MiFID II und US-Regeln widersprechen sich bei Analyse-Bezahlung
Wall-Street-Banken werden möglicherweise nicht ihre US-Analysen an europäische Vermögensverwalter verkaufen können. Grund: ein aufsichtsrechtlicher Konflikt zwischen den beiden Regionen dürfte wohl nicht vor Fristende im Januar gelöst werden können.
Die neue EU-Richtlinie besagt, dass Banken ihre Analysen separat von Broker-Diensten in Rechnung stellen müssen. Doch genau das steht im Gegensatz zu dem, was in den USA gilt. Dort ist ein solcher Ansatz verboten, es sei denn, eine Bank lässt sich als Investmentberater registrieren. Das aber wollen amerikanische Banken vermeiden, da es eine Art Fürsorgepflicht gegenüber Kunden schafft und sie im Handel einschränkt, berichteten zwei informierte Personen gegenüber Bloomberg News.
Fürsorgepflicht begründet Kostenexplosion
"Das Einhalten der Anforderungen aus einer Fürsorgepflicht, die gelten würde, führt zu sehr signifikanten operativen und Kosten-Problemen“, sagt William Yonge, Partner in London bei der Anwaltskanzlei Morgan Lewis. „Das ist eine unverhältnismäßige Lösung, um Geld von EU-Managern anzunehmen, die unter MiFID II kaum Analysen von ihren Broker-Dealern bekommen werden.“
Ratlosigkeit allerorten
Die breite aufsichtsrechtliche Neuornung in der EU tritt am 3. Januar nächsten Jahres in Kraft. Damit will die Region die Transparenz auf den Finanzmärkten verbessern - eine Reaktion auf die globale Finanzkrise von 2008. MiFID II enthält eine ganze Reihe von Vorgaben für den Finanzsektor, doch die Änderungen dazu, wie Analysen geteilt und bezahlt werden, zählen zu den umstrittensten.
Gibt es eine Lösung bis zum Jahresende?
„Das ist ein Live-Thema. Wir sind ein globales Analyse-Unternehmen mit Kunden in aller Welt“, sagte Terry Sinclair, ein Director des Analyse-Bereichs von Citigroup in London. Die US-amerikanische Großbank führt „Diskussionen mit der Aufsicht, wird sich aber zu deren potentiellen Ergebnissen nicht äußern“. Sinclair weigerte sich, Aussagen dazu zu treffen, ob seine Bank einigen europäischen Kunden den Zugang zu Analysen möglicherweise verweigern wird.
Ab dem kommenden Jahr müssen EU-Investmentmanager ihre Kosten für Analysen entweder aus ihren eigenen Gewinn-und-Verlust-Konten oder aber mittels Analyse-Bezahl-Konten (RPA) begleichen, die an Handelskommissionen angebunden sind. Doch beide Optionen zur Entbündelung scheinen gegen US-Gesetze in unterschiedlichem Umfang zu verstoßen, wie Rechtsexperten auf Nachfrage von Bloomberg.
Kommt es noch rechtzeitig zu einer Konvergenz der Regelungen?
US-Banken machen sich Sorgen, dass die US-Börsenaufsicht SEC ihnen keine Ausnahmegenehmigung erteilen wird, um Barmittel für Analysen in Europa akzeptieren zu dürfen. Das berichteten ein Bankmanager und Rechtsexperten im Vorfeld der Veröffentlichung entsprechender Richtlinien durch die Aufsicht.
Mindestens eine Wall-Street-Bank erwägt bereits, US-Analysen von Vermögensverwaltern in der EU fernzuhalten - auf Grund des Mangels an aufsichtsrechtlichen Kompromissen, wie informierte Kreise gegenüber Bloomberg berichteten. „Eine Möglichkeit, wie Banken die Vorschriften einhalten können, ist, US-Analysen nicht zu Kunden nach London zu schicken“, sagt Rob Moulton, Partner bei der Anwaltskanzlei Latham & Watkins LLP in London. „Das ist der ultimative Extremfall dieser Pattsituation.” (kb)