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Subventionswettlauf in der EU gefährdet den Wohlstand

Subventionen sind in der Europäischen Union (EU) verboten, da sie nicht mit dem Ziel eines Binnenmarkts mit freiem Wettbewerb vereinbar sind. So sieht es der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vor (Artikel 107 Abs. 1 AEUV). Soweit die hehre Theorie.

Philipp Immenkötter, Senior Research Analyst bei Flossbach von Storch, ist kein Freund des Subventionsfüllhorns in der EU.
Philipp Immenkötter, Senior Research Analyst bei Flossbach von Storch, ist kein Freund des Subventionsfüllhorns in der EU.© Flossbach von Storch

Der Binnenmarkt ist ein Kernstück der Union, der den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Arbeitskräften und Kapital ermöglichen soll. Soweit die guten Vorsätze
Innerhalb der letzten zehn Jahre haben die 27 EU-Mitgliedsstaaten nach Angaben der EU rund 2,5 Billionen Euro an Subventionen direkt an Unternehmen gezahlt. Allen voran Frankreich mit direkten Beihilfen in Höhe von 654 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland mit 468 Milliarden Euro. "Die Höhe der direkten Subventionen der beiden Länder ist vergleichbar mit der gesamten Wirtschaftsleistung (BIP) von Kroatien oder Bulgarien in dem Zeitraum", konstatiert Philipp Immenkötter, Senior Research Analyst bei Flossbach von Storch.

Die Übeltäter entlarvt
In Relation zur Wirtschaftsleistung hat Belgien durchschnittlich mit 4,0 Prozent des BIP die höchsten direkten Subventionen in den vergangenen zehn Jahren gezahlt. Frankreich liegt mit durchschnittlich 2,7 Prozent des BIP auf Platz zwei.

Direkte Subventionen geben jedoch nur einen kleinen Einblick in das Universum staatlicher Förderprogramme. Die Summe aller staatlichen Beihilfen liegt weitaus höher, da indirekte Subventionen, Steuererleichterungen, Investitionszuschüsse und Kapitalbeteiligungen nicht in der EU-Statistik berücksichtigt werden. In Deutschland liegen beispielsweise nach Berechnungen des Kieler Institutes für Weltwirtschaft die gesamten Subventionen bei dem 3,6-fachen der Angaben der EU.

Eine Dynamik hat sich aufgetan
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Während in den zehn Jahren vor der Coronakrise die Höhe der direkten Subventionen als Anteil am BIP konstant blieb und zu Teilen sogar sank, schossen sie während der Krise in die Höhe. Möglich war dies durch Artikel 107 Abs. 2b AEUV, der Ausnahmen für die Beseitigung von Schäden, die durch außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, einräumt", vermutet Immenkötter. Nach der Krise sei die Höhe der direkten Subventionen jedoch nicht wieder auf das Niveau der Vorkrisenzeit abgesunken, so Immenkötter weiter. Jüngst lagen die direkten Subventionen im Durchschnitt der Mitgliedsländer bei etwa 2,0 Prozent des BIP. Vor der Coronakrise betrugen sie über lange Zeit rund 1,5 Prozent.

Kein schöner Befund
21 der 27 EU-Mitgliedsstaaten haben im ersten Halbjahr 2023 rund ein Drittel mehr direkte Subventionen als im Schnitt über einen gleichlangen Zeitraum vor der Pandemie gezahlt. Besonders stark ist der Anstieg an direkten Subventionen in Belgien und Frankreich ausgefallen. Lediglich sechs Ländern haben die Menge der gezahlten direkten Subventionen abgesenkt.

Ausnahmen bestätigen die Regel
Durch „wichtige Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse“ oder „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“ kann ebenfalls das Subventionsverbot umgangen werden (Art 107 Abs. 3b AEUV). Immenkötter führt dazu aus: "Der Green Deal von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft in der Europäischen Union zu solch einem gemeinsamen Interesse erhoben. Auch der Angriff Russlands auf die Ukraine stellte aus Sicht der Europäischen Kommission eine solche Störung dar. Die Liste der offiziell genannten „Befristeten Rahmen zur Krisenbewältigung“ ist mittlerweile lang. Es reiht sich Ausnahme an Ausnahme und Verlängerung einer Ausnahme an die Nächste.4 Es ist zum Normalfall geworden, dass das Subventionsverbot umgangen wird."

Milliardenbeträge werden von den EU-Staaten in die Wirtschaft gepumpt
Die Politik möchte die Wirtschaft fördern und formen, beispielsweise bei Schlüsseltechnologien. Unternehmen halten die Hände auf, die Staaten geben gerne und die Europäische Kommission nickt die Beihilfen ab.

Der Subventionswettlauf ist in vollem Gange
Doch durch Subventionen werde der Wettbewerb in der EU verzerrt, sagt Immenkötter. "Produzenten bieten Güter wie E-Autos oder Solaranlagen zu Preisen an, die ohne Subventionen nicht möglich wären. Länder mit einem hohen Steueraufkommen oder großem Potential, weitere Schulden aufzunehmen, können ihrer Wirtschaft großzügiger unter die Arme greifen oder Industrien durch Fördermittel anlocken. Kleine oder hoch verschuldete Länder haben das Nachsehen."

Gespaltene Reaktionen
Daher stößt der Subventionswettlauf nicht bei allen Mitgliedsländern auf Begeisterung. "Während die deutsche Regierung sogar auf eine Lockerung der Beihilfenverordnung pocht, befürchten kleinere Unionsmitglieder wie Tschechien oder hochverschuldete Staaten wie Italien, dass sie mit der Finanzkraft der großen Volkswirtschaften wie Deutschland nicht mithalten können. Eine weitere Lockerung der Beihilferegeln könnte in einer noch stärkeren Wettbewerbsverzerrung enden", gibt Immenkötter zu bedenken.

Résumé
Der Binnenmarkt ist das Herzstück der EU, der für kleine und große, neue und alte Mitgliedsländer Wachstum und Wohlstand gebracht hat. Das Subventionsverbot dient dazu, einen funktionierenden Binnenmarkt zu erhalten. "Die ständige Umgehung des Subventionsverbots in der EU verzerrt jedoch den Wettbewerb und unterminiert den Binnenmarkt", kritisiert Immenkötter. "Dadurch ist langfristig der Wohlstand in der Union gefährdet." (kb)

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