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| Regulierung

Fuest und Sinn warnen vor Risiken der Target-Überziehungskredite

ifo-Präsident Clemens Fuest und sein Vorgänger Hans-Werner Sinn fordern eine Risiko-Begrenzung bei den Überziehungskrediten zwischen den Notenbanken des Eurogebietes (Target-Salden) etwa durch Besicherung. Dieser Konstruktionsfehler letztlich unbeschränkter Target-Salden sei zu korrigieren.

Unbesicherte und sich theoretisch ad infinitum ausweitende Target2-Salden sind sowohl Hans-Werner Sinn (links) als auch seinem Nachfolger als ifo-Chef, Clemens Fuest (rechts), ein Dorn im Auge. Sie fordern als überzeugte Befürworter einer europäischen Integration eine Reparatur dieses Systemfehlers.
Unbesicherte und sich theoretisch ad infinitum ausweitende Target2-Salden sind sowohl Hans-Werner Sinn (links) als auch seinem Nachfolger als ifo-Chef, Clemens Fuest (rechts), ein Dorn im Auge. Sie fordern als überzeugte Befürworter einer europäischen Integration eine Reparatur dieses Systemfehlers.

© ifo Institut

„Wir zeigen, dass diese Kredite im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung auch dann ein Risiko für die Steuerzahler der Eurozone sind, wenn kein Land den Euro verlässt, es aber zum finanziellen Kollaps eines Target-Defizit-Landes kommt“, sagt Fuest. „Mechanismen des Risikoschutzes, wie sie beim Kaufprogramm für Staatspapiere existieren, schotten zwar andere Notenbanken wirksam ab, wenn das in die Krise geratende Land keine Target-Schulden und keine Schulden aus einer überproportionalen Banknotenausgabe hat. Doch sofern solche Schulden vorliegen, sind die anderen Notenbanken des Eurosystems, allen voran die Bundesbank, einem erheblichen Ausfallrisiko ausgesetzt. Dieses Risiko schlägt auf den Bundeshaushalt durch und unterwirft Deutschland im Krisenfall einem Leistungsmechanismus, der nicht durch Beschlüsse des Bundestages, sondern nur durch die Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank zustande gekommen ist.“

Bei der Forderung nach einer Risikobegrenzung stelle sich die Frage, warum vor allem die Schuldnerstaaten Einschränkungen zustimmen sollten, da sie vom Status quo unbegrenzter Verfügbarkeit von Target-Krediten profitieren. Doch umgekehrt müsse man auch fragen, warum die Gläubigerstaaten die vielen anderen Forderungen auf eine Ausweitung der Umverteilung im Eurosystem akzeptieren sollten, die derzeit auf dem Tisch liegen, erklärten die beiden Ökonomen.

Die Summe, die die Bundesbank dem Eurosystem durch die Überziehungskredite gewährt habe, mehr als 900 Milliarden Euro, entspreche bald der Hälfte des Nettoauslandsvermögens der Bundesrepublik Deutschland. Das sei durch die Exportüberschüsse früherer Jahre aufgebaut worden.

Besicherung der Target-Salden wäre ein Weg der Risikobegrenzung

"Bei den derzeit verhandelten Reformen der Eurozone werden sowohl Maßnahmen zur stärkeren Risikoteilung als auch Maßnahmen zur Risikobegrenzung diskutiert. Eine Begrenzung des Risikos der Überziehungskredite (Taget-Salden) durch eine Besicherung innerhalb des Eurosystems könnte Teil der risikobegrenzenden Maßnahmen sein, die im Rahmen des Gesamtpakets beschlossen werden“, schreiben die beiden Volkswirte in einem Aufsatz für den ifo Schnelldienst 24/2018.

Nachschärfung bei sichtbaren Systemfehlern bedeuten keine Aufgabe der Integration

Fuest und Sinn fügten hinzu: „Als überzeugte Europäer, die keine Alternative zum Fortschritt der europäischen Integration sehen, möchten wir unsere Analyse nicht als Grundsatzkritik am Euro und schon gar nicht an der europäischen Integration an sich verstanden wissen. Vielmehr sind wir der Meinung, dass nur eine fortwährende Nachbesserung und Korrektur der im Laufe des Einigungsprozesses sichtbaren Systemfehler einen erfolgreichen Verlauf dieses Prozesses ermöglichen. Die Möglichkeit einer letztlich schrankenlosen Ausweitung der Target-Überziehungskredite ohne parlamentarische Kontrolle, bloß auf der Basis von Beschlüssen des Rates der Europäischen Zentralbank, halten wir für einen solchen Systemfehler. Er muss dringend korrigiert werden.“ (kb)

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