Mark Dowding über zu wenig beachtete Risiken
Viele Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sich die Handelssorgen in Luft auflösen werden, beobachtet Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management. Er warnt jedoch, dass die Spannungen schnell wieder eskalieren könnten.
„Angeführt von US-Staatsanleihen sanken die weltweiten Renditen in der vergangenen Woche, da die Daten im Vorfeld der jüngst veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen auf eine gewisse Abschwächung hindeuteten. Aufgrund der US-Handelspolitik wurde eine gewisse konjunkturelle Verlangsamung erwartet. "Aus unserer Sicht hat sich der wirtschaftliche Ausblick allerdings nicht entscheidend verändert", erklärt Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management.
Die US-Regierung verschärft laut Dowding die Situation am Arbeitsmarkt, indem sie die Einwanderung einschränkt. Daher bezweifelt Dowding, dass die Arbeitslosenquote so stark ansteigen wird, dass die Rezessionsängste zurückkehren: "Vor diesem Hintergrund bleibt die Richtung der Renditen in unseren Augen relativ unklar."
Höhere Rüstungsausgaben belasten Staatshaushalte, treiben Renditen hoch
Die Inflation in der Eurozone war im Mai etwas niedriger als erwartet. Derweil ist das Thema Verteidigungsausgaben wieder in den Mittelpunkt gerückt. Die politischen Entscheidungsträger in der Europäischen Union (EU) – allen voran Deutschland – erhöhen ihre geplanten Verpflichtungen. Dass die deutschen Ausgaben jährlich fünf Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen könnten, ist beachtlich. "Wir sind der Meinung, dass der bevorstehende Anstieg der Staatsdefizite und des Angebots an deutschen Bundesanleihen an den Märkten derzeit zu wenig Beachtung findet", warnt Dowding.
Kurzfristig haben europäische Vermögenswerte von den erhöhten Kapitalströmen profitiert. Das hat in den letzten Wochen zu einer gewissen regionalen Outperformance geführt. "Wir wären jedoch vorsichtig, wenn die Renditen zu weit fallen, da die fiskalischen Risiken unterschätzt werden könnten", ergänzt Dowding.
A never ending Story: Handelsstreit
Die Bedenken bezüglich der Handelsrisiken sind im Mai geringer geworden. Nun scheint es, dass die Spannungen erneut eskalieren könnten: In den letzten Tagen haben sich die USA einen Schlagabtausch mit der EU und China geliefert.
Die Marktteilnehmer neigen zu der Annahme, dass sich die Handelssorgen in Luft auflösen werden. Mit Blick auf das G7-Treffen in Kanada Mitte des Monats sieht Dowding jedoch das Risiko, dass sie wieder aufflammen und der Druck auf Risikoanlagen steigt. Die Marktteilnehmer schauen indessen auf den 9. Juli – dem Tag, an dem die Frist von US-Präsident Donald Trump für neue EU-Zölle endet.
Risiken bestehen weiter
Im Umfeld der US-Regierung herrscht die Meinung, dass die Dinge für die USA ganz gut laufen: Die Wirtschaft hält sich vorerst gut, die Inflation steigt – noch – nicht an, die Aktienmärkte befinden sich in der Nähe ihrer Höchststände und die Zolleinnahmen fließen bereits. Diese Sichtweise scheint jedoch die zunehmenden Risiken außer Acht zu lassen. Daher hält es Dowding für angebracht, vorsichtig zu bleiben.
"Einem Sprichwort zufolge kommt Hochmut vor dem Fall. Wir haben derzeit den Eindruck, dass die Anleger für das Eingehen großer Risiken relativ gesehen unterkompensiert werden. Daher könnte es sinnvoll sein, etwas trockenes Pulver zu halten und dieses einzusetzen, wenn die Bewertungen attraktiver werden", empfiehlt Dowding abschließend. (aa)