Zinswende ohne Rezession in USA: Die (nahezu) beste aller Börsenwelten
Wer nicht senkt zur rechten Zeit, dem am Ende nur ein großer Zinsschritt übrig bleibt. Auch wenn die 50 Basispunkte auf den ersten Blick nach Abwendung von Rezessionsgefahren aussehen, waren sie eher eine reine Nachhol-Aktion für die im Juli noch aufgeschobene Senkung, meint man bei MainSky AM.
"In das von uns erwartete Soft-Landing-Szenario der US-Wirtschaft passt ein weiterhin robuster Arbeitsmarkt, der im September eine Viertel Million neue Stellen geschaffen hat. Dennoch wird die fallende Inflation den Notenbanken erlauben, die Zinsen in den USA und erst recht in der Eurozone weiter zu senken. Während der globale Zinssenkungszyklus die Bewertungen stützt, sorgt die anhaltende Gewinndynamik gerade der US-Unternehmen für attraktive Rahmenbedingungen am Aktienmarkt. Risiko bleibt die Situation im Nahen Osten, wo der Konflikt jederzeit weiter eskalieren kann – mit Folgen für den Ölpreis und entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Finanzmärkte", analysiert Dr. Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender von MainSky Asset Management.
Auch wenn die US-Notenbank in der Vergangenheit oftmals die Zinsen zu spät gesenkt hat und eine Rezession nicht abwenden konnte, bleibt man bei MainSky AM für diesen Zyklus weiterhin im Lager derjenigen, die statt einer Rezession ein Soft-Landing der US-Wirtschaft erwarten. Dr. Schulte führt näher aus: "Die aktuelle Entwicklung dürfte damit dem Lockerungszyklus der Fed in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gleichen. Ähnlichkeiten sind hier nicht rein zufällig: eine starke US-Wirtschaft, aber schwaches Wachstum im Rest der Welt; ein Technologieboom (Internet damals gegenüber KI heute); steigendes Wachstum der Arbeitsproduktivität und eine anhaltende Disinflation."
Keine Anzeichen für eine Rezession in den USA
Ein hohes Produktivitätswachstum hält trotz gesundem Lohnwachstum die Lohnstückkosten (und damit den Inflationsdruck) niedrig, während Gewinne und Konsum gestützt werden. So kann trotz starker Nachfrage die Inflation fallen, und die US-Notenbank kann die Zinsen weiter senken. Auch das Argument, der sich abschwächende Arbeitsmarkt würde die Wirtschaft in eine Rezession führen, überzeugt nicht, findet Dr. Schulte: "Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit seit 2023 wird stark durch ein steigendes Arbeitsangebot getrieben, was auch noch immer eine Corona-Normalisierungsfolge ist. Es ist aber nicht so, dass die Nachfrage nach Arbeit massiv sinkt und es eine Entlassungswelle gibt, die auf eine mangelnde Arbeitsnachfrage hindeutet. Zudem haben in der Vergangenheit zumeist systemische Verwerfungen aufgrund des vorausgegangenen Zinserhöhungszyklus eine Rezession ausgelöst. Solche sind bislang nicht zu erkennen."
US-Aktien sind nicht teuer
Somit blieben die Rahmenbedingungen für den Aktienmarkt sehr attraktiv. Die EZB werde im Oktober, die Fed im November um weitere 25 Basispunkte lockern - und vermutlich werden beide Notenbanken diesem Schritt zum Ende des Quartals einen weiteren Schritt folgen lassen. Zwar stütze der globale Zinssenkungszyklus die Bewertungen an den Aktienmärkten, aber der wesentliche Performancetreiber sollte erneut die positive Gewinndynamik gerade in den USA sein. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erwartungen für die Berichtssaison zum dritten Quartal mit einem Gewinnwachstum von nur 4,2 Prozent im S&P 500 gegenüber Vorjahr recht niedrig seien. Dieser Wert sollte leicht übertroffen werden, da das noch immer robuste Nominalwachstum (ca. 5,5 Prozent in Q3) in Verbindung mit dem hohen Produktivitätswachstum und der Margenstärke die Gewinnentwicklung stütze und die US-Wirtschaft wie beschrieben keine Nachfrageschwäche zeige.
