Was Investoren aus Buffetts Japan-Investitionen lernen können
2020 investierte Warren Buffett in mehrere japanische Firmen. Diese Investments brachten Berkshire eine jährliche Rendite von 48 Prozent ein. Der magische Dreiklang vieler großer Investitionen führte zum Erfolg: steigende Unternehmensgewinne, steigende Bewertungen und verbesserte Kapitalrenditen.
"Die Investitionen von Warren Buffett in Japan zeigen Wege auf, mit welchen Titeln man als Anleger in Zukunft auch außerhalb des Technologiesektors am Aktienmarkt Geld verdienen kann", findet Christian Kahler, Gründungspartner und Geschäftsführer von Kahler & Kurz Capital.
Ein Geburtstagsgeschenk der besonderen Art
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit machte sich Warren Buffett zu seinem 90. Geburtstag ein Geschenk der besonderen Art. Über das Berkshire-Tochterunternehmen National Indemnity erwarb er Aktien an den japanischen Unternehmen Itochu, Marubeni, Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo. An seinem Geburtstag, dem 30. August 2020, wurde die Meldeschwelle von jeweils fünf Prozent Anteilsbesitz überschritten. Buffett ließ sich zitieren, man wolle „langfristig investiert sein“ und strebe einen Anteilsbesitz von bis zu 9,9 Prozent an den Gesellschaften an. Ein Großteil des Kaufpreises von rund sechs Milliarden US-Dollar wurde durch eine neu emittierte Yen-Anleihe (umgerechnet 4,4 Milliarden US Dollar Volumen) mit einer Laufzeit bis 2060 und einer Rendite von 0,7 Prozent bei gleichzeitigem Hedge der Währungsrisiken abgesichert. Im Folgejahr gab Berkshire weitere Yen-Anleihen heraus, so dass davon auszugehen ist, dass der Kauf der Beteiligungen vollständig fremdfinanziert wurde.
Begründung für den Kauf fiel gewohnt zurückhaltend aus
Die Begründung für den Kauf lieferte Buffett im Mai 2023 auf der Hauptversammlung von Berkshire in Omaha: „Die Sache mit den Japanern war einfach. Ich schaue mir gerne Zahlen von Unternehmen an. Und das waren diese fünf sehr, sehr bedeutende Unternehmen, verständliche Unternehmen. Mit den meisten von ihnen, vielleicht sogar mit allen, haben wir schon auf dutzende verschiedene Arten Geschäfte gemacht. So wurde unser letztes Kohlekraftwerk von einem dieser Unternehmen gebaut. Und so standen sie als Aktiengruppe da und verdienten, rund 14 Prozent (wohl Rendite der freien Cash Flows, was einem Kurs-Cash-Flow-Verhältnis von 7,1 entspräche) von dem, was wir für den Kauf zahlen würden. Sie zahlten anständige Dividenden. In einigen Fällen kauften sie Aktien zurück. Sie besaßen eine ganze Reihe von Geschäften, die wir verstehen konnten, auch wenn wir nicht meinten, dass wir in jedem ein tiefes Verständnis hatten, aber wir haben sie in allen Bereichen arbeiten sehen. Da war nichts dabei. Und gleichzeitig konnten wir das Währungsrisiko durch eine Finanzierung ausschalten, was uns 0,5 Prozent kosten würde. Nun, wenn man 14 Prozent auf der einen Seite bekommt und 0,5 Prozent auf der anderen Seite zahlt, verdient man viel Geld. Und die Unternehmen machen intelligente Dinge, also haben wir einfach angefangen, die Aktien zu kaufen.“
Klassisches Buffett-Investment
Tatsächlich war die Investition in japanische Aktien also eine klassische Buffett-Investition, die dem Geheimrezept Berkshires entsprach, das Todd Combs vor kurzem auf einer Konferenz offenlegte. Er sagte nämlich, wie Kahler berichtet, folgendes: "Which names trade at less 15 times earnings, will earn more in five years (with a confidence interval of 90%) and will compound at seven percent or more (with a 50% confidence interval)?“
Beeindruckende Erträge
Buffetts Investitionen in Japan entwickelten sich bisher mehr als erfreulich. Nach Berechnungen von Kahler & Kurz Capital hat sich jede Aktie mehr als verdoppelt, eine sogar verfünffacht. Der Wert der ursprünglichen Korbinvestition ist um über 220 Prozent gestiegen. "Eine Verdreifachung des Kapitals in drei Jahren entspricht einer annualisierten Rendite von 48 Prozent auf den ursprüngliche Kapitaleinsatz. Seit der Erstinvestition wurde der Korb aufgestockt, und auch diese Zukäufe haben sich gut entwickelt", analysiert Kahler.
Ein Basket, der Freude macht
Buffetts Korbinvestition in Japan wirft hohe Gewinne ab.
