FMA-Aufsichtskonferenz: "Die Zeit der Vorbereitungen ist vorbei"
Sorgen wegen des Immobilienpreisbooms, der Kreditvergabe und mangelnder Umsetzung grüner Ziele im Finanzwesen standen bei der diesjährigen FMA-Aufsichtskonferenz im Fokus.

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Bei der Aufsichtskonferenz der Finanzmarktaufsicht FMA, die vor wenigen Tagen stattfand, war nicht nur Erleichterung über die bis jetzt gut bewältigte Corona-Krise zu vernehmen. Auch das eine oder andere deutliche Wort in Richtung der Beaufsichtigten wurde geäußert.
FMA-Vorstand Eduard Müller machte seine Unzufriedenheit über den zuletzt wieder gestiegenen Druck der Bankbranche, gewisse Regulierungsstandards zu lockern, deutlich. "Der Lobbyismus zu Basel III irritiert uns", sagte er. "Daher haben wir in unserem Brief an die EU-Kommission betont, dass es keine Verwässerung geben darf, und dass Basel III rasch umgesetzt werden soll“, erklärte Müller, der sich damit auf ein im September veröffentlichtes Schreiben von Vertretern europäischer Bankenaufsichtsbehörden und Zentralbanken bezog.
Verhandlungen vor dem Abschluss
Mit den Basel-III-Standards hat die EU-Kommission in den vergangenen Jahren als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 schärfere Aufsichtsregeln für Banken ausgearbeitet. Dieser Tage sollen die jahrelangen Verhandlungen zu einem Ende kommen. Die Banken haben sich in dem Prozess teils heftig gewehrt und nicht zuletzt die Krise genutzt, um für Aufweichungen zu argumentieren.
Müllers Vorstandskollege Helmut Ettl betonte, dass aufgrund der in den vergangenen Jahren hochgeschraubten Standards die Corona-Pandemie ohne Destabilisierung des Finanzsystems bewältigt werden konnte: Zu Zeiten der Finanzkrise 2008 habe das Kernkapital der Banken bei 6,9 Prozent gelegen, heute seien es 16 Prozent, sagte Ettl. Im Fall eines Schocks hätten die Kreditinstitute derzeit ein Kapitalpolster von 45 Milliarden Euro, bevor regulatorische Mindesterfordernisse verletzt würden.
Heta-Abwicklung abgeschlossen
Ettl verwies auch auf die Heta-Abwicklung. Die Endverteilung aus der Abbaugesellschaft der Pleitebank Hypo Alpe Adria habe ebenfalls am Mittwoch stattgefunden: "Anfangs ging man von einer Erfüllungsquote von 35 Prozent aus, heute haben wir 86 Prozent erreicht. Wir befinden uns in einer Situation wo wir schwierige Fälle meistern können", so Ettl.
Auch Bernhard Spalt, CEO der Erste Group Bank, zeigte sich über das Funktionieren des Finanzmarktes während der Corona-Pandemie erfreut, übte aber Kritik an der FMA: "Ich hätte mir von der Aufsichtsbehörde deutlichere Worte der Unterstützung gewünscht, dass wir weiter unsere Bonitätsprüfungen machen müssen", sagte er. Damit spielte Spalt auf die Beschwerden von Unternehmen an, wonach diese dringend benötigte Kredite ihrer Ansicht nach nicht oder nicht rasch genug bekamen.
Rasche Krisenbewältigung
Die Krisenbewältigung habe sehr rasch funktioniert, sagte Angelika Sommer-Hemetsberger, Vorständin der Österreichischen Kontrollbank (OeKB). "Viele der versicherungsartigen Mittel wurden bereits wieder rückgeführt, und ich denke, dass der Rest ebenfalls planmäßig zurückgezahlt wird", so Sommer-Hemetsberger. Die OeKB habe exportierenden Unternehmen Kapital beziehungsweise Sicherheiten im Ausmaß von drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
Abseits der Finanzkrise stand die Aufsichtskonferenz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Ein Thema, ohne das man am Kapitalmarkt künftig nicht mehr reüssieren kann. Am pointiertesten drückte es OeKB-Chefin Sommer-Hemetsberger aus: "Für jüngere Mitarbeiter ist das heute verkehrt, wenn man keine Green oder Social Bonds macht", sagte sie.
Klimawandel muss im Geschäft berücksichtigt werden
Frank Elderson, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) machte klar, dass künftig jedes beaufsichtigte Finanzinstitut seine individuellen Gefahren durch den Klimawandel analysieren, kennen und in der Strategie berücksichtigen müsse. "Die Zeit der Vorbereitungen ist vorbei", sagte Elderson. "Banken können nicht weiter einfach nur ihre Absicht erklären, dass sie bis 2050 die Paris-Ziele erfüllen wollen", so der EZB-Direktor.
Derzeit habe die Hälfte der Banken unter direkter EZB-Aufsicht keine oder nur wenige Pläne, Klima- und Umweltrisiken im eigenen Geschäft zu berücksichtigen. Die Mehrheit der Kreditinstitute hätte noch keine Analyse der eigenen Klimarisiken erstellt. Dabei gebe es bereits taugliche Anleitungen: Das europaweite Regulatoren-Netzwerk "Network für Greening the Financial System" (NGFS) habe Vorschläge für die Integration der Umweltbelange im Finanzwesen vorgestellt.
Grüne Blase
Dass der Druck auf die Finanzbranche, "grüner" zu werden am Ende auch die Gefahren einer "Green Bubble" erhöht, wurde als Thema nur am Rande gestreift. Bekanntlich mehren sich Warnungen, dass die Asset-Preise unnatürlich aufgeblasen werden, wenn Anleger in die gleiche knappe Auswahl an grünen Veranlagungen strömen. FMA-Vorstand Müller warnte zwar davor, dass sich bereits früher aufgetretene Probleme mit subventionierten Alternativenergieanbietern, etwa Windparks, nicht wiederholen dürften. Die Frage, wer für die Verhinderung einer grünen Investment-Blase verantwortlich sei, sehen die Aufseher aber weniger bei sich, sondern bei den einzelnen Marktteilnehmern verortet: Jeder sei angehalten, das über sein Risikomanagement zu verhindern, sagte Müller gegenüber der Redaktion.
Konkretere Sorgen bereitet der FMA derzeit die Preisrallye im Immobilienbereich. Co-Vorstand Ettl betonte, dass Steigerungen von zwölf Prozent auf Jahresbasis in Österreich bisher nicht üblich waren. Die hohen Preise würden für die Aufsicht zunehmend relevant. Insbesondere hätten die Banken in den vergangenen Jahren ihre Vergabestandards aufgeweicht. Bedenklich sei auch, dass hierzulande noch immer 46 Prozent der Kredite mit variablem Zins vergeben werden. Damit liege Österreich im europäischen Spitzenfeld.
Schritte einleiten
"Da müssen wir etwas machen", so Ettl zur Immobilienkreditvergabe. Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) in dem Mitglieder von FMA, OeNB, Finanzministerium und Fiskalrat vertreten sind, werde Schritte setzen, so Ettl ohne genauere Angaben. (eml)