Wann kommt der Rückschlag an der Börse?
Der Börsenaufschwung gewinnt an Breite. Es sind nicht mehr einzelne Titel, die Indizes ziehen. Denn Inflationsraten bilden sich zurück, Notenbanken kündigen Zinssenkungen an und Rezessionsängste verflüchtigen sich zusehends. Bei Investoren macht sich Sorglosigkeit breit, beobachtet Peter E. Huber.

Tatsächlich scheint die aktuelle Haussebewegung auf recht soliden Füßen zu stehen. "Dies mag auch an einem Mangel an Anlagealternativen liegen", findet Peter E. Huber, Börsen-Urgestein und Fondsmanager bei Taunus Trust. "So sind Anleihen angesichts der zunehmenden Fiskaldefizite mit Vorsicht zu genießen. Und an den Immobilienmärkten haben die Preise ihren Zenit überschritten. Gleichzeitig sind aus der langjährigen Niedrigzinsphase mit einer ultralockeren Notenbankpolitik immer noch beträchtliche Überhänge an freier Liquidität vorhanden, die nach attraktiven Investitionsmöglichkeiten in der Wirtschaft suchen und angesichts der bescheidenen Wachstumsaussichten nicht finden. So klettern die Aktienkurse trotz zahlreicher Krisen - Wall of Worry - nach oben".
Auf lange Sicht sind Aktien unschlagbar
Den deutschen Aktienmuffeln sei ins Gebetbuch geschrieben, dass langfristig Aktien sowieso allen die Schau stehlen. So haben in den USA in den letzten 100 Jahren Dividendenpapiere jährlich inflationsbereinigt um 7,1 Prozent zugelegt, Staatsanleihen nur 1,8 Prozent und Wohnimmobilien nur 1,0 Prozent. Durch den Zinseszinseffekt ergeben sich beim Vermögenszuwachs gravierende Unterschiede. Das zeigt die folgende Grafik:
Quellen: Keppler Asset Management, Ibbotson SBBI, Robert Shiller
Deutsche Aktien werden mehrheitlich nicht von Deutschen gehalten
Es sind hauptsächlich ausländische Anlegern, wobei Amerikaner die stärkste Gruppe bilden. Beim Kurs-DAX, also dem Preisindex ohne Dividenden, ergibt sich aus deren Sicht derzeit ein brisantes Bild. Peter E. Huber dazu: "In den letzten 25 Jahren ist der Index, in US-Dollar gerechnet, immer wieder an einem massiven Widerstand abgeprallt, während US-Aktien einen deutlichen Aufwärtstrend verzeichneten. Sollte dieser Widerstand überwunden werden, könnte dies für Anleger aus dem angelsächsischen Raum eine interessante Einstiegsgelegenheit in einen zurückgebliebenen Markt bieten."
Quelle: Taunus Trust
Die Welt im Krisenmodus
Neben der Klimakrise und dem geopolitischen Konflikt zwischen den USA und China werde uns vor allem eine Staatsschuldenkrise von epochalem Ausmaß auf viele Jahre beschäftigen, so Huber weiter. So drohe etwa Deutschland eine Schuldenexplosion. Nach dem neuen „Tragfähigkeitsbericht“ des Bundesfinanzministeriums könnte der Schuldenstand von derzeit 64 Prozent des BIP auf 345 Prozent bis 2070 klettern. Tatsächlich liegt die implizite Staatsschuld aber bereits jetzt bei 164,8 Prozent des BIP (5,6 Billionen Euro). Darunter versteht man die Schulden, die eine in der Zukunft liegende Verpflichtung darstellen (zum Beispiel Pensionen und Gesundheitsfürsorge für Beamte). Was Deutschlands Regierung nicht daran hindert, weiter im Rekordtempo neue Staatsdiener einzustellen. Auch in Frankreich hätten die öffentlichen Defizite bereits ein bedrohliches Niveau erreicht, erläutert Huber. Und in den USA würden Budgetdefizite in einem Ausmaß gefahren, das die früheren - kriegsbedingten - Rekordstände weit in den Schatten stelle.
