KMU-Interessenverband kontert ESMA wegen EU-Prospektverordnung
Der Interessenverband kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) e.V. reicht seine überaus kritische Stellungnahme zum „EU-Wachstumsprospekt“ bei der Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA ein. Diese scheint wieder einmal deutlich über das Ziel hinauszuschießen.
Seit kurzem ist die neue EU-Prospektverordnung wirksam, die für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) ein eigenes Prospektformat vorgibt. Zum Inhalt und zur Form des sogenannten EU-Wachstumsprospekts hat ESMA auf Veranlassung der EU-Kommission ein hundertseitiges Konsultationspapier veröffentlicht: Der „Interessenverband kapitalmarktorientierter KMU e.V.“ hat sich am Konsultationsverfahren beteiligt und folgende Stellungnahme, die am 13. Oktober 2017 auf der Website der ESMA veröffentlicht wurde, eingereicht.
Hauptkritikpunkte des Interessenverbandes
- ESMA hat sich klar über den Auftrag der EU-Kommission hinweggesetzt. Die Kommission sah in der Mandatierung der ESMA eindeutig vor, dass die ESMA bei Form und Inhalt des EU-Wachstumsprospekts einen sogenannten Bottom-up Ansatz verfolgen und die alte Prospektverordnung nicht als Maßstab heranziehen sollte. Dies wurde missachtet. Das Prospektformat für den neuen EU-Wachstumsprospekt gleicht im Wesentlichen dem alten Prospektformat.
- Die Kommission hat vorgegeben, dass vielmehr Zulassungsdokumente für Märkte, an denen keine Prospektpflicht besteht, Ausgangsgrundlage für den EU-Wachstumsprospekt sein sollen. Hier hätte sich die ESMA beispielsweise an den Anforderungen der Frankfurter Wertpapierbörse für den Freiverkehr orientieren können. Die Frankfurter Wertpapierbörse verlangt beispielsweise ein Formblatt mit Emittentenangaben.
- In der jetzigen Form ist der vorgesehene EU-Wachstumsprospekt nicht – wie von der neuen Prospektverordnung gefordert – „für die Emittenten leicht auszufüllen“. Ebenso nicht beachtet wurde, „dass der EU-Wachstumsprospekt unter dem Aspekt der Verwaltungslasten und der Emissionskosten signifikant einfacher sein muss als der Standardprospekt“.
- Der Verband kritisiert insoweit insbesondere, dass der ESMA-Vorschlag teilweise sogar zusätzliche Anforderungen vorsieht, die aktuell nicht erforderlich sind.
- Insbesondere fordert der Interessenverband, dass auch zukünftig KMUs nach nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellte Abschlüsse für die Prospekte verwenden dürfen. Eine Verpflichtung zur Verwendung von IFRS-Abschlüssen würde zu erheblichen Kostensteigerungen für KMUs führen und damit evident dem Grundgedanken der Kapitalmarktunion zuwiderlaufen.
- Der Interessenverband empfiehlt dringend, das vorgeschlagene Format zu überdenken, einen echten „Bottom-up Ansatz“ zu verwenden und die Kommissionsvorgaben ernst zu nehmen. Anderenfalls droht die Idee der hinter der Prospektverordnung stehenden Kapitalmarktunion – den KMU den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern und regulatorische Hürden abzubauen – unterzugehen.
Das Bürokratiemonster schlägt zu
Das Verständnis des Interessenverbandes von einem leicht auszufüllenden EU-Wachstumsprospekt ist eher ein Format eines Prospekts nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Prospektverordnung, wonach der Emittent berechtigt sein sollte, einen Prospekt nach einem strukturierten Format in der Form eines Fragebogens mit standardisiertem Text zu erstellen. (kb)