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BlackRock-CEO: Stakeholder-Kapitalismus ist nicht ‘woke’

Larry Fink, Mitgründer und Chef von BlackRock, hat in seinem diesjährigen Brief an Vorstandsvorsitzende seine Gedanken zu Kapitalismus, Mitarbeiterbehandlung und den Umgang mit Nachhaltigkeit dargelegt und kündigte die Gründung eines Zentrums für "Stakeholder-Kapitalismus" an.

Larry Fink, BlackRock, anlässlich seines Auftritts am "Institutional Money Kongress".
Larry Fink, BlackRock, anlässlich seines Auftritts am "Institutional Money Kongress".

© Institutional Money

BlackRock-Chef Larry Fink (69) hat warnend darauf hingewiesen, dass Unternehmen, die sich nicht für nachhaltige Geschäftspraktiken einsetzen, ins Hintertreffen geraten werden. Er kontert damit Kritiker, die behaupten, die Berücksichtigung von Umweltauswirkungen bei Investitionsentscheidungen sei eine politisch motivierte Modeerscheinung. Darüber berichtet Bloomberg. “Stakeholder-Kapitalismus hat nichts mit Politik zu tun”, schrieb Fink, in seinem jährlichen Brief an Vorstandsvorsitzende. “Es ist keine soziale oder ideologische Agenda. Es ist nicht ‘woke’.”

Wachsender Riese
In den zehn Jahren, in denen Fink seine Briefe geschrieben hat, ist BlackRock auf ein Vermögen von mehr als zehn Billionen Dollar (8,8 Billionen Euro) angewachsen und hält damit bedeutende Anteile an vielen großen Unternehmen. Der Vermögensverwalter ist auch ein großer Nutznießer des Booms nachhaltiger Investitionen: Sein Portfolio umfasst 509 Milliarden Dollar an nachhaltigen Anlagen, mehr als doppelt so viel wie noch vor einem Jahr.

Kritik von allen Seiten
Und das Unternehmen sieht noch mehr Möglichkeiten für die Zukunft. Doch das Wachstum von BlackRock und die öffentlichkeitswirksamen Äußerungen von Fink haben Kritiker aus allen Ecken auf den Plan gerufen. Auf der linken Seiten beschweren sich Progressive darüber, dass BlackRock und andere ihren finanziellen Einfluss nicht nutzen, um schneller mehr zu tun. Auf der politischen rechten Seiten haben einige US-Bundesstaaten erklärt, dass sie keine Geschäfte mit Vermögensverwaltern machen werden, die zum Beispiel Investitionen in Öl und Gas meiden.

Bedacht ist angebracht
Fink nutzte das diesjährige Schreiben, das am späten Montag in New York auf der Website des Unternehmens veröffentlicht wurde, um seine Position zu fossilen Brennstoffen deutlich zu machen. “Die Veräußerung ganzer Sektoren - oder einfach die Verlagerung kohlenstoffintensiver Vermögenswerte von öffentlichen Märkten auf private Märkte - wird die Welt nicht auf Netto-Null bringen”, sagte er. “Und BlackRock verfolgt nicht die Politik, sich von Öl- und Gasunternehmen zu trennen.”

Tatsächlich tut genau das Gegenteil, was an der Zusammensetzung von Indizes und den Allokationsentscheidungen der BlackRock-Kunden liegt: Die börsengehandelten ESG-Fonds des Unternehmens sind nicht nur an fossilen Energieriesen wie Exxon Mobil Corp. und Chevron Corp. beteiligt, sondern ihr größter ESG-ETF hat laut Bloomberg Intelligence eine höhere Gewichtung in zwölf Aktien fossiler Energieträger als der S&P 500.

Nachhaltigkeit gilt auch als ökonomische Variable
Der Kapitalismus - und nicht das Klima - stand im Mittelpunkt des diesjährigen Briefes, eine deutliche Veränderung gegenüber den letzten Jahren. “Wir konzentrieren uns auf die Nachhaltigkeit, nicht weil wir Umweltschützer sind, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder unserer Kunden sind”, schrieb Fink und ermutigte die Unternehmen, langfristigen Gewinnen Vorrang vor kurzfristigen Erträgen zu geben.

Er rief die Unternehmen auch dazu auf, sich in einem angespannten Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer attraktiver zu machen, denn “Arbeitnehmer, die mehr von ihren Arbeitgebern verlangen, sind ein wesentliches Merkmal eines effektiven Kapitalismus”.

Fink erwähnte das Thema Klima erst in den letzten Abschnitten seines Schreibens, und dann auch nur viermal, darunter einmal im Zusammenhang mit der Task Force für klimabezogene Finanzinformationen und einmal, um zu sagen, dass Unternehmen “nicht die Klimapolizei sein können”. Er betonte auch die unmittelbare Notwendigkeit fossiler Brennstoffe, um die Energieversorgung sicherzustellen, und sagte, dass ehrgeizige Ziele Zeit brauchen.

ESG-Produkte sind ein Verkaufsschlager
Für BlackRock und andere sind ESG-Investitionen zu einer äußerst lukrativen Strategie geworden. Philipp Hildebrand, 58, der stellvertretende Chairman des Unternehmens, sagte im Oktober, BlackRock erwarte “eine enorme Umschichtung von Kapital in nachhaltige Produkte”.

Fink hat außerdem Aktionäre und Regierungen zum Handeln aufgefordert. Die Regierungen, so Fink, sollten mehr Vorgaben für die Nachhaltigkeitspolitik, die Regulierung und die Offenlegung auf den Märkten machen. BlackRock arbeitet außerdem an einer Initiative, die den Kunden mehr Macht bei der Stimmrechtsausübung geben soll.

Weitere Highlights aus Finks Brief:

  • Die Pandemie habe die Art der Arbeit grundlegend verändert, was zu einer höheren Fluktuation und zu mehr Mitarbeitern führt, die Flexibilität wünschen. “Unternehmen, die sich nicht auf diese neue Realität einstellen und auf ihre Mitarbeiter eingehen, tun dies auf eigene Gefahr.”
  • Nachhaltige Investitionen haben vier Billionen Dollar erreicht und werden weiter steigen. “Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wird die größte Investitionsmöglichkeit unseres Lebens schaffen. Sie wird aber auch die Unternehmen zurücklassen, die sich nicht anpassen.”
  • BlackRock arbeitet an der Ausweitung einer Initiative, die es Anlegern ermöglichen soll, bei der Stimmabgabe Technologie einzusetzen. “Wir setzen uns für eine Zukunft ein, in der jeder Anleger - auch der Einzelanleger - die Möglichkeit hat, sich an der Stimmrechtsvertretung zu beteiligen, wenn er dies wünscht.”
  • Fink sagte, er plane die Gründung eines Zentrums für Stakeholder-Kapitalismus, um ein “Forum für Forschung, Dialog und Debatte” zu schaffen. Das Zentrum werde dazu beitragen, die Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern zu erforschen, erklärte er. (aa)

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