Quelle: Kahler & Kurz Capital; Koyfin
Faktisch wirkt der Erfolg kaum auf die Berkshire Bilanz
Buffett dürfte mit den Investments in Japan bisher einen Gewinn von 13 Milliarden US-Dollar vor Steuern erzielt haben. Die absolute Auswirkung des Gewinns für den Berkshire Hathaway mit einem Eigenkapital von rund 500 Milliarden US-Dollar hält sich in Grenzen. Charly Munger brachte es auf der diesjährigen BRK-Hauptversammlung wie folgt auf den Punkt: „Eigentlich können wir nun als Helden leben. Aber die Milliarden werden einfach als alter Blindgänger in den Berichten von Berkshire verschwinden.“
"Munger wollte damit sagen, dass diese Investitionen keinen entscheidenden Einfluss auf den Gesamterfolg von Berkshire Hathaway haben würden, wie es beispielsweise beim Kauf von Apple-Aktien durch Berkshire der Fall war", ist Kahler überzeugt. Tatsächlich gehören Buffetts Investitionen in Japan inzwischen zu seinen fünf größten Aktieninvestments.
Merkmale guter Unternehmen
Ein gutes Unternehmen erwirtschaftet im Verhältnis zum eingesetzten Kapital hohe Gewinne, weist also eine hohe Kapitalrendite auf. Noch wertvoller sind Unternehmen, deren Kapitalrendite kontinuierlich steigt. Eine Gemeinsamkeit der Investitionen von Buffett in Japan, aber auch seiner Investitionen in den Energiesektor und die Eisenbahn BNSF seit 2008 ist, dass die Kapitalrendite der Unternehmen kontinuierlich gestiegen ist. Dies wird in der Öffentlichkeit oft übersehen.
Auch die Investition in Apple (wir sind investiert), die Buffett 2016 begann, weist diese Merkmale auf. Die Kapitalrendite (ROCE, Return on Capital Employed) des iPhone-Herstellers ist seither von 28 auf 58 Prozent gestiegen. "Obwohl Buffett die Qualität von Unternehmen schätzt, ist er im Gegensatz zu Charlie Munger immer ein wertorientierter Investor geblieben, der beim Einstieg in neue Aktienpositionen eine niedrige Bewertung erwartet. Buffett hat stets betont, dass ein niedriger Einstiegskurs zu seiner Sorgfaltspflicht als CEO von Berkshire gehört", weiß Kahler.
Drei Aspekte, die Buffett in Japan erkannt haben könnte
Diese drei sind:
a) attraktive Bewertungen,
b) steigende Unternehmensgewinne und
c) wesentliche Veränderungen in der Kapitalallokationsstrategie.
Die Rolle der Kapitalallokation
Bei seinen japanischen Investitionen habe Buffett vor allem eine Veränderung in der Kapitalallokationsstrategie festgestellt, so Kahler weiter. "Viele japanische Unternehmen haben sich in letzter Zeit stärker auf die Steigerung der Eigenkapitalrendite durch Aktienrückkäufe und Dividenden konzentriert. So sind die Eigenkapitalrenditen seiner japanischen Beteiligungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen und haben den langjährigen Pfad niedriger historischer Eigenkapitalrenditen verlassen. Tatsächlich war der japanische Aktienmarkt viele Jahre lang günstig bewertet, aber für Qualitätsanleger unattraktiv, weil die Manager wenig auf eine geschickte Kapitalallokation achteten. Heute liest man in den Geschäftsberichten immer häufiger, dass sich dieser Trend umkehrt."
Japan: Entwicklung der Kapitalrenditen
Mehr als nur ein zyklischer Aufschwung?
Die Sektoren Finanzdienstleistungen und Grundstoffe wurden ausgeschlossen.
Quelle: Kahler & Kurz Capital; GMO
Verursacht wurde die steigenden Kapitalrenditen durch Aktienrückkäufe, die den Kapitaleinsatz - und damit den Nenner der Eigenkapitalrendite - reduzierten, aber auch durch höhere Unternehmensgewinne, die sich auf den Zähler der Eigenkapitalrendite auswirken.
Entwicklung der Eigenkapitalrenditen der Buffettschen-Beteiligungen
Quelle: Kahler & Kurz Capital; QuickFS.com
Buffetts japanische Unternehmen selbst wachsen nicht sehr stark
"Da Berkshire jedoch nur das Siebenfache des freien Cashflows für eine Aktie zahlte, die den gesamten Free Cash-Flow (FCF) über Rückkäufe und Dividenden zurückgab, erzielte Buffett eine jährliche Rendite von 14 Prozent, selbst wenn es kein Wachstum und keinen Anstieg des Multiplikators gab", rechnet Kahler nach. "Berücksichtigt man zusätzlich den Anstieg der Bewertungskennzahlen, so fällt die Rendite für Buffett sogar noch höher aus."
