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Triodos: Ethisch bewusste Unternehmen stoßen in den USA auf Gegenwind

Wenn es um Nachhaltigkeit geht, hinkt der US-Finanzsektor Europa hinterher. Dennoch gewannen ESG-Kriterien und der Stakeholder-Ansatz auch in den USA an Popularität, selbst bei großen Vermögensverwaltern wie BlackRock. Dies war konservativen Interessengruppen ein Dorn im Auge.

Joeri de Wilde, Investmentstratege beim Impact Manager 
Joeri de Wilde, Investmentstratege beim Impact Manager © Triodos Investment Management

"Diese konservativen Gruppen in den USA benannten nachhaltige Investitionen in "Woke-Investitionen" um, was sich als wirksam erwies, da es die Unterstützung vieler Republikaner fand. Dies führte zu Verleumdungskampagnen, politischem Druck und manchmal sogar zu ausdrücklichen Anti-ESG-Gesetzen", stellt Joeri de Wilde, Investmentstratege beim Impact Manager Triodos Investment Management, fest.

Solche Gesetze verbieten bereits öffentlichen Pensionsfonds in einer Reihe republikanischer Bundesstaaten, Nachhaltigkeitskriterien in ihre Anlageentscheidungen einzubeziehen. De Wilde weiter: "Es wird behauptet, dass sich die Berücksichtigung von ESG-Kriterien negativ auf die finanziellen Erträge der Teilnehmer auswirkt und zur ungerechtfertigten Streichung bestimmter Unternehmen führt. Die Tatsache, dass nachhaltiges Investieren keineswegs zu geringeren Renditen führt, wird bequemerweise ignoriert. Ein ähnlicher Druck hat dazu geführt, dass sich zehn große Versicherungsunternehmen aus einem internationalen Klimabündnis zurückgezogen haben, das auf eine nachhaltige Ausrichtung von Versicherungsportfolios abzielt. Es wurde behauptet, dass eine solche Allianz wahrscheinlich zu höheren Preisen für die Verbraucher führen würde. Die Androhung möglicher wettbewerbsrechtlicher Klagen und die Einstufung als „woke“ Versicherer war für diese Versicherungsunternehmen zu groß."

Globale Konsequenzen
Bemerkenswerterweise waren viele der Versicherer, die dem Verband den Rücken kehrten, europäische Unternehmen, die allerdings auch in den USA tätig sind. Dies zeige, dass der Einfluss einer kleinen Gruppe radikaler Konservativer in den USA weit über die Grenzen des Landes hinausreiche, so de Wilde. Diese internationale Reichweite mache sich auch über andere Kanäle bemerkbar. Eines davon sei der anhaltende Kampf gegen die Pläne, die Nachhaltigkeitsberichterstattung für große US-Unternehmen zur Pflicht zu machen. Die Securities and Exchange Commission (SEC), die US-Finanzaufsichtsbehörde, wolle eine ähnliche Regelung wie in der EU einführen, doch aufgrund der vielen kritischen Stimmen habe die SEC kürzlich beschlossen, die Einführung erneut zu verschieben, und die Anforderungen an die Berichterstattung würden möglicherweise zurückgeschraubt. Die Konservativen hätten die SEC wirkungsvoll als "Wertpapier- und Umweltkommission" bezeichnet. Es sei nicht undenkbar, dass der langsame Prozess in den USA dazu beigetragen habe, dass die EU ihre Berichterstattungsanforderungen abgeschwächt habe. Das unabhängige internationale Gremium International Sustainability Standards Board (ISSB) strebe in der Tat eine Harmonisierung an, was in der Praxis oft bedeute, dass die Vorreiter ihr Tempo drosseln müssten, um den Nachzüglern entgegenzukommen.

Abschwächung der internationalen Berichterstattungsanforderungen
Dies erschwere die Durchführung angemessener Nachhaltigkeitsanalysen. Führende US-Ratingagenturen seien nun ebenfalls ins Visier geraten. Die US-amerikanische Ratingagentur S&P Global, auf die sich Anleger in aller Welt bei ihren Nachhaltigkeitsanalysen verließen, habe dem Druck nachgegeben und vergebe keine ESG-Bewertungen mehr an Unternehmen. S&P traf diese Entscheidung, nachdem ein konservativer US-Staatsanwalt eine Untersuchung der von S&P durchgeführten ESG-Analysen eingeleitet hatte, weil "zu viele Verbraucher und Investoren durch die Besessenheit der „woke“ ESG-Bewegung mit radikalen sozialen Veränderungen (finanziell) geschädigt wurden".

Résumé
Dass eine kleine Gruppe radikaler US-Konservativer einen derartigen globalen Einfluss haben kann, findet de Wilde besorgniserregend. Sein Credo lautet: "Deshalb ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass ihr Einfluss nicht noch größer wird. Europäische Politiker können und müssen hier eine wichtige Rolle spielen, indem sie die „Anti-Woke-Stimmung“ nicht noch weiter anheizen." (kb)

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