Große Umfrage: Das planen Institutionelle in den nächsten Monaten
Eine globale Umfrage von Natixis Investment Managers unter 500 institutionellen Investoren zeigt, welches Marktbild diese Großanleger derzeit haben und welche Umschichtungen geplant sind. Neben zahlreichen Risiken werden aber auch einige interessante Chancen gesehen und zum eigenen Vorteil genutzt.
Institutionelle Anleger auf der ganzen Welt blicken dem Jahr 2023 mit gemischten Gefühlen entgegen und rechnen mit noch höheren Zinsen, Inflation und Volatilität als 2022. Dies geht aus einer Umfrage von Natixis Investment Managers (Natixis IM) hervor. Die überwiegende Mehrheit (85%) hält eine Rezession für unvermeidlich, wobei 54 Prozent glauben, dass diese notwendig ist, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen.
500 institutionelle Investoren, über 20 Billionen an Assets
Natixis IM befragte 500 institutionelle Anleger in 29 Ländern in Nordamerika, Lateinamerika, Großbritannien, Kontinentaleuropa, Asien und dem Nahen Osten, die zusammen ein
Vermögen von 20,1 Billionen US-Dollar für öffentliche und private Rentenversicherungen, Versicherungen, Stiftungen, Fonds und Staatsfonds auf der ganzen Welt verwalten. Die Umfrage wurde von CoreData Research im Oktober und November 2022 durchgeführt.
Zahlreiche Risiken drohen
Die Investoren sehen in möglichen Fehlern der Zentralbankpolitik eine der größten Bedrohungen für die Wirtschaft. Die meisten (65%) sind der Meinung, dass eine Rezession gegenüber einer Stagflation, also einer Periode mit negativem BIP-Wachstum, verfestigter Inflation und steigender Arbeitslosigkeit, das kleinere Übel wäre.
60/40-Portfolios: Vertrauen verspielt
Gleichwohl: Institutionelle Anleger sind auch 2023 gezwungen, tief zu graben; traditionelle 60/40-Portfolios gelten als nicht mehr ausreichend – und das, obwohl festverzinsliche Anlagen nach der Meinung von 72 Prozent der Investoren vor einem Comeback stehen und 56 Prozent allgemein optimistisch auf die Anleihemärkte blicken.
Hohe Renditeansprüche bei Renten
Die Hoffnungen gerade der auf Anleihen angewiesenen Versicherer sind hoch: Rund die Hälfte (46%) von ihnen rechnet jetzt mit durchschnittlich 6,7 Prozent Rendite. Insgesamt wollen 77 Prozent der Befragten ihre durchschnittliche Renditeerwartung von 7,9 Prozent entweder beibehalten oder noch erhöhen.
"Trotz des starken wirtschaftlichen Gegenwinds sind die institutionellen Investoren bemerkenswert optimistisch für die meisten Anlageklassen und sehen inmitten der anhaltenden Marktverwerfungen opportunistische Wachstumschancen für aktive Manager", sagt Sebastian Römer, Leiter DACH-Region und Osteuropa bei Natixis IM. "Nach einem Jahrzehnt steigender Aktienkurse, die durch niedrige Zinsen angeheizt wurden, wird 2023 das Jahr sein, in dem der Markt wieder erkennt, dass Bewertungen wichtig sind und in dem die Argumente auch für traditionelle festverzinsliche Wertpapiere überzeugend sind."
Ängste: Krieg und harte wirtschaftliche Landung
Während Inflation und steigende Zinsen für institutionelle Anleger die beiden Hauptrisikofaktoren für ihr Portfolio darstellen, nennen 57 Prozent der Befragten den Krieg als eine der größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft – eine Einschätzung, die in Europa am stärksten ausgeprägt ist (68 %).
Eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und China zählt ebenfalls zu den größten Bedrohungen: Eine Sorge, die von 47 Prozent der Investoren in Asien und nach den Zwischenwahlen sogar von 53 Prozent der Befragten in den USA geäußert wurde (25 % vor den Zwischenwahlen). Letztlich glauben 65 % der institutionellen Anleger weltweit, dass Chinas geopolitische Ambitionen zu einer Zweiteilung der Weltwirtschaft in eine Zwei-Welten-Ordnung führen werden, in der China und die USA die größten Einflusssphären darstellen.
Die Befragten sind geteilter Meinung darüber, wie sich die Politik auf die Wirtschaftsleistung auswirken wird: 53 Prozent rechnen mit einer sanften Landung und 47 Prozent mit einer Bruchlandung. 69 Prozent sind der Meinung, dass die Bewertungen der Unternehmen noch nicht die Fundamentaldaten widerspiegeln, aber 72 Prozent erwarten, dass die Märkte sich 2023 endlich mit der Erkenntnis abfinden werden, dass Bewertungen wichtig sind.
Welche Segmente sind aussichtsreich, welche nicht?
Mit Blick auf die Aktienmärkte sind 60 Prozent der Meinung, dass Large-Cap-Aktien besser abschneiden werden als Small-Caps, und dass die Outperformance am ehesten von den Sektoren Gesundheitswesen, Energie und Finanzen kommen wird. Die Sektoren zyklische Konsumgüter (42%) und Immobilien (47%) dürften sich wiederum schlechter entwickeln, da 2023 steigende Zinsen und sinkende Immobilienpreise zu erwarten sind.
