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UBP: Stellt hohe Inflation eine Gefahr für Unternehmensanleihen dar?

Der Head of Global Fixed Income von Union Bancaire Privée (UBP) geht der Frage nach, in wie weit Corporate Bonds unter höheren Preisen leiden, oder ob einige Segmente ganz im Gegenteil zu den Profiteuren höherer Inflationsraten zählen und damit kaufenswert sind.

Philippe Gräub, Union Bancaire Privée (UBP)
Philippe Gräub, Union Bancaire Privée (UBP)© UBP

"Mit Beginn des letzten Quartals des Jahres vertraten wir die These, dass die Zentralbanken angesichts der Konjunkturerholung allmählich auf einen weniger expansiven Kurs umschwenken würden und somit wieder Spielraum für Zinserhöhungen besteht. Besonders deutlich manifestierte sich dies am kurzen Ende der US-Zinskurve, war hier doch eine deutliche Lücke zwischen eingepreisten Zinserhöhungen und den Dot-Plot-Prognosen der Fed zu erkennen", schreibt Philippe Gräub, Head of Global Fixed Income, Union Bancaire Privée (UBP), in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag.

Defensive weiter empfehlenswert?
Diese defensive Durationsausrichtungsempfehlung der UBP hat weiterhin Bestand und wird durch die vermehrten Diskussionen über die steigende Inflation zusätzlich untermauert. Auch wenn sich die Teuerung mittelfristig wieder stabilisieren dürfte, sei Gräub zufolge nicht davon auszugehen, dass die Verbraucher, die seit Beginn der Pandemie ihr Konsumverhalten angepasst haben, über Nacht wieder zu alten Mustern zurückkehren. Bestehende Engpässe könnten uns somit auf kurze Sicht weiter begleiten.

Die makroökonomischen Rahmenbedingungen schaffen unverändert günstige Voraussetzungen für die Kreditmärkte. Zwar fahren die Zentralbanken ihre konjunkturstimulierenden Maßnahmen allmählich zurück, gehen dabei aber weiterhin mit Bedacht vor, sodass nicht mit einer deutlichen Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen zu rechnen ist.

Somit können Anleger ihr Augenmerk vor allem auf die Fundamentaldaten von Unternehmen richten, die sich dank starker Gewinne und klugem Bilanzmanagement verbessert haben.

Außerdem kann ein leichter Inflationsdruck durchaus auch ein Vorteil für Unternehmensanleihen sein. So deuten UBP-Analysen darauf hin, dass sich die Teuerung auf mehr als 80 Prozent des Marktes für auf Euro lautende Investment Grade-Papiere gar nicht oder sogar positiv auswirken wird. Zu den größten Profiteuren steigender Zinsen zählen Finanzwerte. "Nachrangigen Papieren aus diesem Bereich, insbesondere AT1- und High-Yield-Anleihen, sprechen wir mit Blick auf die aktuellen Bewertungen und deren solide Fundamentaldaten weiterhin hohe Attraktivität zu", sagt Gräub.

Höhere Preise
Hinterfragt man die Inflationsentwicklung der letzten Zeit, lässt sich erkennen, dass die Preise durch pandemiebedingt verändertes Konsumverhalten und daraus resultierende Engpässe in die Höhe geschnellt sind. Ein Beispiel: Seit Beginn der Pandemie ist die Nachfrage nach Produkten aus Asien gestiegen, was zu einem Ungleichgewicht im internationalen Außenhandel und explodierenden Transportkosten geführt hat.

Zwar sei die Angst vor Corona inzwischen zurückgegangen, doch die Mobilität liegt nach wie vor unter dem Vorkrisenniveau. Dies bewirkt, dass die Anpassungen im Verhalten weiter spürbar sind, und könnte auch der Grund dafür sein, dass sich der Arbeitsmarkt trotz anhaltend starker Nachfrage nach Arbeitskräften noch nicht wieder vollständig erholt hat.

