leicht auf 3,56 Prozent (bzw. 3,65 Prozent).

Die Berechnungsmethoden anderer Gutachterhäuser oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben tendenziell einen Anstieg des Rechnungszinssatzes nach sich gezogen.

Abhängig vom verwendeten Verfahren, der Zusammensetzung des Personenbestandes, den konkreten Zusagen und weiteren Faktoren werden die meisten Unternehmen den Zins entweder angehoben oder unverändert gelassen haben, aber auch eine Zinssenkung ist in Einzelfällen nicht ausgeschlossen.

„Unter Berücksichtigung der verschiedenen Zinsermittlungsverfahren und der Erfahrungen aus der Vergangenheit gehen wir davon aus, dass der Rechnungszins im DAX 40 zum 31. Dezember 2024 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich nur um etwa 15 Basispunkte angestiegen ist”, erläutert Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland. „Das erklärt die stabilen Werte der Pensionsverpflichtungen.”

Zu beachten ist laut Mercer, dass die Volatilität von Verpflichtungs- und Vermögenswerten im IFRS-Abschluss erfolgsneutral dargestellt wird und somit nicht den ausgewiesenen Unternehmenserfolg beeinträchtigt.

Rekordniveau
Der Deckungsgrad – also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen – erreichte zuletzt Ende 2022 ein Rekordhoch von 80 Prozent. Ende 2023 lag der Wert geringfügig niedriger (gerundet ebenfalls 80 Prozent). Ende 2024 wird nun - wie bereits oben erwähnt - mit fast 83 Prozent ein neuer Rekordwert erreicht.

Die historisch hohen Deckungsgrade der letzten drei Jahre spiegeln nicht nur das Verhältnis der Kursentwicklung des Planvermögens zur rechnerischen Entwicklung der Pensionsverpflichtungen wider, sondern liegen auch im allgemeinen Trend zur Ausfinanzierung begründet.

Große Spannbreite
Eine Pflicht zum Aufbau eines Pensionsvermögens gibt es in Deutschland nicht. Daher gibt es auch im DAX eine große Spannbreite: Während manche Unternehmen nur ein geringes Pensionsvermögen bilden, haben andere bereits eine vollständige Ausfinanzierung erreicht.

Dass Unternehmen bis hinein in den Mittelstand sich für eine Ausfinanzierung in großem Umfang entscheiden, liegt in der Abmilderung von bilanziellen und Liquidationsrisiken begründet. Um nachträglich Pensionsvermögen aufzubauen, bieten sich Pensionsfonds und Treuhandlösungen an. „Auch im Jahr 2024 haben die Unternehmen nach Lösungen gesucht, ihre Pensionsrisiken zu steuern, ihre Bilanzen zu entlasten und Liquiditätsabflüsse zu verstetigen. Für viele Unternehmen ist die Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds weiterhin das Mittel der Wahl“, erläutert Geilenkothen abschließend. (aa)

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