Studie: Investmentfonds dominieren die institutionelle Kapitalanlage
Mit investierten Finanzaktiva von 3.049 Milliarden Euro sind Versicherungen und Pensionseinrichtungen die mit Abstand größten Segmente des institutionellen Investments. im deutschen Asset-Management. Eine Studie hat deren Entwicklung während der vergangenen 18 Jahre untersucht.

Seit 2006 berät das auf das in institutionelle Asset-Management spezialisierte Beratungshaus Kommalpha in Isernhagen nahe Hannover Anbieter wie Verwahrstellen und Custodians, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Asset-Manager, Vermögensverwalter sowie die Investorenseite mit Versicherungen, Pensionsvermögen und IT-Anbieter. In einer umfangreichen Studie haben die Kommalpha-Spezialisten jetzt die Entwicklung der Finanzaktiva von Versicherungen und Pensionseinrichtungen während der vergangenen 18 Jahre analysiert. Die Redaktion hatte die Möglichkeit, einen ersten exklusiven Blick in die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zu werfen, die im Laufe des Tages veröffentlicht wird.
Versicherungen und Pensionseinrichtungen sind die mit Abstand größten Investorensegmente im deutschen Asset-Management-Markt. Die Gesamtsumme der Finanzaktiva beträgt per Ende 2023 fulminante 3.049 Milliarden Euro, das entspricht einer Verdoppelung der investierten Mittel seit dem Jahr 2005. Investmentfonds und insbesondere Spezialfonds sind dabei die deutlich dominierende Anlageform der Kapitalanlagen. Seit 2005 wurden 63 Prozent des enormen Wachstums der Finanzaktiva in Investmentfonds allokiert.
Auch wenn der Trend der Verlagerung zur indirekten Kapitalanlage zuletzt etwas ins Stottern geraten ist: Investmentfondsanteile sind mit 1.289 Milliarden Euro und einem Anteil von über 42 Prozent die deutlich dominierende Anlageform der Finanzanlagen der Betrachtungsgruppe. Die Entwicklung der Fondsquote ist dabei eindrucksvoll. Sie stieg von 22 Prozent und einem Bestand von 356 Milliarden Euro per Ende 2005 um 933 Milliarden Euro an.
Anteilsrechte als zweitgrößte Komponente machen 510 Milliarden Euro und einen Anteil von knapp 17 Prozent der Finanzaktiva von Versicherungen und Pensionseinrichtungen aus, und Schuldverschreibungen beziehungsweise Bonds liegen auf Rang drei mit 473 Milliarden Euro. Allerdings haben deutliche Bewertungseffekte aufgrund der Zinssteigerungen ab Frühjahr 2022 den Bestand um rund 80 Milliarden Euro reduziert. "Die langen Durationen und somit hohen Zinsrisiken, die insbesondere Versicherungen in der letzten Dekade eingegangen sind, haben sich gerächt", kommentiert Clemens Schuerhoff, Vorstand bei Kommalpha, die Ergebnisse der Analyse.
Das rund 80 Seiten umfassende Ergebnisdokument der Untersuchung, die von Bayern LB/Bayern Invest, Deutsche Apotheker- und Ärztebank sowie Securities Services BNP Paribas und Universal Investment als Sponsoren begleitet und unterstützt wurde, stellt Kommalpha kostenfrei auf seiner Homepage zur Verfügung. Die wesentlichen Erkenntnisse haben wir im Folgenden zusammengefasst:
Die Auswertungen basieren auf Datensätzen, die von der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellt werden. Dabei handelt es sich um rund 870.000 Datenpunkte der letzten 18 Jahre mit Datenstichtag 31. Dezember 2023, die Kommalpha strukturell und gemäß der inhaltlichen Logik aufbereitet hat.
Versicherungen und Pensionseinrichtungen sind die mit Abstand größten und wichtigsten Marktteilnehmer im deutschen institutionellen Finanzmarkt. Die Summe der Finanzaktiva beträgt imposante 3.048,5 Milliarden Euro per Ende 2023 und hat in den letzten 18 Jahren um rund 1.468 Milliarden Euro fast verdoppelt. Pensionseinrichtungen sind dabei das Investorensegment mit den in Relation größten Wachstumsraten der Finanzaktiva. Ihre Finanzanlagen haben sich im Betrachtungszeitraum fast verdreifacht.
Investmentfondsanteile sind mit 1.289 Milliarden Euro und einem Anteil von über 42 Prozent die deutlich dominierende Anlageform der Finanz- anlagen der Betrachtungsgruppe. Die Entwicklung der Fondsquote ist dabei eindrucksvoll. Sie stieg von 22 Prozzent und einem Bestand von 356 Milliarden Euro per Ende 2005 um 933 Milliarden Euro an. Anteilsrechte machen 510 Milliarden Euro und einen Anteil von knapp 17 Prozent der Finanzaktiva der betrachteten Branchen aus. Schuldverschreibungen folgen mit 473 Milliarden Euro und Kredite mit 334 Milliarden Euro. Bargeld und Einlagen schließen sich mit immerhin noch 260 Milliarden Euro und einem Anteil von knapp neun Prozent an.
