Tour d'Horizon von Axel Weber: Die Liquiditätsentwicklung entscheidet
Der ehemalige Bundesbank- und langjährige UBS-Verwaltungsratspräsident eröffnete mit seinem Vortrag den zweiten Tag am Institutional Money Kongress in Frankfurt. Dabei rollte er sein Big Picture aus. Tenor: Die globale Liquiditätsentwicklung sei stets zu beachten, da ihr eine wichtige Rolle zukomme.

Wie sehr der Aktienboom mit der Geldpolitik korreliert, wird beim Vergleich der Entwicklung des S&P 500 Index mit dem Pfad der kumulierten Geldmenge der führenden Zentralbanken des Westens sichtbar. Bei Krisen würden die Notenbanken die Geldmenge erhöhen, was US-Aktien steigen lasse. Auffällig sei, so Professor Axel Weber, dass dieser enge Zusammenhang mit dem Quantitative Tightening (QT) abgebrochen sei. Denn die US-Aktien fielen, die Zinsen steigen und die Geldmenge schrumpfte. Und 2023 und 2024 stieg der US-Aktienmarkt um jeweils mehr als 20 Prozent, während die Notenbanken die zuvor stark gestiegene Geldmenge wieder langsam einfingen und sich die Liquidität damit verringerte. Weber: "Game Changer ist hier die Hoffnung auf Generative AI, wobei eine Bepreisung der Zukunft einer neuen Technologie im Fokus steht. Die USA ist der globale Geldmagnet und zieht Liquidität an."
Trump und die Zölle
Was den Bereich des Kapitalverkehrs betreffe, so Weber weiter, hoffe die USA, dass sich nichts ändern werde. doch hier liege sie wohl falsch, denn die USA sei abhängig von den Zuflüssen aus dem Ausland.
Was geschieht bei den Zentralbankbilanzen?
Gegenwind voraus, heißt es da. Nach mehr als einer Verzehnfachung der Bilanzsumme der EZB mit dem Höhepunkt vo zirka 9.000 Milliarden durch Quantitative Easing erfolgt ein Abbau, der beim Auslaufen der TLTROs schneller vonstattenging, ansonsten aber langsamer durch die Zurückführung der diversen Ankaufprogramme der EZB vor sich geht. Im Februar erreichte die Bilanzsumme der EZB 6.000 Milliarden. Die Liquidität bleibe aber trotzdem hoch, so Weber weiter. Man dürfe nicht vergessen, dass die EZB-Bilanzsumme von 750 Milliarden vor 20 Jahren komme.
Sorge um die Verteilung der Liquidität
Wenn FED und EZB Staatsanleihen verkaufen und weniger Staatsanleihen bei den Zentralbanken platziert werden, muss mehr Material am Markt untergebracht werden, wodurch die Zinsen steigen. Trumps Ideen, die Halter von US-Treasuries zu zwingen, ihre Bestände in hundertjährige Zerobonds zu tauschen, sind gefährlich. Auch ein Handelskrieg wird wohl dazu führen, dass seitens des Auslands weniger Treasuries vom Ausland nachgefragt werden. Weber: "Die USA spielt hier mit dem Feuer, denn es könnte zu einem Streik der ausländischen Käufer kommen." Die USA seien nun einmal auf Zuflüsse aus dem Ausland angewiesen.
Zinssenkungen
Diese werden weniger oft und später als vom Markt noch vor einigen Monaten erwartet stattfinden. Aus dem Fed Dot Plot geht hervor, dass die Gouverneure mit zwei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte (bps) zum Jahresende 20205 mit einem Leitzins von 3,75 Prozent rechnen. Interessanter sei allerdings laut Weber die Langfristprognose, die bei ungefähr drei Prozent liege: "Dies impliziert eine Erwartung des Realzinses von einem Prozent angesichts des Inflationsziels der FED von zwei Prozent, während man im Euroraum für den Realzins nur null bis 0,5 Prozent erwarten kann." Bei zwei Prozent Inflation und einer Zinserwartung von zwei Prozent bleibt keine Realrendite bei Bonds übrig. Wenn keine positive Realrendite zu erzielen ist, dann gibt es kein erfolgreiches Investitionsmenü, wie Weber formuliert.