Der Blick auf die nächsten Jahre des Investierens
Letztlich ist die Rendite einer Aktie das Produkt aus drei einfachen Faktoren: Wachstum, Veränderung des Bewertungsmultiplikators und Kapitalrendite. In den letzten zehn bis zwölf Jahren haben sich viele Investoren nur auf die ersten beiden Faktoren verlassen. Das Wachstum der meisten Unternehmen war trotz zahlreicher Krisen und Belastungen ordentlich. Es wurde zusätzlich durch das Wachstum des Technologiesektors befeuert. Gleichzeitig sind die Bewertungsmultiples an den Aktienmärkten seit 2010 massiv gestiegen. Zum einen, weil das Bewertungsniveau nach der Finanzkrise zunächst sehr niedrig war, zum anderen, weil die Renditen an den Anleihemärkten immer weiter sanken und Aktien als Anlageklasse damit höher bewertet wurden. So konnten Aktienanleger seit 2010 hohe Renditen erzielen.
Aufgrund dieser Faktoren erscheint es unwahrscheinlich, dass sich die Hausse an den Aktienmärkten in den nächsten zehn Jahren wiederholen wird. Selbst wenn das Wirtschaftswachstum gut bleibt, besteht das Risiko, zu viel für die Bewertung bezahlt zu haben. Sollte die Bewertung von Aktien in den nächsten Jahren aufgrund eines dauerhaft höheren Zinsniveaus und damit vorhandener Anlagealternativen sogar sinken, was möglich erscheint, wird eine zu hohe Bewertung zum Hemmschuh. Auch die starke Fokussierung auf die US-Märkte, die bei vielen Aktienanlegern eine Gewichtung von bis zu 80 Prozent ausmacht, könnte sich in Zukunft umkehren.
Daher ist es besonders wichtig, darauf zu achten, wie hoch die Kapitalrenditen der Unternehmen sein werden. Unternehmen, die ihre Aktionäre durch die Ausgabe neuer Aktien verwässern, dürften langfristig ebenso ein Risiko darstellen wie Unternehmen, die nur eine geringe Kapitalrendite ausweisen. Dass es möglich ist, mit nur zwei der genannten Faktoren überdurchschnittliche Gewinne am Aktienmarkt zu erzielen, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit. Dazu gehören in Europa Titel wie Novo Nordisk oder in den USA Unternehmen wie Texas Instruments oder die US-Hausbauer NVR und Pulte Homes, an denen sich Berkshire kürzlich beteiligt hat.
Zwei der drei Faktoren sollten schon gegeben sein
In der Praxis zeigt die Erfahrung jedoch, dass zwei der drei Faktoren notwendig sind, um sehr gute Ergebnisse zu erzielen. Kahler erklärt dies anhand des folgenden Beispiels: "Eine Aktie mit einem Gewinnwachstum von fünf Prozent, deren Kurs-Gewinn-Verhältnis über einen Zeitraum von fünf Jahren von acht auf zwölf steigt und die ihre gesamten Gewinne in Form von Aktienrückkäufen und/oder Dividenden ausschüttet, bringt dem Anleger über diesen Zeitraum von fünf Jahren eine jährliche Gesamtrendite von rund 23 Prozent. Der Wachstumsmotor bringt dem Anleger zwar nur fünf Prozent, dafür aber einen jährlichen Rückenwind von 8,4 Prozent durch die Ausweitung des KGV-Multiplikators und rund zehn Prozent Zusatzrendite durch Aktienrückkäufe und Dividenden."
Résumé
Diese einfache Rechnung zeigt, warum es so wichtig ist, neben der Qualität (ROCE und Wachstum) auch den Wert (Kurs-Gewinn-Verhältnis oder, wie es Kahler auch in seinem Ansatz bevorzugt, die Höhe der Free Cash Flow-Renditen) zu berücksichtigen. Am wichtigsten scheint Buffett jedoch die Kapitalallokation zu sein. Bei japanischen Aktien gibt es einen bedeutenden Strategiewechsel hin zu einer stärkeren Konzentration auf die Steigerung der Eigenkapitalrendite durch Aktienrückkäufe und Dividenden.
Warum sich Bufetts Interesse an Japan grundlegend wandelte
Kahler führt aus: "Wenn man sich die alten Hauptversammlungen von Berkhire Hathaway ansieht, so sagte Buffett noch Anfang der 2000er Jahre, dass er kein Interesse an Japan habe, obwohl es dort billige Aktien gebe. Die Eigenkapitalrendite sei zu niedrig. Der Unterschied zur heutigen Situation besteht darin, dass sich die Kapitalallokationsstrategie der Unternehmen stark verändert hat. So lesen wir immer mehr Geschäftsberichte, in denen explizit eine völlig neue Kapitalphilosophie dargelegt wird. Buffett lässt sich offensichtlich nicht von den Geschichten oder Wachstumsstorys vieler Investoren beeinflussen. Er ist nur daran interessiert, großartige Investitionen zu finden. Und großartige Investitionen kommen in der Regel von guten Unternehmen, die unterbewertet sind. Und gute Unternehmen haben in der Regel zwei Dinge gemeinsam: hohe Kapitalrenditen und ein gutes, vertrauenswürdiges Management, das den freien Cashflow sinnvoll einsetzt." (kb)