Lebensversicherungen sind diegrößte Anlegergruppe in Investmentfonds mit einem Volumen von 573,5 Milliarden Euro und einem Anteil von 44,5 Prozent des Gesamtbestands an Investmentfonds. Pensionseinrichtungen folgen auf Platz zwei mit 467,5 Milliarden Euro und einem Anteil von 36,2 Prozzent. Nicht-Lebensversicherungen schließen sich mit 230,6 Milliarden Euro an. Für Rückversicherungen spielen Investmentfonds eine untergeordnete Rolle.
Die Bedeutung von Investmentfonds an den jeweiligen Finanzaktiva ist sehr unterschiedlich. Die Fondsquote ist bei Pensionseinrichtungen mit 69 Prozent mit Abstand am höchsten, gefolgt von Lebensversicherungen mit 49 Prozent und Nicht-Lebensversicherungen mit 33 Prozent. Für Rückversicherungen spielen Investmentfonds bei der Allokation ihrer Finanzaktiva mit rund drei Prozent kaum eine Rolle.
Rund 63 Prozent des Wachstums der Finanzaktiva wurden im Betrachtungszeitraum in Investmentfonds allokiert. Das ist bemerkenswert und zeigt den strategischen Trend zur Verlagerung von der direkten zur indirekten Kapitalanlage klar auf.
Bezüglich der langfristigen Entwicklung der Fondsquote an den jeweiligen Finanzaktiva wird sehr deutlich, dass Pensionseinrichtungen im Betrachtungszeitraum mit einigem Abstand immer die höchste Fondsquote aufwiesen. Pensionseinrichtungen sind in Relation zu den übrigen Sparten die am stärksten wachsende Anlegergruppe im Fondsgeschäft. Der von ihnen gehaltene Bestand an Investmentfonds hat sich in den letzten 18 Jahren verfünffacht, die Fondsquote hat sich dabei um 34 Prozentpunkte verdoppelt.
Bezüglich der Domizilierung der Fondsemittenten liegen Daten nur für Versicherungen vor. Es ist festzustellen, dass in Deutschland domizilierte Investmentfonds mit einem Bestand von 617 Milliarden Euro und einem Anteil von 75,1 Prozent dominierend sind. Das Fondsgeschäft mit Versicherungen ist zu drei Viertel in deutscher Hand, dabei spielen Anlagen in deutsche Spezialfonds die Hauptrolle.
Am Spezialfondsmarkt sind Altersvorsorgeeinrichtungen die größte Anteilseignergruppe mit 562 Milliarden Euro und einem Marktanteil von rund 27,6 Prozent. Versicherungen rangieren auf Platz zwei mit 549 Milliarden Euro und einem Marktanteil von 27 Prozent fast gleichauf. Die beiden Betrachtungsgruppen sind somit mit einem Spezialfondsvolumen in Höhe von 1.111 Milliarden Euro und einem Marktanteil von fast 55 Prozent die Eckpfeiler des deutschen Spezialfondsgeschäfts.
Bei Versicherungen scheint die Ära des sehr hohen Niveaus von Nettomittelaufkommen in Spezialfonds vorbei zu sein. Seit 2015 ging es abwärts. Im Jahr 2023 ist das Nettomitte- laufkommen auf magere 461 Millionen Euro eingebrochen. Das ist ein historisch geringer Wert, der als dramatisch bezeichnet werden kann. Die Mittelzuflüsse von frischer Liquidität befinden sich allerdings nach wie vor auf relativ hohem Niveau. Die Quote, was von der jährlich frisch zugeführten Liquidität netto in den Spezialfondsmandaten von Versicherungen gelandet ist, hat sich seit 2017 konstant reduziert. Am deutlichsten ist dies im vergangenen Jahr, wo von 34,2 Milliarden Euro lediglich ein mickriges Prozent netto in den Spezialfondsmandaten verblieben ist. In den Jahren davor pendelte diese Quote zwischen 15 Prozent und 30 Prozent.
Das jährliche Nettomittelaufkommen von Altersvorsorgeeinrichtungen in Spezialfonds befindet sich im Betrachtungszeitraum auf sehr hohem Niveau, bis 2023 der heftige Einbruch kam. Die Nettoflows sanken auf 1,3 Milliarden Euro, ebenfalls ein historisch geringer Wert. Im Vergleich zu Versicherungen landet bei Altersvorsorgeeinrichtungen von der dotierten frischen Liquidität deutlich mehr netto in Spezialfonds. Die Quote rangiert im Betrachtungszeitraum zwischen 35 Prozent und 67 Prozent, wenn nur das Jahr 2023 nicht wäre. Dort landeten von der frischen Liquidität nur drei Prozent netto in Spezialfonds.
Aufgrund der Zinswende im Frühjahr 2022 samt massiver Abwertungen von Bondsbeständen sowie stockender Dotierungen haben sich die Kapitalanlagen und insbesondere das Spezialfondsgeschäft der Betrachtungsgruppen jüngst verhaltener entwickelt. Es lassen sich signifikante Entzüge von Liquidität aus dem Spezialfondsmarkt feststellen, welche Verwendung in der Direktanlage, außerhalb des Spezialfondsmantels oder für geschäftliche Zwecke finden.
Die langfristige Perspektive und das entsprechende Potenzial für die Asset-Management-Industrie hängen laut den Urhebern der Studie von vier Themengebieten ab: der Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle und der Beitragssituation, der Zinsentwicklung, der Demografie sowie diverser exogener Faktoren wie der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung, der Inflation und dem Fortgang bei geopolitischen Konflikten und Kriegen sowie möglichen Krisen an den Finanzmärkten. (hh)