Über die Risiken eines zukünftigen "Ausfall-Tsunamis" bei Anleihen
Der Head of High Yield Research, EMEA, bei Columbia Threadneedle Investments hat analysiert, in welchen Branchen höhere Default-Risiken drohen und Investoren folgerichtig höhere Risikoprämien verlangen oder besser gar die Finger davon lassen sollten.
Vor dem Hintergrund einer im Vergleich zur Vergangenheit weniger üppigen Liquiditätsversorgung und mauen Wirtschaftsaussichten geht Tom Southon, Head of High Yield Research, EMEA, bei Columbia Threadneedle Investments, der Frage nach, wie es mit den kurz- und langfristigen Ausfallsrisiken bei Unternehmensanleihen aussieht - insbesondere im Bereich High Yield Bonds.
Steigen angesichts dessen die Ausfallraten?
Bisher waren die Zahlen wenig besorgniserregend: Nach dem Höchststand von 6,9 Prozent infolge der Covid-19-Pandemie lag die zwölfmonatige Ausfallrate europäischer Hochzinsanleihen bis Dezember 2022 laut JP Morgan bei lediglich 0,4 Prozent. Doch der Ausblick ist weniger erfreulich, warnt Southon:
Moody‘s schätzt, dass die langfristige durchschnittliche Gesamtausfallrate für hochverzinsliche Anleihen in den nächsten zwölf Monaten auf 4,1 Prozent steigt. Für einen 24-Monats-Zeitraum geht die Ratingagentur von 8,2 Prozent aus.
"Bei unserer eigenen Prognose für europäische Hochzinsanleihen sind wir ein wenig optimistischer als Moody’s und gehen unverändert von einer Ausfallrate von 1,4 Prozent in den nächsten zwölf Monaten aus. Unsere langfristige Schätzung haben wir dagegen nach oben korrigiert: Für den 24-Monats-Zeitraum rechnen wir damit, dass die Ausfallraten auf 3,7 Prozent steigen", merkt Southon an.
Für eine kurzfristige Entwarnung bei Kreditausfällen sprechen laut Southon mehrere Faktoren:
- Abwendung des Zahlungsverzugs bei Adler: Nachdem der Sanierungsplan des deutschen Immobilienkonzerns im letzten Monat genehmigt wurde, ist das Ausfallrisiko erheblich gesunken. Andernfalls hätte Columbia Threadneedles Zwölf-Monats-Prognose um 0,2 Prozentpunkte und die 24-Monats-Prognose um 0,3 Prozentpunkte höher gelegen.
- Sinkende Energiepreise in Europa: In Europa ist die Sorge über steigende Energiepreise, die den Großteil des zweiten Halbjahrs 2022 geherrscht hatte, abgeklungen. Damit sind schlimmere Rezessions- und Inflationsszenarien offenbar vorläufig vom Tisch.
- Bessere Finanzierungsbedingungen: Laut dem ICE Bank of America HPS2-Index ist die durchschnittliche Rendite für Emittenten europäischer Hochzinsanleihen zurückgegangen und liegt derzeit bei 6,4 Prozent – ein Unterschied von 120 Basispunkten gegenüber dem Höchststand von 7,6 Prozent, der im Oktober 2022 verzeichnet wurde.
Grund ist eine Verbesserung der fundamentalen Aussichten. Dies hat die Wiedereröffnung des Primärmarkts in den letzten Wochen erleichtert und einige Refinanzierungsgeschäfte für bestehende Fälligkeiten im Zeitraum 2024/25 ermöglicht. - Alternative Finanzierungsquellen: Gleichzeitig nahmen Finanzierungsquellen wie Forderungsfinanzierung und Exportkredite zu. Damit gehen ein Ausbau der kurzfristigen Liquiditätsversorgung und eine Verlängerung der Fälligkeiten für den Finanzierungsbedarf in der nahen Zukunft einher.
Ausfall-Tsunami für Anleihen kommt erst 2025
Langfristig rät Southon jedoch zur Vorsicht - denn: Ein großer Anteil von Anleihen wird im Jahr 2025 fällig. Der europäische Primärmarkt wurde erst kürzlich wiedereröffnet und eine beachtliche Fälligkeitswelle zur Refinanzierung rollt nach wie vor heran. "Dies hat uns dazu veranlasst, unsere Ausfallprognose, insbesondere den 24-Monats-Wert, für eine Reihe von Emittenten anzuheben", erklärt Southon.
Sichere Häfen und gefährdete Sektoren
Für Investoren stellt sich damit die Frage: Welche Sektoren werden von den steigenden Ausfallraten besonders betroffen sein – und welche dürften verschont bleiben? Eine Antwort darauf gibt die obige Bildergalerie. (aa)