Es sei deshalb nur eine Frage der Zeit, bis die Notenbanken weltweit wieder massiv Staatsanleihen aufkaufen würden, um die öffentlichen Schuldenorgien zu finanzieren, meint Peter E. Huber. "Und zwar unabhängig von der jeweiligen Inflationssituation. Spätestens dann wird der dadurch ausgelöste Vertrauensverlust zu einer Flucht in Sachwerte (Aktien, Gold) führen. Die derzeitigen Höchststände an vielen Börsen und bei Gold könnten bereits eine solche Entwicklung antizipieren."
Notenbanken kaufen Gold
Der aktuelle Höhenflug beim Gold ist allerdings nicht auf private Käufe zurückzuführen. Im Gegenteil haben private Investoren in den letzten Monaten über 300 Tonnen Gold aus entsprechenden ETFs abgezogen. Sondern es hat eine massive Zunahme der Käufe vor allem durch Notenbanken aus den Schwellenländern stattgefunden.
Quelle: BofA Research
De-Dollarisierung hilft Gold
"Wir vermuten, dass hier aber eher der Trend zur Dedollarisierung eine entscheidende Rolle spielt. Länder wie China oder Indien schichten ihre Währungsreserven um, nachdem die USA ihre Devise zunehmend als Waffe einsetzen. Überhaupt ist der US-Dollar nur deshalb die Weltreservewährung Nummer eins, weil aufgrund der gigantischen Auslandsverschuldung der USA genügend Greenbacks verfügbar sind", analysiert Huber.
Warnung vor allzu viel Sorglosigkeit
Trotz der intakten Aufwärtsbewegung und vielen Alltime-Highs an den Börsen stocken Peter E. Huber und sein Team ihre Aktienquote nicht auf, sondern belassen sie mit 60 bis 70 Prozent vom Fondsvermögen im neutralen Bereich. Als Antizykliker erhöht man die Investitionsquote nur nach herben Rückschlägen. Auch stört Huber die zunehmende Sorglosigkeit, die sich bei den Anlegern breitmacht und sentimenttechnische Warnsignale aufleuchten lässt.
Quelle: Sentix
Gespaltene Börsenentwicklung
Positiv sei allerdings, dass es derzeit eine sehr gespaltene Börsenentwicklung gebe, so Huber weiter. "Während viele Aktien heute extrem hoch bewertet sind, gibt es viele Value-Aktien mit einer extrem niedrigen Bewertung. Dies gilt auch für Branchen und selbst für Börsen. Das ermöglicht uns, ein Portfolio zusammenzustellen, mit dem man problemlos jede Krise aussitzen kann (einstelliges Kurs/Gewinn-Verhältnis, Kurs/Buchwert-Verhältnis um die eins, satte Dividendenrendite). Und wir finden weiterhin interessante Marktsegmente. So erfüllen zum Beispiel Goldminen und chinesische Aktien unsere drei U-Kriterien. Sie sind unbeliebt, unterbewertet und in den Depots unterinvestiert. Allerdings ist hier die Trendwende noch nicht gesichert, so dass wir nur Anfangspositionen aufgebaut haben."
Austria, du hast es besser!
In Europa gehört Österreich zu den Börsen, die Nachholbedarf aufweisen. "Nicht nur ist der ATX in den letzten Jahren in seiner Entwicklung deutlich zurückgeblieben. Aktien aus der Alpenrepublik sind auch sehr preiswert. So liegt das aktuelle Kurs/Gewinn-Verhältnis bei 7,5 (DAX: 13,2), das Kurs/Buchwert-Verhältnis bei 0,99 (DAX 1,69) und die Dividendenrendite bei 5,6 Prozent (DAX: 2,9 Prozent). Wir sind investiert", lässt Huber wissen. "Österreich ist übrigens politisch neutral, nicht Mitglied der NATO und mischt sich nicht in kostspielige internationale Konflikte ein. Es hat langfristige Lieferverträge für preiswertes russisches Gas! Zudem ist die Zahl der Asylbewerber im Gegensatz zu Deutschland deutlich rückläufig, was auch daran liegen mag, dass sie nur ein Taschengeld von 40 Euro pro Monat erhalten."
Quelle: Refinitiv
Eine Leistung, die sich sehen lassen kann
Huber Portfolio SICAV ragt aus der Peer Group heraus, wie der folgende Vergleich illustriert:
Quelle: Taunus Trust
(kb)