PGIM: Brauchen Institutionelle zukünftig einen Chief Liquidity Officer?
Inwieweit Liquiditätsprobleme die Renditeziele institutioneller Investoren gefährden können und ob Großanleger damit mit der Schaffung einer neuen Funktion reagieren sollten, erläutert die Co-Head des Private Assets Research Programms bei PGIMs Institutional Advisory & Solutions (IAS) Group.

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"Wir sind es gewohnt, die Volatilität als das wichtigste Maß für das Portfoliorisiko zu betrachten. Die meisten Chief Investment Officers (CIOs) institutioneller Fonds kennen die Ex-ante-Volatilität ihres Portfolios genau und stützen sich dabei auf bewährte Multifaktor-Risikomodelle, VaR-Modelle, Kreditausfallmodelle und ihre eigene langjährige Erfahrung", schreibt Michelle Teng, Co-Head of the Private Assets Research Program bei PGIMs Institutional Advisory & Solutions (IAS) Group, in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag.
CRO hat wichtige Funktion
Unterstützt wird der CIO häufig von einem Chief Risk Officer (CRO), der die Volatilität des Portfolios misst und überwacht, wenn sich die Marktbedingungen ändern und neue Anlageformen in das Portfolio aufgenommen werden. Der CRO ist auch dafür verantwortlich, den CIO zu warnen, wenn die Risikorichtlinien des Portfolios verletzt werden. Einige Fonds erachten die Funktion des CRO als so bedeutsam für eine gute Risikokontrolle und Fondsverwaltung, dass der CRO direkt an den CEO des Fonds berichtet und nicht an den CIO.
Das Ex-ante-Management des Volatilitätsrisikos ist eine wirksame, wenn auch nicht unbedingt garantierte Methode zur Erreichung eines zentralen CIO-Anliegens, nämlich der Vermeidung großer unerwarteter negativer Renditen – entweder negativer absoluter Renditen oder negativer Renditen im Vergleich zu einer bestimmten Benchmark, merkt Teng an.
Für institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont wie etwa Pensionskassen und Staatsfonds ist das Volatilitätsrisiko jedoch selten existenzbedrohend, meint Teng. Die Volatilität kommt und geht. Zum Beispiel treten große Volatilitätsspitzen an den Aktienmärkten und die damit einhergehenden Marktkorrekturen etwa alle drei bis vier Jahre auf und klingen in der Regel innerhalb von zwei bis drei Quartalen wieder ab, wenn die Renditen der Vermögenswerte zu ihren langfristigen Trends zurückkehren. Wichtig ist, dass Volatilitätsereignisse in der Regel nicht dazu führen, dass ein CIO sofort Liquidität beschaffen muss.
Auch wenn Volatilitätsereignisse den CRO dazu veranlassen können, die Ex-ante-Schätzungen für die Portfoliovolatilität zu erhöhen, kann der CIO in der Regel, wenn dies erforderlich ist, um zu einem Risikoziel zurückzukehren, die Risikopositionen im Laufe der Zeit neu ausbalancieren und die Kosten der Neuausrichtung mithilfe liquider Derivate minimieren. Bei Volatilitätsspitzen geht es dem CIO nicht um die Beschaffung von Barmitteln, sondern darum, das Ereignis zu übertauchen und ein kostspieliges, schnelles De-Risking des Portfolios zu vermeiden, das in der Regel den Verkauf risikoreicher Vermögenswerte erfordert, nachdem der Markt bereits gefallen ist.
Welche Folgen haben Liquiditätsspitzen?
Es gibt jedoch Situationen, die das Fortbestehen eines Fonds gefährden können, und zwar die plötzliche Notwendigkeit, liquide Mittel zu beschaffen. Ein CIO, der nicht in der Lage ist, seinen Liquiditätsverpflichtungen nachzukommen, steht vor einer unausweichlichen und in der Regel unangenehmen Aufgabe: Die Vermögenswerte des Portfolios müssen verkauft und willige Käufer gefunden werden, warnt Teng.
Während die Volatilität der Vermögenswerte zu einem Liquiditätsanstieg führen kann, gibt es andere Ursachen für Liquiditätsspitzen, die aus anderen Bereichen innerhalb oder außerhalb des Fonds stammen können. Die Herausforderung für den CIO besteht darin, das gesamte Liquiditätsrisiko des Fonds zu integrieren und zu steuern.
Im Gegensatz zum Volatilitätsrisiko zwingt das Liquiditätsrisiko den CIO dazu, unattraktive und kostspielige Portfolioentscheidungen zu treffen. Da das Liquiditätsrisiko potenziell schwerwiegender ist als das Volatilitätsrisiko, stellt sich laut Teng für den CIO die entscheidende Frage, ob seine Organisation über die Fähigkeiten und klar definierten Verantwortlichkeiten verfügt, um das Liquiditätsrisiko des Fonds zu managen.
