Warum RT1-Kapital der Versicherer interessanter ist als AT1 von Banken
Bei Restricted Tier1 (RT1) Capital wird aus regulatorischer Sicht ein neues Kapitel der Finanzierung von Versicherern aufgeschlagen. Vor diesem Hintergrund sind Versicherungsanleihen für institutionelle Investoren eine interessante Anlageklasse, wie einer Analyse von Plenum zu entnehmen ist.
Aufgrund des Auslaufens der Grandfathering Periode alter Tier1 Anleihen im Dezember 2025 erwartet Rötger Franz, Portfoliomanager bei Plenum Investments, im laufenden und nächsten Jahr eine höhere Anzahl neuer RT1 Emissionen. So platzierte bereits in der zweiten Woche des Jahres Axa RT1 Kapital mit einem Coupon von 6,375 Prozent im Umfang von 1,5 Milliarden Euro. Die beiden niederländischen Versicherer NN und a.s.r. sowie der norwegische Versicherer Gjensidige folgten mit weiteren Emissionen, so dass das emittierte Gesamtvolumen per Mitte März 2024 bereits bei über 2,75 Milliarden liegt. "Für das gesamte Jahr 2024 rechnen wir mit einem Neuemissionsvolumen von bis zu 5,0 Milliarden Euro. Mit dem Wegfall der Grandfathering Periode wird das Wachstum stark anziehen – aus derzeitiger Sicht scheint ein emittiertes Gesamtvolumen von 35 Milliarden Euro möglich", prognostiziert Rötger Franz in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag.
Weshalb sind RT1 von Versicherer attraktiver als AT1 von Banken?
Banken und Versicherer verfolgen völlig unterschiedliche Geschäftsmodelle. Der größte Unterschied liegt im Run-Risiko. Bei Banken können Einlagen sehr schnell bei einem Vertrauensverlust abgezogen werden und dies ohne nennenswerte Kosten zulasten des Einlegers.
Bei Versicherern hingegen ist das Abziehen von Kapital nur in der Lebensversicherung möglich und mit hohen Kosten verbunden – beispielsweise ist der Rückkaufswert einer Police deutlich tiefer als die Ablaufleistung.
Dies hat zur Konsequenz, dass bei Banken sich eine kleine Krise schnell zu einem unkontrollierbaren und existenzbedrohenden Ereignis entwickeln kann.
Bei Versicherern gehören dagegen negative Überraschungen zum Geschäftsmodell und werden mittels aktuariellen Methoden im vornherein berechnet und durch Rückversicherungsverträge abgesichert. Selbst ein Vertrauensverlust in einen Versicherer ist kaum existenzbedrohend, da das Solvency II Modell auch Kapital für Policenrückkäufe bereitstellt, merkt Franz an.
Gute Bonitäten
Daher haben im Durchschnitt 85 Prozent aller RT1 Anleihen (28 von 33 Anleihen) ein Investment Grade Rating (Bloomberg Composite), bei den Banken sind es Franz zufolge deutlich weniger.
Wie erwähnt kommt der Solvency II Ratio bei der Beurteilung des Risikos einer RT1 Anleihe eine überragende Bedeutung zu. Die Solvency II Ratio liegt bei allen Emittenten deutlich über der Mindestanforderung von 100 Prozent - im Durchschnitt lag die Solvency II Ratio per Ende 2023 bei 210 Prozent, woraus sich eine sehr große "distance to regulatory intervention" ergibt.
Bei einer Verschlechterung der Kapitalposition bleibt dem Versicherer Zeit, die üblichen Standardinstrumente aus dem CFO-Werkzeugkasten zu ziehen, um das Kapital wieder zu erhöhen wie zum Beispiel: Dividendenkürzungen, Rückversicherung, Einstellen von unprofitablem Geschäft, Kapitalerhöhung.
"Zudem messen Versicherer regelmäßig die Sensitivität der Solvency II Ratio gegenüber Schwankungen von Zinsen, Spreads, Aktienkursen, Immobilienbewertungen oder Rating-Herabstufungen und legen einige von diesen Sensitivitäten auch offen", betont der Plenum-Mann.
Die "distance to regulatory intervention" ist bei Banken deutlich tiefer und kann durch verschie-dene Zusatzpuffer, die ad-hoc verlangt werden können, schnell weiter absinken. Zudem ist, wie im Fall der Credit Suisse, auch eine Abschreibung des Instruments möglich, sollte der Regulator den "Statutory Point of Non Viability" als überschritten sehen.
Das Solvency II Aufsichtsregime für Versicherer kennt solche „Non-Viability Trigger“ nicht. Darüber hinaus ist die Leverage Ratio im Versicherungssektor nach wie vor gering - die meisten großen Versicherer arbeiten mit einer maximalen Leverage Ratio von 20 bis 30 Prozent. Viele RT1 Emissionen stammen von Kompositversicherern die über ein gut diversifiziertes Geschäftsmodell verfügen, bei dem die Cash Flows über Sparten und Geographien gut verteilt sind.
Ausblick und Potential
Das Gesamtvolumen nachrangiger Anleihen von Europäischen Versicherern beläuft sich auf ca. 180 Milliarden Euro. Dem stehen etwa 500 Milliarden Euro an hybriden Schuldtiteln von europäischen Banken gegenüber, von denen 190 Milliarden Euro AT1 sind. Infolgedessen wird der RT1-Raum natürlich kleiner bleiben, aber in den kommenden zwei Jahren wachsen.
Ca. 85 Prozent der Emissionen verfügen über mindestens ein Investment-Grade-Rating, und die Renditen in diesem Bereich sind vergleichbar mit denen von AT1-Anleihen und liegen über denen von High Yield Bonds.
"In Anbetracht der höheren Ratings und der hervorragenden Kapitalisierung dieses Sektors bietet diese Anlageklasse unserer Ansicht nach ein besseres Risiko-/Ertragsverhältnis als High Yield Bonds und AT1 Anleihen, was sie für Inverstoren hochattraktiv macht", betont Franz abschließend. (aa)