Das Verbraucherverhalten wird somit nach Ansicht Gräubs maßgeblich darüber entscheiden, wie lange die Teuerung über dem angestrebten Zielwert verharren wird. Kehren die Verbraucher beispielsweise nun in den kommenden Monaten zu alten Mustern zurück, dürfte sich parallel dazu auch die Inflation normalisieren. Diese These vertreten sowohl die Fed als auch die EZB, wie die jüngsten Prognosen dieser Währungshüter zeigen.

Verfestigen sich diese Veränderungen in Verhalten und Nachfrage jedoch, müssen entsprechende Kapazitäten geschaffen werden, um sich auf diese neue Realität einzustellen. So schätzt man, dass die Halbleiterindustrie etwa zwei Jahre benötigen würde, um ihre Kapazitäten so auszubauen, dass die Nachfrage befriedigt werden kann. Sind erstmal ausreichend Kapazitäten vorhanden, würde der Preisdruck sinken und die Chancen stünden gut, dass die Inflation mittelfristig unter Kontrolle bleibt.

Gewinner und Verlierer
Außerdem darf laut Gräub nicht vergessen werden, dass moderater Inflationsdruck auch gute Seiten haben kann: "Wie bereits erwähnt, ist der Anteil jener EUR-Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Segment, der unter hoher Inflation leidet, eher gering. Schwierig wird die hohe Teuerung vor allem für jene Unternehmen, die stark von höheren Rohstoff- und Energiepreisen oder Arbeitskosten betroffen sind."

Im Gegensatz dazu dürften die höheren Zinsen die Rentabilität von Banken verbessern, während Öl- und Gasproduzenten vom Anstieg der Energiepreise profitieren. Was Staatsanleihen anbelangt, so spielt ihnen die Teuerung eigentlich in die Karten. Denn sie könnte dazu beitragen, dass die Löcher im Budget, die die Staatshilfen während der Pandemie in die Haushalte gerissen haben, leichter wieder gestopft werden können.

Und für die Zentralbanken liefert die höhere Inflation möglicherweise ein willkommenes Argument, um ihrer Nullzinspolitik endlich den Rücken zu kehren. Dies würde ihnen auch den nötigen Spielraum für erneute Zinssenkungen verschaffen, sollte die Rezession wieder zuschlagen, und ihnen so neben der Bilanz ein weiteres geldpolitisches Instrument an die Hand geben, hält Gräub fest.

Veränderter Fokus
Viel entscheidender sei jedoch, dass nicht nur die Inflationsrisiken gestiegen sind, sondern sich auch die Rolle der Zentralbanken als Inflationswächter verändert hat. So orientiert sich die Fed nun an einem durchschnittlichen Inflationsziel (average inflation targeting), was ihr die Freiheit lässt, trotz des überdurchschnittlich hohen PCE Core Index (Verbraucherpreisindex ohne Lebensmittel und Energie) nicht zu aggressiven geldpolitischen Mitteln greifen zu müssen. Dies unterscheidet die aktuelle Situation deutlich von früheren Phasen hoher Inflation und sollte dazu beitragen, die Märkte zu beruhigen.

Gräub zieht folgendes Fazit: "Trotz der deutlich gestiegenen Inflationsängste dürften sich die Preise mittelfristig wieder stabilisieren. Außerdem könnte sich der moderate Inflationsdruck zwischenzeitlich sogar positiv auf Unternehmensanleihen auswirken. Folglich behalten wir unsere positive Einschätzung zu Unternehmensanleihen bei und favorisieren High-Beta-Papiere wie nachrangige Schuldtitel aus dem Finanzbereich und High-Yield-Anleihen. Gleichzeitig sehen wir Spielraum für steigende Zinsen, vor allem am kurzen Ende der Kurve, da die konjunkturstützenden Maßnahmen der Zentralbanken allmählich auslaufen." (aa)

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