Prof. Martin Schmalz: Warum BlackRock und Co zur Gefahr werden können
Martin?Schmalz spricht im Interview in Printausgabe 2/2017 von "Institutional Money" über die Gefahr, die von der Konzentration der Eigentumsrechte an börsennotierten Unternehmen in den Portfolios von einigen wenigen großen Marktteilnehmern ausgehen kann. Das wirft neue Fragen an die Branche auf.
Diversifikation ist eines der wichtigsten Argumente für die Anlage in einem Investmentfonds. Dass gerade der damit verbundene Vorteil angesichts immer größer werdender Investmentgesellschaften und einer zunehmenden Konzentration in der Branche zu einem Problem werden könnte, erscheint deshalb umso erstaunlicher. Martin Schmalz, Professor an der University of Michigan in Ann Arbor nahe Detroit, hat sich der Erforschung des Problems gewidmet. Vor allem den sehr großen Branchenteilnehmern der Fondsindustrie dürften seine Erkenntnisse nicht gefallen.
Schmalz hat sich seit geraumer Zeit mit einer Problematik in der Ökonomie beschäftigt, die mit dem englischen Begriff "Common Ownership" beschrieben wird, was sich wohl am besten mit "gemeinsame Eigentümerstrukturen"?ins Deutsche übertragen lässt. "Durch das immense Wachstum, das die weltweite Fondsindustrie in den vergangenen Jahren verzeichnen konnte, ist dabei eine Situation entstanden, die dazu angetan ist, Konkurrenz im Keim zu ersticken beziehungsweise Wettbewerb zu untergraben", stellt Schmalz im Interview fest. "Wir wissen aber schon seit 1776, dem Jahr, in dem Adam Smith sein Opus magnum 'Wohlstand der Nationen' veröffentlicht hat, dass geringerer Wettbewerb und damit einhergehend höhere Preise nicht nur die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, sondern auch den Wohlstand insgesamt reduzieren."
Wohlstand entstehe nun einmal gerade dadurch, dass Unternehmen im Wettbewerb zueinander stehen und versuchen, Kunden für sich zu gewinnen.?"Sie tun das, indem sie entweder bessere Produkte anbieten oder vorhandene Produkte zu einem günstigeren Preis anbieten", so Schmalz. Wenn man also Wettbewerb reduziere, führe das zu weniger Wohlstand für die Gesamtwirtschaft. Ein großer Anreiz für Wettbewerb bestehe aber nur dann, wenn sich die Eigentümerstrukturen eines Unternehmens nicht zu stark überlappen.
"Grundsätzlich ist Diversifikation gut für die Investoren – das ist ein mathematischer Fakt", räumt Schmalz vor diesem Hintergrund im Interview ein. Genauso sei es aber ein Fakt, dass die heutige Situation eine andere sei als jene, die Adam Smith in seinen Überlegungen zum Wohlstandseffekt von Wettbewerb zwischen Unternehmen unterstellt habe. "Wenn große Vermögensverwalter hunderte oder sogar tausende Unternehmen in ihrem Portfolio führen, dann identifizieren sie sich einfach nicht mehr mit 'ihrer' Firma, wie das Smith annimmt", so Schmalz.
Relevant sei heute hauptsächlich der Wert des gesamten Portfolios. Der werde aber nicht einfach dadurch maximiert, dass jedes einzelne Unternehmen im Portfolio egoistisch und aggressiv seinen eigenen Gewinn zu maximieren versuche. Der Gewinn einer ganzen Branche sei sogar im Gegenteil dann am größten, wenn der Drang jedes einzelnen Unternehmens, zu anderen Vertretern derselben Branche in Konkurrenz zu treten, wirksam ausgeschaltet werde. Das sei der eigentliche Kern des Problems, den Schmalz als "Paradoxon der Diversifikation" bezeichnet, über den man bisher zu wenig nachgedacht habe.
Warum der Ökonom es bei der Diskussion um das Thema gemeinsamer Eigentümerstrukturen es als irreführend betrachtet, den Fokus auf ETFs und Indexfonds zu legen, und warum das Wachstum der ETFs sicher ein Grund, aber bei Weitem nicht der einzige für die weiter wachsende Problematik von Common Ownership ist, können interessierte Leser entweder in unserem E-Magazin ODER unter diesem LINK nachlesen.