Darum jagen aktivistische Hedgefonds eher frauengeführten Firmen nach
Kommunikation statt Konflikt: Weibliche CEOs sind für Hedgefonds offensichtlich interessanter, da Frauen an der Unternehmensspitze für aktivistische Aktionäre ansprechbarer als Männer sind. Frauen suchen offensichtlich eher das Gespräch und nach konstruktiven Lösungen.
Wer hätte das gedacht: Der Wert frauengeführter Unternehmen wird durch die Intervention aktivistischer Investoren stärker erhöht als der von Unternehmen mit männlichen CEOs. Das geht aus einer aktuellen Veröffentlichung von Iftekhar Hasan (Fordham University und IWH) und Qiang Wu (Rensselaer Polytechnic Institute, RPI) am Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervor. „Die Ergebnisse zeigen, dass weibliche CEOs aufgrund ihrer starken kommunikativen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten besonders von der Intervention von aktivistischen Hedgefonds profitieren“, erklärt Iftekhar Hasan. Denn im Durchschnitt erhöht das Eingreifen eines aktivistischen Hedgefonds den Wert des Unternehmens ex post. Um das zu erreichen, setzen aktivistische Hedgefonds wie Carl Icahn, Trian Fundmanagement oder Elliott bevorzugt auf Kommunikation und Kooperation mit dem Management.
Set-Up der Studie
Für die Studie wurde eine Stichprobe von 42.831 US-Firmendaten und 2.410 Ereignissen aktivistischer Hedgefonds in der Zeitspanne von 2003 bis 2018 analysiert. In diesem Zeitraum stieg die wirtschaftliche Bedeutung aktivistischer Hedgefonds zudem signifikant. Verwalteten sie 2003 in den USA noch zwölf Milliarden US-Dollar, waren es 2018 bereits mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Für die Erhebung gingen die Wissenschaftler folgenden Fragen nach: Gibt es einen systematischen Zusammenhang zwischen weiblichen CEOs und aktivistischen Hedgefonds und falls ja, warum? Gehen diese Investoren bei weiblichen CEOs anders vor als bei männlichen? Schneiden von Frauen geführte Zielfirmen nach der Beteiligung anders ab?
Aktivistische Hedgefonds nehmen frauengeführte Unternehmen stärker ins Visier
Die Wahrscheinlichkeit, das Interesse eines aktivistischen Hedgefonds zu wecken, ist für ein Unternehmen mit einem weiblichen CEO um 52% höher. „Diese Studie zeigt nicht nur genderspezifische Unterschiede auf, sondern liefert auch einen Hinweis auf den Zusammenhang von Soft Skills und Wirtschaftlichkeit“, kommentiert IWH-Präsident Reint Gropp.
Quelle: IWH
Kommunikation und Kollaboration
Aktivistische Hedgefonds sind nun einmal auf Kommunikation und Kollaboration mit den CEOs angewiesen: Der durchschnittliche Anteil von aktivistischen Hedgefonds an den Unternehmen, in die sie investieren, liegt bei unter neun Prozent und ist damit weit von einer Kontrollbeteiligung entfernt. Das häufigste Ziel von Hedgefonds-Aktivismus – fast die Hälfte aller Hedgefonds-Aktivismus-Ereignisse – ist, den Shareholder-Value durch Kommunikation mit dem Management zu erhöhen. Erst, wenn das Management nicht mit den aktivistischen Investoren zusammenarbeiten will, fahren letztere Kampagnen, um andere Aktionäre ins Boot zu holen.
Weibliche CEOs kommunizieren und kooperieren eher mit aktivistischen Hedgefonds
Der transformationale Stil weiblicher CEOs hat einen signifikanten Einfluss darauf, wie Aktivismus-Kampagnen die Zielfirmen umgestalten und den Aktienkurs verbessern. Weibliche CEOs kommunizieren und kooperieren mit den Vertretern aktivistischer Hedgefonds, anstatt mit ihnen auf Konfrontation zu gehen. Dies senkt die Implementierungskosten und erhöht die Erfolgsquoten. Dadurch steigen die erwarteten Renditen für den Hedgefonds. Weibliche CEOs nehmen aufgrund ihrer Soft Skills den Rat und die Expertise von Hedgefonds-Aktivisten eher an und verbessen dadurch die operative Leistung.
Männer reagieren zumeist anders: aggressiv, egozentrisch, machtorientiert
Männer neigen dazu, aggressiver, egozentrischer und machtorientierter in Verhandlungen zu sein. Dementsprechend ist es wahrscheinlicher, dass sie die Vorschläge der Hedgefonds-Aktivisten abschmettern. Dies führt zu für beide Seiten kostspieligen Machtkämpfen, die den Wert des Unternehmens eher reduzieren als erhöhen. Wie aus den Daten hervorgeht, sind weibliche CEOs signifikant häufiger in der Lage, solche Machtkämpfe beizulegen als männliche Unternehmenslenker. „Das belegt, dass Kommunikation und Zusammenarbeit während der Aktivismus-Kampagnen mit weiblichen CEOs wahrscheinlicher sind“, so Hasan.
Gegenprobe
Die Studienautoren haben die Gegenprobe gemacht: Sinkt der Kommunikationsbedarf der aktivistischen Hedgefonds, weil sie keine aktive Beteiligung anstreben, dann verschwindet auch der Gender-Effekt. Verglichen wurden dafür die Anträge der US-Finanzaufsichtsbehörde SEC für einen Erwerb von mehr als fünf Prozent der Aktien. Dabei gibt es in den USA zwei Gruppen: das Schedule 13D und die Ausnahmegenehmigung 13G. Letztere können Investoren unter anderem dann beantragen, wenn sie sich nicht aktiv im Unternehmen einmischen wollen. Wenn aktivistische Hedge-Fonds 13G beantragen, wobei sie quasi passiv ins Unternehmen einsteigen und daher nicht mit der Unternehmensleitung kooperieren müssen, gibt es keine Präferenz für weibliche CEOs.
Operative Profitabilität steigt bei frauengeführten Firmen stärker
Die Studie hat auch die dynamischen Veränderungen von Zielunternehmen zwei Jahre vor und bis zu zwei Jahre nach dem Hedgefonds-Engagement analysiert. „Nach Bereinigung um Branchen- und Jahreseffekte erhöhen sowohl weiblich als auch männlich geführte Zielunternehmen ihre operative Profitabilität in den zwei Jahren nach dem Einstieg, aber der Anstieg ist bei weiblich geführten Zielunternehmen signifikant größer“, fasst Gropp zusammen. Dieses Ergebnis stimmt mit den Zielen der Hedgefonds-Aktivisten, die Dividendenausschüttung und Performance zu erhöhen, überein. (kb)