Logo von Institutional Money
| Märkte

Verengter Meinungskorridor nun auch in der Ökonomie?

Nun hat die seit einige Zeit zu beobachtende Einschränkung der Meinungsfreiheit in politischen Fragen auch die Volkswirtschaftslehre erfasst: Sogenannte "libertäre" Ökonomen wie die US-Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie sind in Mitteleuropa nicht erwünscht.

© olly / stock.adobe.com

Gleichgeschaltetes, von oben verordnetes Denken ist nun um eine weitere Facette reicher: So wie sich gefälligst niemand erdreisten sollte, die Flüchtlingspolitik seit 2015 zu kritisieren und den hysterische Züge annehmenden, angeblich menschengemachten Klimawandel in Frage zu stellen, genauso wenig soll man am vom linken Meinungsspektrum favorisierten Keynesianismus rühren. Die einzige Freiheit, die es in der ökonomischen Theorie noch geben darf, ist offenbar die Auseinandersetzung mit den einzelnen Spielarten des Keynesianismus und der von linken US-Demokraten adoptierten Modern Monetary Theory. Sie alle laufen auf mehr Staat hinaus.

Anlassfall und Hintergrund

Wie den Medien zu entnehmen ist, sorgte die Vizepräsidentin des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Barbara Kolm mit der Einladung „libertärer“ Ökonomen für Mitte November 2019 in den Kassensaal der OeNB für mediale Erregung. Die Veranstaltung läuft unter dem Titel „Die österreichische Schule der Nationalökonomie im 21. Jahrhundert“ und wird unter anderem vom Austrian Economics Center sowie dem Hayek-Institut veranstaltet, wie "ORF online" berichtete. Beiden Organisationen steht besagte OeNB-Vizepräsidentin vor.

Stabübergabe in der OeNB von Nowotny an Holzmann

Dieser Event fällt bereits in die Amtszeit des Nachfolgers von Langzeitgouverneur Ewald Nowotny, der mit Ende August 2019 ausscheidet und dem ehemaligen Weltbankdirektor Robert Holzmann Platz macht. Dieser ist eben nicht in der linken Reichshälfte verortet und sagte gegenüber dem "Standard" etwas geradezu Unerhörtes: Er plane die Veranstaltung zu genehmigen, auch wenn die dort auftretenden Referenten nicht notwendigerweise seine ökonomische Richtung verträten.

Ein Mehr an Pluralismus - Chapeau!

Holzmann kündigt also an, auch Ideen, die nicht dem Mainstream entsprechen, ein Forum zu bieten. Das belebt die Diskussion und zeigt auf, dass es die oft beschworene Alternativlosigkeit von Konzepten in Wahrheit gar nicht gibt. Gerade Österreich sollte sich der nach ihm benannten Schule der Nationalökonomie verstärkt annehmen. Diese brachte mit Carl Menger, Eugen von Böhm-Bawerk, Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek große Köpfe hervor, die heute viel zu wenig Beachtung finden. Das Hayek-Institut leistet hier viel, um die Bedeutung des immerhin mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichneten Namensgebers des Instituts und seiner Kollegen zurechtzurücken.

Vernachlässigtes Erbe

Bezeichnenderweise wirkten die Ökonomen der dritten und vierten Generation nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Ausland und erfuhren im Falle von Mises und Hayek im Ausland (USA beziehungsweise Freiburg/Deutschland) die Wertschätzung, die ihnen ihre Alma Mater nicht entgegenbrachte. Damit überließ man liberalen/ libertären - und damit nach heutigen Diktion "rechten" Kreisen - in den USA das Feld, die die Austrian School of Economics quasi kaperten und weiterführten. Stattdessen beschäftigte man sich in Wien lieber mit Ökonometrie und stochastischen Modellen und ergötzte sich an deren Rechenbarkeit mit zunehmender Computerisierung. Das große Erbe wurde aber marginalisiert.

Fazit

In einer Zeit des immer enger werdenden Meinungsspektrums setzt der designierte OeNB-Gouverneur Holzmann ein wichtiges Zeichen. Die Freiheit der Lehre ist ein hohes Gut und sollte gerade in Zeiten wie diesen nicht nur auf dem Gebiet der ökonomischen Theorie hochgehalten werden. Es gilt "audiatur et altera pars" - ein Grundsatz, der ähnlich "pacta sunt servanda" heute leider nicht mehr als Selbstverständlichkeit betrachtet werden kann. (kb)

Dieses Seite teilen