Globale Zusammenarbeit und Klimaziele in Gefahr
Der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen zeigt, dass das Rennen zwischen Donald Trump und Kamela Harris doch nicht so knapp wie gedacht war. Im Mittelpunkt von Trumps politischer Agenda wird wieder das Motto „Amerika first“ stehen. Doch wie wird es mit der Energiewende international weitergehen?
Bei Trumps politischer Agenda wird der Schwerpunkt auf Importzöllen, der Verlängerung von (Unternehmens-)Steuersenkungen und der Verringerung der Einwanderung liegen. "Darüber hinaus wird er versuchen, den Klimaschutz zu stoppen und die internationale Zusammenarbeit zu behindern. Doch wie die Nachwirkungen seiner ersten Amtszeit gezeigt haben: Der nachhaltige Übergang ist unvermeidlich", ist Joeri de Wilde, Investmentstratege bei Triodos Investment Management, überzeugt.
Schlechte Nachrichten für Klimaziele und erneuerbare Energien
Trumps Rückkehr an die Macht könnte dazu führen, dass die USA das Pariser Klimaabkommen wieder verlassen und damit die internationalen Klimaziele untergraben, so de Wilde weiter. "Trumps Regierung würde wahrscheinlich auf eine Ausweitung der Bohrungen nach fossilen Brennstoffen drängen und gleichzeitig versuchen, Klimagesetze wie Bidens Inflation Reduction Act, der Anreize für saubere Energie schafft, zu demontieren."
Aktien aus dem Bereich der erneuerbaren Energien könnten kurzfristig darunter leiden, während Aktien aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe davon profitieren könnten. Höhere langfristige Renditen könnten kapitalintensive umweltfreundliche Projekte weiter abschrecken, während eine geringere Regulierung wahrscheinlich den großen Technologie- und Finanzsektoren Auftrieb geben wird. Dies würde den globalen Einfluss der Eigentümer der großen Technologiekonzerne erhöhen und damit den Trend zu einer weniger demokratischen Welt verstärken. In diesem Sinne ist auch Trumps Abneigung gegen die NATO besorgniserregend, da ein möglicher Rückzug der USA autokratischen Regimen Auftrieb geben würde.
Der unumkehrbare nachhaltige Übergang
Trotz der zu erwartenden negativen Auswirkungen einer zweiten Trump-Präsidentschaft ist es unwahrscheinlich, dass der globale Übergang zur Nachhaltigkeit gestoppt wird. De Wilde dazu: "Seit Trumps letzter Amtszeit hat sich die Dynamik grüner Politiken mit dem Green Deal der EU, Chinas Kohlenstoffneutralitätszielen und dem breiten Interesse der Investoren an ESG-Anlagemöglichkeiten beschleunigt. Die Ökologisierung der Wirtschaft ist wirtschaftlich vorteilhaft geworden und macht den Übergang zur Nachhaltigkeit widerstandsfähiger gegenüber politischen Verschiebungen. Wenn die USA wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen sie in gewissem Maße ihre Klimabemühungen fortsetzen."
Inflationäre Wirtschaft
Trump hat Zölle in Höhe von 60 Prozent auf chinesische Einfuhren und zehn bis 20 Prozent auf Waren aus anderen Ländern angedeutet. Sollte dies umgesetzt werden, wird es sich inflationär auswirken und die Preise in den USA in die Höhe treiben. Das Gleiche ist von seinen Plänen für niedrige Unternehmenssteuersätze zu erwarten. "Dies führt wahrscheinlich zu einer weiteren Ausweitung des US-Haushaltsdefizits und einem noch schnelleren Anstieg der Verschuldung im Vergleich zum BIP, wodurch das US-Wirtschaftswachstum und die Inflation kurzfristig angekurbelt werden. Darüber hinaus wirkt eine Verringerung der Einwanderung auch inflationär, da der US-Arbeitsmarkt bereits angespannt ist. Ein geringeres Arbeitskräfteangebot würde einen Aufwärtsdruck auf die Löhne ausüben", gibt de Wildezu bedenken.
Höhere Zinsen, aber auch in Europa?
Höhere Inflation und Wirtschaftswachstum bedeuten wahrscheinlich, dass die Fed im nächsten Jahr weniger Zinssenkungen vornehmen wird. Dies bedeutet, dass die Renditen von US-Staatsanleihen auf kurze Sicht auf einem höheren Niveau bleiben werden. Sorgen über die Tragfähigkeit der US-Schulden würden den Aufwärtsdruck auf die Renditen verstärken. Wie die Kurse in der Eurozone auf ein solches Szenario reagieren werden, ist noch unklar. Der Euroraum könnte mit der Einführung von Zöllen zurückschlagen, wobei ein Handelskrieg die Eurozone unverhältnismäßig stark treffen würde, da diese stärker vom Export abhängig ist. Folglich könnte ein geringeres Wirtschaftswachstum ein Gegengewicht zum anfänglichen Preisauftrieb durch die verhängten Zölle bilden. Dies könnte die EZB zu aggressiveren Zinssenkungen veranlassen, was wiederum zu niedrigeren Anleiherenditen führen würde. Allerdings hat Trumps vorherige Amtszeit gezeigt, dass alle Äußerungen Teil seiner Verhandlungstaktik sind. Wir halten es daher für unwahrscheinlich, dass er einen Universalzoll verhängt, da dies den großen amerikanischen Unternehmen, die ihn unterstützt haben, schaden würde.
Empfehlung, pragmatisch zu bleiben
Die Renditen längerfristiger Anleihen der Eurozone sind in den letzten Wochen im Einklang mit ihren amerikanischen Pendants gestiegen. Dies zeige, so de Wilde, dass die Entwicklung am US-Anleihemarkt zumindest kurzfristig für die längerfristigen Renditen der Eurozone ausschlaggebend ist, unabhängig von den potentiellen Wachstums- und Inflationsergebnissen der Eurozone. "Die kurzfristigen Anleiherenditen im Euroraum scheinen durch das erwartete geringere Wachstum und die damit verbundene höhere Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen getrieben zu sein." (kb)