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Ex-Google-Deutschland-Chef Baudis entzaubert die Künstliche Intelligenz

Für einen sinnvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) werden umfangreiche Datenmengen und vor allen Dingen gut gepflegte Daten benötigt. Trotz aller positiven Zukunftsperspektiven gibt es bei der Weiterentwicklung von KI auch Schattenseiten, meint Christian Baudis.

Christian Baudis am Institutional Money Kongress in Frankfurt
Christian Baudis am Institutional Money Kongress in Frankfurt© Christoph Hemmerich für Institutional Money

Der ehemalige Google-Deutschland-Chef und nunmehrige Digitalunternehmen Christian Baudis hat am 16. Institutional Money Kongress im Rahmen von "IM Spezial" die Künstliche Intelligenz (KI) zumindest ein wenig entzaubert: „Sie ist nicht intelligent, sondern stellt lediglich Zusammenhänge her. Wer in der Schule gut in linearer Regressionsanalyse war, der kann das, was KI auch kann“, so Baudis.

Big Quality Data ist die Grundlage
Als Anwendungsbeispiel nennt er eine Ampel-Situation aus der niederländischen Verkehrswirtschaft. Dort sind Ampeln mit Kameras und Sensoren ausgestattet, so dass die Ampel auf Grün umspringen kann, wenn ein Auto kommt und ansonsten nichts los ist. „Bei der Entwicklung und Herstellung von Sensorik und Bilderkennung sind wir In Europa Weltmarktführer. Ansonsten ist KI nur die Software, keine Hardware“, sagt Baudis.

Über eine solche Echtzeit-Regelung hinaus sammeln die Niederlande die erfassten Daten und könnten damit auch Prognosen über die Verkehrsdichte in der Zukunft stellen. Wenn sich herausstellt, dass an einer Kreuzung sehr wenig Verkehr herrscht, könnte die Ampel abgebaut und durch einen Kreisverkehr ersetzt werden. „Für solche in die Zukunft gerichtete Aussagen benötigen Sie umfangreiche und gut gepflegte Daten sowie eine gute Regressionsanalytik“, sagt Baudis, „nur so können Sie mittels KI gute Vorhersagen über die Verkehrsdichte treffen.“ Was die KI allerdings nicht kann: Sprunghafte Veränderungen in die Zukunft übertragen.

Außerdem brauche es viel Energie, um die enormen Datenmengen zu sammeln und zu verwenden, erklärte Baudis: „Mittlerweile fließt etwa 15 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs in die KI.“

Einen Schritt weiter als die vorgestellten linearen Zusammenhänge gehen Neuronale Netzwerke. „Sie bringen zusätzliche Intelligenz hinzu, das sogenannte deep learning. Das ist dann multivariate Regressionsanalyse“, so Baudis. Deep-Learing-Anwendungen waren früher lediglich Großunternehmen und Forschungseinrichtungen vorbehalten, jetzt kann sie jeder anwenden, verweist Baudis auf die enorme Breiten-Anwendung, die KI-Modelle inzwischen haben. „Mit Text- und Spracherkennung sind hier in den letzten fünf Jahren umfangreiche Anwendungsmöglichkeiten entstanden.“ Als beeindruckendes Beispiel nennt er die Anwendung „Frag den Grüneberg“. Mit diesem etablierten BGB-Kommentar ließen sich heute bereits Interpretationen zu rechtlichen Fragen kreieren, und das, obwohl Jura ein durchaus komplexes Fach ist.

Immer mehr Hacking
Was die Entwicklung auch mit sich bringt, sind Hacking und Propaganda-Hacking. „Mit Stimmen-Hacking können Sie beispielsweise Angela Merkel sagen lassen, dass man diese oder jene Blumentopferde bei OBI kaufen soll“, sagt Baudis. Technisch sei es zwar möglich, Deep Fakes zu entfernen, „aber das ist teuer und wird daher in der Breite nicht gemacht“, so Baudis.

Um Hacking-Angriffe zu reduzieren bzw. zu meiden, rät er Unternehmen in Europa, sich auf sogenannten „Blackhat-Konferenzen“ umzusehen, bei der es um die Entwicklung im Hacking und das Vermeiden von Hacking-Angriffen geht. „Unternehmen sollten auch mit White-Hat-Hackern - das sind die Guten - zusammenarbeiten, um ihre IT-Systeme sicherer zu machen“. Wie eine Art TÜV für die IT-Systeme komme ein White Hat etwa einmal im Quartal, um die Resilienz der Systeme zu testen. (ad)

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