Somit bleibt eine Übergewichtung der Aktienmärkte fundamental geboten
Der US-Aktienmarkt bleibe für ManSky AM weiterhin der Investitions-Hotspot. Die beschriebene Position der US-Wirtschaft beziehungsweise des Unternehmenssektors sei derzeit global einzigartig und so in keinem anderen Wirtschaftsraum anzutreffen. Dies rechtfertige die vergleichsweise hohen Bewertungen von US-Aktien im internationalen Vergleich, wobei die Bewertungen hier sehr stark von den Technologieschwergewichten nach oben gezogen würden. Der S&P 500 Equal Weight Index handelt mit einem Forward-P/E von 19, was keinesfalls zu teuer erscheine. Auch wenn sich die großen Gewinnüberraschungen nach oben aus den ersten beiden Quartalen 2024 vermutlich nicht wiederholen lassen, besticht Big-Tech durch seine Margenstärke und die unveränderte Relevanz von KI als Investmentthema. "Auch hier erwarten wir, dass die Gewinnerwartungen im dritten Quartal tendenziell übertroffen werden und der Sektor seinen Anteil an den Gewinnen im Gesamtindex weiter ausbaut", sagt Dr. Schulte.
Nur ein Strohfeuer in China
Außerhalb der USA fällt zunächst der Fokus auf China und die Frage, ob die Stützungsmaßnahmen von Notenbank und Regierung ausreichen, um eine nachhaltige Aufwärtsbewegung am chinesischen Aktienmarkt zu begründen. Schulte: "Wir sind skeptisch und vermuten, dass es sich eher um einen kurzfristigen Effekt handelt. Die strukturellen Probleme Chinas sind so groß und vielfältig, als dass sie sich mit diesen Maßnahmen lösen lassen könnten. Für einen nachhaltigen Erfolg bedarf es weiterer fiskalischer Unterstützung und vor allem eines glaubwürdigen Bekenntnisses der Regierung gegenüber Investoren, dass sich China weiterhin für liberale Reformen und eine Stärkung des Unternehmertums einsetzt. Wir bezweifeln, dass Präsident Xi – ein überzeugter Leninist – dies liefern wird. Wir bezweifeln ebenso das oftmals angeführte Kaufargument, dass chinesische Aktien sehr billig seien. Der CSI 300 handelt nach der jüngsten Rally auf einem P/E von fast 17 und zeigt damit gegenüber dem S&P 500 Equal Weight einen Bewertungsabschlag von nur gut zehn Prozent. Seit der Übernahme von Premier Xi 2013 lag dieser durchschnittlich bei rund 20 Prozent, d.h. aktuell sind chinesische Aktien so gesehen sogar teuer. Aus unserer Sicht rechtfertigen die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einen Bewertungsabschlag gegenüber US-Aktien von mindestens 20 bis 30 Prozent."
Europa weiter mit Problemen
Neben China überzeugt auch der zweite große Non-US-Markt, Europa, wenig. Die Wachstumsdynamik zeigt weiter bergab und die hohe Abhängigkeit von Energieimporten bleibt ein Schwachpunkt, gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Ölpreiskrise im Zuge der zunehmenden Spannungen im Nahen Osten. Die schwache Profitabilität des Unternehmenssektors sowie die hohe Abhängigkeit von Exporten sind hinreichend thematisiert und lassen Europa gerade im Fall eines Wahlsieges von Trump als anfällig zurück. Schulte: "Folglich finden sich in unseren Portfolios weiterhin hauptsächlich US-Aktien, China sowie Europa werden nicht explizit investiert."
Risiko Nahost
Das größte Risiko für unseren positiven Ausblick ist der Konflikt im Nahen Osten, der strukturell eskalieren dürfte. Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte werden davon abhängen, in welchem Tempo und mit welchen Auswirkungen auf den Ölpreis diese Eskalation vonstatten geht. Der derzeitige Ölpreisanstieg in Richtung 80 US-Dollar pro Barell ist noch unproblematisch. Sollten die Preise allerdings auf 95 bis 100 Dollar steigen, würden sowohl Aktien als auch Anleihen deutlich nach unten korrigieren, um der steigenden Inflation beziehungsweise dem Stagflationsrisiko Rechnung zu tragen. (kb)