Die Anleger sind überwiegend optimistisch in Bezug auf Private Equity (62 %) und Anleihen (56 %) und teilen sich in Bullen und Bären in Bezug auf Aktien und Private Debt auf. Bei Gewerbeimmobilien sind sie überwiegend pessimistisch (82 %), wobei 61 Prozent der Meinung sind, dass die anhaltende Verbreitung von mobiler Arbeit und Homeoffice zu einem starken Wertverlust bei Gewerbeimmobilien führen wird.
Cash is King
Mit dem erneuten Interesse an Anleihen und dem Auslaufen der Ankaufsprogramme der Zentralbanken spielt Liquidität wieder eine wichtigere Rolle. Die Zahl der institutionellen Anleger, die Liquidität als eines der größten Portfoliorisiken im nächsten Jahr nennen, hat sich von 13 Prozent im Jahr 2021 auf 36 Prozent bei der diesjährigen Befragung fast verdreifacht.
Anleger setzen 2023 stärker auf ESG und Alternative Anlagen
Auch wenn die makroökonomischen Aussichten keine umfassenden Änderungen der Allokationsstrategien erwarten lassen, ergab die Umfrage, dass 53 Prozent der weltweit größten und erfahrensten Anleger ihre Portfolios aktiv durch taktische Allokationsmaßnahmen risikoärmer gestalten. Dabei ist eine Verlagerung auf Qualität bei festverzinslichen Wertpapieren und alternativen Strategien zu erkennen, um damit höhere Renditen, stabile Erträge und eine Absicherung gegen Abwärtsrisiken zu erzielen.
Die Allokation von alternativen Anlagen ist auch eine Taktik zur Risikominderung, denn zwei Drittel der Institutionen geben an, dass ein Portfolio, das sich aus 60 Prozent Aktien, 20 Prozent festverzinslichen Wertpapieren und 20 Prozent alternativen Anlagen zusammensetzt, wahrscheinlich besser abschneidet als traditionelle 60/40-Portfolios.
Nachhaltige Strategien sollen Alpha generieren
Im Zuge dieser Verlagerung sind 62 Prozent der Meinung, dass ESG-Anlagen ein Alpha bieten, und 59 Prozent planen eine Erhöhung ihrer grünen Investitionen.
Die Hälfte der institutionellen Anleger, die weltweit Green Bonds besitzen, plant, ihre Investitionen zu erhöhen, während fast die gleiche Anzahl sagt, dass sie ihre derzeitige Allokation beibehalten wird. Etwa sieben von zehn (68 %) Investoren in Asien, die derzeit in Green Bonds investiert sind, geben an, dass sie ihre Allokationen erhöhen werden. Das Gleiche gilt für 54 Prozent in der EMEA-Region. Nur vier Prozent planen, ihre Bestände zu reduzieren.
Auch wenn die Zinsen steigen, dürfte die jahrzehntelange Suche nach Rendite die Investmentteams noch immer verfolgen: Sechs von zehn (61 %) geben an, dass sich ihre Organisation alternativen Anlagen zuwendet, um Rendite zu erzielen. Die meisten (44 %) planen für 2023 eine Erhöhung der Allokationen in Infrastruktur, 43 Prozent planen eine Erhöhung der Allokationen in Private Equity und 36 Prozent in Private Debt.
Taktische Neupositionierung in einem Markt, der nach aktivem Management verlangt
60 Prozent geben an, dass ihre aktiven Anlagen in den letzten zwölf Monaten besser abgeschnitten haben als ihre Benchmark und erkennen die Grenzen passiver Anlagen in Zeiten der Volatilität an. Angesichts der Aussichten glauben 74 Prozent, dass die Märkte im Jahr 2023 aktive Manager bevorzugen werden.
Die Anleger werden wahrscheinlich nach privaten Vermögenswerten Ausschau halten, um die Aktienseite der Portfolios zu entlasten, da etwa die Hälfte (48 %) glaubt, dass die privaten Märkte in einer Rezession einen sicheren Hafen bieten werden. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Anlageklasse, diese Rolle zu erfüllen, ist stetig gestiegen: Lag es in der Umfrage von Natixis IM im Jahr 2021 bei noch 35 Prozent, so waren in diesem Jahr bereits mehr als 45 Prozent der Befragten dieser Ansicht.
Europa nicht mehr gefragt
Bei den Aktien ist es am wahrscheinlichsten, dass die institutionellen Anleger ihre Allokation in US-Aktien (41 %) erhöhen, gefolgt von Asien-Pazifik (33 %) und Schwellenländern (33 %).
Bei den Schwellenländern sehen die Investoren die besten Wachstumschancen in Asien, China ausgenommen. Zwei Drittel (66 %) sind der Meinung, dass die Schwellenländer zu sehr von China abhängig sind, und 74 Prozent denken, dass Chinas geopolitische Ambitionen seine Attraktivität als Anlageziel verringert haben. (aa)