William Blair: Onshoring gibt US Small-Mid Caps weiteren Auftrieb
Der Trend des „Onshoring“, bei dem Arbeitsplätze zurück nach Amerika verlagert werden, beschleunigt sich und verschafft auf den US-Binnenmarkt konzentrierten Unternehmen erheblichen Rückenwind, meint Rob Lanphier, Partner William Blair Investment Management.
© William Blair Investment Management
Global agierende Unternehmen werden in diesem Jahr eher mit schwächeren Märkten konfrontiert und durch einen relativ starken US-Dollar benachteiligt sein. Dies kommt den US-Small- und Mid-Cap-Unternehmen in den USA zugute. Unter diesen sind viele Hidden Champions, die aufgrund ihrer innovativen Produkte und Dienstleistungen die inflationsbedingt steigenden Kosten an ihre Kunden weitergeben können. "Mit der Verlangsamung der Wirtschaft durch höhere Zinsen und eine Inflationsbekämpfende Fed werden die Umsätze und Erträge der Unternehmen nachgeben. Das bedeutet aber nicht, dass US Small und Mid Caps unverhältnismäßig stark davon beeinträchtigt sind", sagt Rob Lanphier, Partner William Blair Investment Management.
Was die letzten sechs Rezessionen in den USA seit 1980 zeigen
"Diese belegen, dass Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung in den folgenden drei Jahren nach Beginn der Rezession ausnahmslos besser abgeschnitten haben als Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung, nachdem sie zu Beginn der Rezession schlechter abgeschnitten hatten", weiß Lanphier. Zudem seien die Bewertungen für diese kleineren US-Unternehmen aktuell überzeugend.
Warum soll man jetzt einsteigen?
In den letzten zwölf Monaten hat sich viel verändert, wobei der Anstieg der Zinssätze um 425 Basispunkte (Bp) der wichtigste Einfluß auf die Märkte war. Wie die frühere und aggressivere Einnahme dieser „Zins-Medizin“ das Ausmaß und die Dauer eines Konjunkturrückgangs oder einer Rezession in den USA beeinflusst, bleibt abzuwarten. Lanphier dazu: "Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Aktienmarkt ein Frühindikator von neun bis zwölf Monaten ist. Sollte die US-Wirtschaft in den nächsten zwölf bis 18 Monaten einen Tiefpunkt erreichen, könnten wir im Laufe des Jahres eine wesentliche Wende am Markt erleben."
Fundamentale Gewinndaten
Was die Erträge betrifft, ist das Wachstum bei den Small und Mid Caps fast fünfmal so hoch wie bei den Large-Caps. In der Vergangenheit wurden kleinere Unternehmen, die die Umsatz- und Gewinnerwartungen verfehlt haben, stärker abgestraft als große. Das war jedoch im letzten Quartal 2022 nicht der Fall. Zudem sind die Erwartungen der Investoren heute bei Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung niedriger als bei großen Unternehmen. "Die Erwartungen der Wall Street für die nächsten zwölf Monate nach Marktkapitalisierung zeigen, dass die Schätzungen für das Gewinnwachstum der Small und Mid Caps ein etwa 67 Prozent schnelleres Wachstum ausweisen. Bisher gingen die Schätzungen von etwa 30 Prozent höher aus. Demnach erwartet die Wall Street, dass das relative Gewinnwachstum der Small und Mid Caps über dem Durchschnitt und dem der Large Caps liegen wird", kalkuliert Lanphier.
Bewertungsgefälle begünstigt Small und Mid Caps
Merrill Lynch hat die relative Bewertung für den Russell 2500 Index (US Small-Mid Caps) im Vergleich zum Russell Top 200 Index (US Large Caps) zurückgerechnet bis 1986 und analysiert. Demzufolge haben über ein Jahrzehnt lang Large Caps mit einer relativen Bewertung dominiert. Aktuell besteht daher ein Bewertungsgefälle zwischen Small-Mid- und Large, das sich 2022 stabilisiert hat und nach Meinung von William Blair Small- und Mid-Caps begünstigt.
Warum Qualität 2023 wichtig sein sollte
Lanphier dazu: "Mit Blick auf bestimmte Investment-Stile werden sich unserer Meinung nach die Anleger zunehmend auf Qualität konzentrieren, sei es in einem Growth-, Core- oder Value-Portfolio. Betrachtet man die letzten vier Gewinnrezessionen seit 2000, so ergibt sich eine hundertprozentige Korrelation mit der positiven Wertentwicklung von Qualitäts-Faktoren. Es gibt daher Anzeichen dafür, dass Anlagen höherer Qualität im laufenden Jahr besser abschneiden dürften."
Investoren gehen davon aus, dass die Zinsen weiter steigen werden
William Blair ist der Meinung, dass der größte Teil des durch steigende Zinsen verursachten Drucks auf die Renditen bereits in die Aktien eingepreist ist. Im Gegensatz zu 2022 wird die Marktentwicklung im laufenden Jahr eher von den Fundamentaldaten als von Bewertungsunterschieden abhängen. Angesichts ihrer verzögerten Auswirkungen werden die Zinserhöhungen im laufenden Jahr wahrscheinlich stärkere Spuren in der US-Wirtschaft hinterlassen. Eine sich verlangsamende Wirtschaft und eine schwächere Nachfrage könnten dazu führen, dass die steigenden Kosten mit einem langsameren Umsatzwachstum in Einklang gebracht werden müssen. Das birgt Risiken für die Unternehmensgewinne. Darüber hinaus werden mit dem Ende der Null-Zinsphase die Kapitalquellen für spekulativere Aktien wahrscheinlich abnehmen, so dass Anleger sich mehr auf die kurzfristigen Fundamentaldaten konzentrieren werden.
Quality rules
Das Haus William Blair ist daher der Ansicht, dass Qualitätsunternehmen, die über die finanzielle Unabhängigkeit verfügen, um weiterhin in ihr Geschäft zu investieren, und ein flexibles Geschäftsmodell haben, um sich in einem dynamischen Umfeld schnell anpassen zu können, zu immer attraktiveren Anlagemöglichkeiten werden. So wird zum Beispiel die Preisflexibilität entscheidend sein, wenn der Inflationsdruck bei Arbeit und Material anhält und die Gesamtnachfrage nachlässt. Lanphier: "Dieses Szenario würde wahrscheinlich zu einem Druck auf die Margen und zu enttäuschenden Gewinnen für ein durchschnittliches Unternehmen führen. Unternehmen mit starken Managementteams, überlegenen Geschäftsmodellen und soliden Finanzkennzahlen sind erwartungsgemäß besser in der Lage, solchen Gegenwind zu bewältigen." (kb)