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Wie KI für höhere Diversifikation und alternative Renditen sorgen kann

Einsatzfelder von KI in institutionellen Anlagestrategien reichen von datenbasierten Entscheidungen bis zur Suche nach Überrenditen. Portfoliomanager Pablo Hess von Tungsten TRYCON erläutert, warum angesichts hoher Aktienbewertungen das Thema Diversifikation noch stärker in den Fokus rücken dürfte.

Pablo Hess, Tungsten Trycon
Pablo Hess, Tungsten Trycon© Tungsten Trycon

"Aktuell sehen wir in den USA und in Deutschland hohe Aktienbewertungen. Das KGV des DAX stieg unlängst über 20. Noch deutlicher ist die Entwicklung beim Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) im S&P 500, das jüngst einen Wert von 5,3 gegenüber dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 3,7 erreichte", schreibt Pablo Hess, KI-Entwickler und Portfoliomanager bei Tungsten TRYCON, in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag.

Wie positionieren sich institutionelle Anleger in diesem Umfeld? "Verkürzt dürften zwei Kriterien ausschlaggebend sein. Erstens die Erwartungen an weitere Erträge im Aktienmarkt trotz hoher Bewertungen und zweitens die Risiken, die sie bereit sind, dafür in Kauf zu nehmen", erklärt Hess, um dies nachfolgend näher zu erläutern.

Aktie bleibt Core-Investment - trotz skeptischer Prognosen
Banken wie Goldman Sachs erwarten für den S&P 500 in den kommenden zehn Jahren eine Rendite von etwa drei Prozent. Angesichts dieser pessimistischen Prognosen haben Hess zufolge einige risikobewusste (Long Only) Investoren damit begonnen, die Abhängigkeit ihrer Portfolien von weiter steigenden Aktienmärkten zu überprüfen.

Neben Aktien (die Kernbaustein bleiben) und Anleihen (von denen in Umfragen für 2025 moderate Renditen bei leicht erhöhter Volatilität erwartet werden) kommen etwa weitere Aktienstrategien (z.B. mit anderen Regionenschwerpunkten), Umschichtungen von passiven zu aktiv gemanagten Anlagen oder die Hinzunahme von Alternatives in Betracht.

"In Gesprächen mit Allokatoren begegnet uns häufig die Frage, inwieweit künstliche Intelligenz (KI) bei dieser Diversifizierungsaufgabe und als Baustein zur Optimierung des Rendite-Risiko-Profils eine Rolle spielen kann", erläutert Hess.

Viele assoziierten KI im Portfoliokontext bislang mit themenbezogenen Investments in Einzeltitel entsprechender Soft- und Hardware-Anbieter (man denke etwa an NVIDIA). Ergebnisse aktueller Studien wie der Hedgeweek Investor Survey 2025 legen nahe, dass fast zwei Drittel der dort befragten Investoren zunehmendes Interesse an KI-gestützten Strategien zeigen.

Kriterien für Diversifikation
Egal, welches Ausgangsportfolio Profianleger heranziehen: Ein zur Streuung eingesetzter Baustein sollte eine „echte“ Diversifikationswirkung haben. Wenn der Ertrag dieser Beimischung – wie auch das Gesamtportfolio – wesentlich vom Verlauf der Aktienmärkte abhängig ist, dann werden Investoren das Risiko-Rendite-Verhältnis des Portfolios kaum verbessern. "Die Abhängigkeit vieler Anlageklassen zum globalen und europäischen Aktienmarkt – darunter Immobilien, Liquid Alternative und Private Equity – ist mit einer Korrelation von 0,7 bis 0,9 jedoch häufig (überraschend) hoch", betont Hess.

Qualifiziert sich KI für Dekorrelation?
Echte Dekorrelation zeigt sich Hess zufolge in einer geringen Korrelation zum Aktienmarkt von 0,2 oder weniger: "Für solch ein Renditeprofil ist ein tatsächlich „andersartiger“ Investmentprozess eine gute Grundlage."

Mit der Auswertung großer Datenmengen in Echtzeit und prädiktiver Analyse zur Signalberechnung z.B. bei Markttrends oder Umbrüchen können KI-Algorithmen eine tiefe Durchdringung und alternative Sicht auf die Kapitalmärkte liefern. Die Nutzung dieser „andersartigen Marktinterpretation“ zur Generierung eines dekorrelierten Alpha ist daher aus Sicht von Hess und seinen Kollegen eine potenzielle Paradedisziplin KI-basierter Modelle.

"Im Falle der TRYCON Multi-Asset Fondsstrategie investieren wir daher in ein Anleiheportfolio im Investment-Grade-Bereich, während eine proprietäre KI-Software für das aktive Alpha-Portfolio die Wahrscheinlichkeiten von Marktbewegungen in 60 globalen Märkten berechnet und Handelssignale liefert, die long oder short umgesetzt werden. Für dieses Asset Allocation-Modell lässt sich anhand von zehntausenden getätigten Börsentransaktionen eine erfolgreiche Dekorrelation zu Aktien (-0,01), deutschen Staatsanleihen (-0,14) sowie Gold (-0,03) und Rohstoffen (-0,11) empirisch nachhalten", betont Hess.

Ausblick: Volatilität glätten
Angesichts hoher Aktienbewertungen unterziehen institutionelle Investoren ihre Portfoliobausteine einer Überprüfung. In die Szenarioplanung für 2025 fließen unter anderem Erwartungen an sinkende Zinsen (trotz unlängst geäußerter Skepsis von EZB-Direktorin Isabel Schnabel) oder eine möglicherweise hartnäckige Inflation ein. Zudem war die negative Korrelation von Aktien (S&P 500) gegenüber zehnjährigen US-Treasuries in den Jahren 2000 bis 2020 historisch eher eine Ausnahme. In Deutschland sah Hess zumindest bis vor kurzem auch einen Gleichlauf (24-Monats-Korrelation: >0,32)

"Kommt es zur Korrektur an den Aktienmärkten, dann werden dekorrelierte Bausteine - wie schon mehrfach in der Vergangenheit - wohl wieder deutlich höher priorisiert. Sie können Verlustrisiken aus dynamischeren Portfoliokomponenten reduzieren und als Lieferant schwankungsarmer, zusätzlicher Erträge zu einer gleichmäßigeren Wertentwicklung beitragen. Hier kann KI eine besondere Stärke für den Investor einbringen", betont Hess abschließend. (aa)

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