Inflation
Die von Trump verhängten Zölle werden aufgrund der Erstrundeneffekte zu einer steigenden Inflation in den USA führen, was Trumps Ankündigung, die Inflation bekämpfen zu wollen, zuwiderläuft. Vorstellbar sind aber auch Zweitrundeneffekte bei der Inflation. Generell ist die Inflation in den USA und der EU zwar zurückgekommen, aber das beidseitige Inflationsziel von zwei Prozent ist noch nicht erreicht.
Weber spricht hier von einer "Hartnäckigkeit auf der letzten Meile". So könnten die Zentralbanken die Zinsen kaum senken, ohne in ein Glaubwürdigkeitsproblem hineinzulaufen. Im Auge muss man immer die längerfristigen Inflationserwartungen des Marktes haben. Sollten sich diese dauerhaft deutlich über zwei Prozent verfestigen, wird es für die Notenbanken schwierig, an Zinssenkungen zu denken.
Konjunktur
Das US-Wirtschaftswachstum wird durch die Zölle einen Dämpfer erleiden. Die Wachstumsprognosen für die USA sind zuletzt immer weiter abgesenkt worden. Für die Notenbank bedeutet das, dass der Konflikt zwischen Konjunktur- und Zinssteuerung zunimmt. Gut sei, dass die Zinsstrukturkurve positiv geworden sei, da es bei einer negativen in der Vergangenheit oft zu einer Rezession gekommen sei. So war die Rezessionswahrscheinlichkeit vor Trumps Zollideen gering, seither ist sie aber gestiegen.
Wenn es zu einer Rezession kommt, dann gehen die Zentralbanken mit 300 bps bei den Leitzinsen nach unten, ansonsten nur mit 50 bps. Die Historie zeigt, dass bei einem Soft-Landing ohne Rezession US-Aktien nach einer Zinssenkungen um 20 Prozent in den nächsten zwölf Monaten steigen, bei Zinssenkungen im Falle einer Rezession, der Aktienrückgang zwar abgefedert wird, der Aktienmarkt aber trotzdem noch um zehn Prozent fällt. In der Regel geben Zinssenkungen ein positives Signal für den Aktienmarkt.
Wechselkurs
Trump wünscht sich einen schwachen US-Dollar. Da aber die Dollarzinsen höher als die Eurozinsen sind, bedeutet das eher eine stärkeren Dollar. Dazu kommt noch unterstützend die gegenüber der Eurozone bessere US-Wirtschaftsentwicklung. Beim Schweizer Franken sieht die Sache anders aus. Trotz des um ca. 1,5 Prozent gegenüber dem Euro niedrigerem Zinsniveaus kommt Kapital in die Schweiz, dass dem Frankenkurs Auftrieb gibt.
Allokation
2024 hat man bei Bonds nur bei Eingehen eines deutlich höheren Risikos, sprich im High Yield-Bereich, Rendite gemacht. Bei Aktien ist zu berücksichtigen, dass der MSCI World ex USA keine Performance erbracht hat, 2024 war - so wie auch 2023 - ein außergewöhnlich gutes Aktienjahr, beide mit jeweils mehr als 20 Prozent Performance. Das letzte Mal, als dies geschah, folgte darauf das Platzen der Dot-Com-Blase, was drei negative Börsenjahre hintereinander bedeutete. Langfristig habe man mit Aktien - konkret von 1950 bis 2024 -jedenfalls 9,2 Prozent pro Jahr am Aktienmarkt verdient, sodass man längerfristig mit einer guten Aktienperformance rechnen kann.
Aktuell ist das Risiko hoch, dass Trump ein Aktien-Negativum ist. Weber erwartet für 2025 eingetrübte Aussichten. Im Fall eines Handelskrieges müsse man aufpassen, dass durch die Reziprozität bei Zöllen nicht alles abwärts geht. Die Idee, die amerikanischen Mega Techs wie Google, Amazon & Co. in Europa zu besteuern, ist angesichts der hohen Abhängigkeit etwa von Microsoft wenig erfolgversprechend. Von dieser Abhängigkeit loszukommen, ist alles andere als einfach, gibt Weber zu bedenken.
Gold
Im Q&A auf das gelbe Metall angesprochen, sagte Weber, dass Zentralbanken als große Goldkäufer auftreten. China etwa verkauft Dollar und kauft Gold. Die Zentralbanken agieren als fundamentale Nachfrager, die schon aus Diversifikationserwägungen Dollar abgeben und Gold erwerben. Auch Private fragen via ETFs wieder Gold netto nach. Zudem habe sich, so Weber, Gold vom Realzins entkoppelt. Gold steht seiner Ansicht nach vor einem weiteren Anstieg. (kb)