Was unterscheidet das Liquiditätsmanagement eines Fonds von der typischen Portfolio- oder Asset-Risiko-Orientierung eines CRO? Zum einen ist es Teng zufolge die Notwendigkeit, alle Aspekte des Liquiditätsbedarfs und der Liquiditätsquellen eines Fonds zu integrieren: Top-down Asset Allocation, Bottom-up Privatmarktaktivitäten sowie interne und externe Prozesse. Zum anderen ist es die Notwendigkeit eines langen Zeithorizonts in einer Welt großer und wachsender Portfolioallokationen in illiquiden privaten Vermögenswerten.
Liquiditätsmanagement erfordert eine langfristige Perspektive
Um alle Liquiditätsanforderungen und -quellen im gesamten Fonds zu integrieren, erfordert das Liquiditätsmanagement eine langfristige Perspektive, die weit über das hinausgeht, was typischerweise für viele Volatilitätsrisikoszenarien der Vermögenswerte erforderlich ist. Im Hinblick auf mögliche regulatorische Änderungen muss ein Fonds die Auswirkungen großer externer Anforderungen an die Liquidität überwachen.
Einerseits mahnen einige Regierungsvertreter, die Altersversorgung zu verbessern und das nationale Wirtschaftswachstum zu fördern, indem illiquide Private Assets inkludiert werden sollen, andererseits schlagen manche Regierungsvertreter vor, den Begünstigten mehr „Rentenfreiheit“ zu gewähren. Beide Maßnahmenpakete würden das Liquiditätsrisiko der Fonds verschärfen. Diese Maßnahmen sollten natürlich auf dem Radar des Liquiditätsmanagementteams auftauchen, empfiehlt Teng.
"CIOs haben am eigenen Leib erfahren, welche unvorhergesehenen Folgen gut gemeinte staatliche Maßnahmen haben können. So haben beispielsweise die britischen Aufsichtsbehörden, die die Volatilität der Fondsfinanzierung minimieren wollten, Anleger ermutigt, in LDI-Strategien zu investieren, bei denen die Duration der Vermögenswerte durch Hebelwirkung verlängert wird, um die Duration der Verbindlichkeiten besser auszugleichen. Allerdings berücksichtigten nur wenige die Auswirkungen auf die Liquidität – und zwar massive Nachschussforderungen und Zwangsverkäufe von Vermögenswerten auf Basis eines Verkaufs von Staatsanleihen, der im September 2022 paradoxerweise von der Regierung selbst initiiert wurde", gibt Teng ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit.
Gelegenheit zur Leistungssteigerung
So wie eine solide traditionelle Risikofunktion eine Liste potenzieller wirksamer Absicherungen gegen Marktbewegungen überwacht und bereithält, sollte eine erstklassige Liquiditätsmanagementfunktion potenzielle externe Liquiditätsfazilitäten identifizieren, bewerten und bereithalten. Eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse würde dem CIO bei der Entscheidung helfen, ob und in welchem Umfang eine bestimmte Liquiditätsfazilität sinnvoll ist, empfiehlt Teng.
Ein starkes Liquiditätsmanagement würde auch die Anfälligkeit von Fonds für Liquiditätsrisiken in alternativen Situationen quantifizieren, ähnlich wie ein CRO dies für verschiedene negative Marktszenarien tut. Wie würde sich beispielsweise die Performance und das Liquiditätsrisiko des Portfolios verändern, wenn die Allokation in Private Equity um zehn Prozentpunkte erhöht würde? Entscheidend ist, dass das Liquiditätsrisiko eines Portfolios nicht notwendigerweise linear mit der Allokation in illiquide Private Assets steigt, merkt Teng an.
Es ist wichtig festzuhalten, dass ein hochwertiges Liquiditätsmanagement die Portfolioperformance nicht nur dadurch verbessern kann, dass es dem Portfolio hilft, ein Liquiditätsereignis zu vermeiden. Erstaunlicherweise ist es nicht ungewöhnlich, dass einige Fonds derzeit über mehr Liquidität verfügen, als sie benötigen. Ein Liquiditätsmanagementteam sollte in der Lage sein, diese versteckten Kosten zu identifizieren, die Höhe der überschüssigen Liquidität zu messen und eine Strategie für deren Verwendung zu entwickeln.
Chief Liquidity Officer sinnvoll?
Betrachtet man die Bedeutung des Liquiditätsmanagements, stellt sich für Teng die Frage, warum viele Fonds nicht über ein eigenes Liquiditätsmanagementteam oder sogar einen Chief Liquidity Officer verfügen.
Obwohl eine neue und separate Funktion für das Liquiditätsmanagement zu schwerfälligen organisatorischen Überschneidungen und interner Verwirrung innerhalb eines Fonds führen kann, sind die langfristigen Vorteile wahrscheinlich jeden zusätzlichen Aufwand und jede zusätzliche Belastung wert.
Letztlich muss der Fonds selbst entscheiden, ob es an der Zeit ist, einen Chief Liquidity Officer zu ernennen, die Expertise im Liquiditätsmanagement und in der Liquiditätsanalyse auszubauen, oder zu bestätigen, dass die bestehenden Anlage- und Risikomanagement-Teams in der Lage sind, die Gesamtliquidität des Fonds angemessen zu überwachen und zu verwalten. (aa)