Commerzbank-Chefin will zu UniCredit-Abwehr Kapital freisetzen
Vorstandschefin Bettina Orlopp will alle Register ziehen, um den Aktienkurs zu steigern und die Unabhängigkeit der Commerzbank zu bewahren.
Angesichts einer möglichen Übernahme durch den Rivalen UniCredit will Commerzbank-Vorstandschefin Bettina Orlopp Kapital für Investitionen oder Ausschüttungen an Anleger freisetzen - und damit die Attraktivität als unabhängiges Geldhaus demonstrieren. Darüber berichtet Bloomberg News.
Orlopp wolle das erwartete Wachstum der risikogewichteten Aktiva (RWA) um mehrere Milliarden Euro unter dem von der Commerzbank im September skizzierten Wert halten, hieß es aus darüber informierten Kreisen, wie Bloomberg betont.
Der Schritt würde demnach den zusätzlichen Betrag an regulatorischem Kapital, der durch die erwartete Ausweitung der risikogewichteten Aktiva gebunden ist, reduzieren und so mehr Spielraum für Ausschüttungen an die Aktionäre oder Investitionen, einschließlich Akquisitionen, schaffen.
Überzeugungsarbeit bei Aktionären
Die Strategie der Kapitalfreisetzung ist ein Kernbestandteil von Orlopps Plan, die Aktionäre davon zu überzeugen, dass die Commerzbank für sich genommen ein überzeugendes Investment ist. Orlopp hatte bereits im September die Profitabilitäts- und Auszahlungsziele der Bank angehoben, kurz nachdem die Mailänder UniCredit eine große Beteiligung übernommen hatte und erklärte, eine vollständige Übernahme der Frankfurter Bank in Betracht zu ziehen.
UniCredit-CEO Andrea Orcel hat signalisiert, dass er die bisherige Strategie der Commerzbank nicht für ehrgeizig genug erachtet. Orlopp hatte ihren Plan für die Commerzbank in einem virtuellen Treffen mit ihm vorgestellt und angedeutet, dass sie es vorziehen würde, wenn die Commerzbank unabhängig bliebe.
"Signifikanten Risikotransfers” (SRT) Deals sollen ausgebaut werden
Ein Element von Orlopps neuem Plan ist dem Vernehmen nach eine erhebliche Ausweitung von so genannten “signifikanten Risikotransfers” (SRT) Deals, die regulatorisches Kapital freisetzen. Die Commerzbank habe kürzlich zudem die Genehmigung der Europäischen Zentralbank für ihre internen Risikomodelle erhalten, wodurch ebenfalls Kapital freigesetzt werden könne, hieß es.
Zur Erinnerung: Bei einem SRT bezahlt eine Bank in der Regel institutionelle Investoren dafür, dass sie sich bereit erklären, Verluste aus dem riskantesten Teil eines bestimmten Kreditportfolios zu decken, und bietet so eine Art Versicherung für Kreditbündel, die sich häufig auf mehrere Milliarden Euro belaufen. Durch diesen Schutz kann die Bank einen Teil des regulatorischen Kapitals freisetzen, das sie als Absicherung für die Kredite vorhalten muss.
Strengere Selektion
Um die Profitabilität zu steigern, plane Orlopp, mehr Gewinn mit bestehenden Kunden zu machen, so darüber informierte Personen. Zu den Maßnahmen könnten Preiserhöhungen, die Forderung nach mehr Sicherheiten oder der Verkauf von mehr Produkten an sie gehören, hieß es weiter.
Dagegen werde die Commerzbank versuchen, das Engagement bei Kunden zu reduzieren, die im Vergleich zu ihrem Risikoprofil wenig Geld einbringen, also eine niedrige so genannte RWA-Effizienz haben, so die Personen.
Der Schritt sei eine Wiederaufnahme eines Programms, das der Firmenkundenchef Michael Kotzbauer vor einigen Jahren initiiert habe, so die Personen gegenüber Bloomberg. Seitdem hätten höhere Zinssätze die Einnahmen aus dem Kreditgeschäft erhöht und das Programm in den Hintergrund gedrängt. Da die Zinssätze wieder sinken, werfe die Bank nun einen neuen Blick auf solche Maßnahmen, hieß es.
Kotzbauer wurde im September zum stellvertretenden CEO befördert, als Orlopp zum Nachfolger von Manfred Knof an der Spitze der Bank berufen wurde. Der Firmenkundenchef stellte 2021 eine Strategie vor, mit der entweder die Einnahmen von Kunden mit geringer RWA-Effizienz gesteigert oder Beziehungen zu diesen Kunden abgebaut werden sollen.
Die risikogewichteten Aktiva definieren, wie viel hartes Kernkapital eine Bank als regulatorisches Sicherheitspolster vorhalten muss. Die Commerzbank hatte im September angekündigt, dass der RWA-Anstieg bis 2027 um sieben Milliarden Euro niedriger ausfallen soll als ein Jahr zuvor angekündigt. Die neuen Maßnahmen, die Orlopp jetzt in Betracht zieht, zielen darauf ab, dieses Wachstum noch weiter zu reduzieren. (aa)