35% Value-Anstieg bei AQR: Laut Cliff Asness geht da noch viel mehr
Während ein Assetklassen-übergreifender Ausverkauf für Erschütterung bei so manchem Asset Manager sorgt, bleibt AQR-Gründer Cliff Asness standfest bei seiner Überzeugung, dass Value-Quant-Strategien weiter erfolgreich bleiben in einem Jahr, das die meisten an der Wall Street nur vergessen möchten.
Nach Jahren der Underperformance werden Value-Aktien nach wie vor mit einem
historisch hohen Abschlag zu Wachstumswerten gehandelt sagt Cliff Asness, Mitbegründer von AQR Capital Management. Das bedeutet, dass weitere Gewinne zu erwarten sind.
35 Prozent in fünf Monaten
Die Wette auf billig aussehende Aktien verhalf der am längsten laufenden Strategie von AQR
zu einem Anstieg von mehr als 35 Prozent in den fünf Monaten bis Mai 2022, wie Bloomberg von einem Informanten erfuhr. Um jedoch die immer noch große Lücke zum Growth-Faktor zu schließen, wird die Value-Strategie noch eine lange Periode der Outperformance benötigen. Das entspricht genau dem Trend, den Asness in seiner fast drei Jahrzehnte währenden Karriere beobachtet hat.
Blooomberg-Interview mit Cliff Asness
Ist Value noch attraktiv, jetzt wo Growth billiger geworden ist?
Asness: Die Spanne zwischen billig und teuer hat sich natürlich eingeengt. Aber sie ist immer noch in der Nähe des Hochs der Tech-Blase. Der Spread ist der höchste, wenn man Daten von vor der Corona-Krise heranzieht, und der Unterschied zu früher ist, dass Value jetzt Rückenwind durch das Momentum erfährt, während in der Vergangenheit Momentum für Gegenwind bei Value gesorgt hat. Wir sind also noch immer maximal begeistert von Value. Und wir sehen immer noch Bewertungen, von denen ich mir nie hätte träumen lasse, dass ich sie in meinem Leben noch einmal wiedersehen werde.
Hatten Investoren Unrecht, als sie Technologie mit Wachstum gleichsetzten?
Asness: Sie haben nicht Unrecht, aber es ist ein sehr unvollständiges Bild. Tech selbst ist bei weitem nicht so teuer wie während der Technologie-Blase. Vielleicht war es gar nicht so abwegig, diese Blase als "die Tech Blase" zu bezeichnen, denn es schien sich mehr um Technologie zu drehen. Die Technologie war sicherlich das Aushängeschild für diese Blase,
aber wenn man sich die tatsächlichen Zahlen ansieht, war diese Blase viel eher eine "Alles-Blase".
Befindet sich also Growth immer noch in einer Blase?
Asness: Ich fühle mich jedes Mal schuldig, wenn ich das Wort "Blase" sage. Ich bin ein ehemaliger Schüler von Gene Fama, und offen gesagt, nachdem ich seit fast 30 Jahren im geschäft bin, glaube ich, dass Blasen existieren. Vielleicht hätte ich, als ich noch Famas Student war, dem nicht zugestimmt. Aber die reale Welt hat mir mehrere Dinge gezeigt, die ich für eine Blase halte. Deshalb kann ich mit dem Begriff "Blase" gut leben. Der Spread zwischen Value und Growth ist in etwa auf dem Niveau der Tech-Blase. Und wenn man sich die
Fundamentaldaten anschaut, so sehen diese für Value besser aus und nicht schlechter...
Value ist noch immer werthaltig
Eine Ansicht von Value versus Growth, ermittelt anhand des Verhältnisses der erwarteten KGVs des Russel 1000 Value Index und des Russell Growth Index lässt noch viel Aufholpotential für Value erahnen.
Wie lange kann der Aufschwung bei Value noch andauern?
Asness: Wenn man an den Value des Value-Faktors denkt, an die Größe dieses Spreads, dann ist da noch viel Luft nach oben. Und Rückenwind ist nun einmal Rückenwind. Wie lange kann das noch gut gehen? Das letzte Mal, als wir das gesehen haben in Form der Tech-Bubble, dauerte es drei, vier Jahre, bis die Spreads eingeebent waren. Und dann ging es weiter bis zu dem Punkt, an dem Value unserer Meinung nach teurer wurde als normal. Das ist eine Szenarioanalyse, keine Statistik. Ich bin ganz und gar nicht sicher, ob dieser Zeitrahmen in Zukunft eingehalten werden kann. Es könnte schneller gehen oder auch langsamer, das ist mir nicht so wichtig. Mir ist daran gelegen, richtig zu liegen.
Was sagen Ihnen die letzten paar Jahrzehnte über die kommenden Jahre?
Asness: Vor 2018 gab es bereits Anzeichen dafür, dass unsere Strategien zu einer stärkeren Häufung von guten und schlechten Jahren tendiert haben, als ich zu Beginn meiner Karriere vermutet hätte. Aber die Jahre 2018 bis 2020 und jetzt die Jahre 2021 und 2022 sind Beispiele dafür, dass die Strategien stärkere Trends zeigen, als selbst wir es vermutet hätten. Und
wir glauben an Trends.
Eine Sache, die ich in Betracht ziehe, ist, ob wir wirklich glauben sollten, dass dies ein dauerhafter Aspekt der Märkte ist. Dass Stile wie Value - quantitativ oder nicht quantitativ - noch weniger normalverteilt sind als wir dachten, dass sie diese langen Perioden in beide Richtungen aufweisen. Bedeutet dieser Beleg, dass wir etwas aggressiver als normalerweise sein sollten, wenn wir über einen gewissen Zeitraum Geld verdienen? Das ist immer ein wenig beängstigend, denn man kann durch ein Zickzack-Muster bei Trendfolgen ordentlich durchgerüttelt werden.
Was könnte "aggressiver sein" bedeuten?
Asness: Das ist wirklich ziemlich seltsam. Es könnte bedeuten, dass der Ansatz eine Funktion der jüngsten Performance ist, wenn diese sehr, sehr gut ausfällt. Der Algorithmus könnte so einfach lauten wie:
Wenn es in einem Jahr zwei Standardabweichungen nach oben gegenagen ist, geht man auf eine Zielvolatilität von zwölf Prozent. Wenn es zwei Standardabweichungen in einem Jahr nach unten geht, peilt man acht Prozent Volatilität an. Wenn man sich dessen sicher ist - mit der Trendfolge im Rücken -, könnte man seine eigene Strategie in einem schlechten Jahr shorten.
Ich bin nicht mit Value verheiratet. Wenn ich jemals denken würde, dass das Shorten von Value die richtige Strategie wäre, würde ich es tun. Ich denke, wir sind weit davon entfernt, das zu denken. Aber sollten wir vielleicht etwas aggressiver vorgehen, wennn es gut gelaufen ist? Das ist etwas, worüber wir ziemlich intensiv nachdenken.... (kb)