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Robert Beer über das Allzeithoch trotz Rezession

Der Gründer und Geschäftsführer von Robert Beer Investment analysiert die aktuelle Situation am deutschen Aktienmarkt, der trotz aller Widrigkeiten in der Nähe des Tops notiert und leitet darauf aufbauend eine Handlungsempfehlung ab.

Robert Beer, Robert Beer Investment
Robert Beer, Robert Beer Investment

© Christoph Hemmerich / Institutional Money

Die deutsche Wirtschaft ist zwei Quartale in Folge geschrumpft und somit amtlich in einer „technischen Rezession“. Auch für den restlichen Jahresverlauf sind viele Volkswirte skeptisch. Die Gründe dafür sind neben der unsicheren innenpolitischen Lage auch die geopolitischen Spannungen sowie die Sorgen, inwieweit die Inflation und darauf basierend die steigenden Zinsen die Wirtschaft und den Konsum dämpfen. Andererseits liefern die in den letzten Jahren verabschiedeten Vorhaben, wie bspw. der Inflation Reduction Act in den USA oder die Investition über das Bundeswehr-Sondervermögen noch viel Unterstützung für die Wirtschaft, rekapituliert Dipl. - Ing. Robert Beer, Gründer und Geschäftsführer von Robert Beer Investment, die jüngsten Entwicklungen.

Gelingt das erwünschte Soft Landing?
Während sich normalisierende Energiepreise und die Entspannung der Lieferketten in den kommenden Monaten vermutlich in sinkenden Inflationsraten widerspiegeln werden, bleibt die Auftragslage hoch sowie die Arbeitslosigkeit niedrig.

"In Summe scheint es, als ob das von den Notenbanken gewünschte „soft landing“ eine realistische Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist und die Rezession auf dem Papier zwar eingetreten ist, man davon - außer im Neubau von Immobilien und einzelnen Bereichen des Konsums - bislang wenig merkt", hält Beer fest.

Blue Chips, insbesondere die defensiven Werte, halten sich wacker
Vor diesem Hintergrund haben Blue Chip Aktienindizes die freundliche Tendenz weitgehend fortgesetzt und in Europa teilweise sogar neue Allzeithochs erklommen. Insbesondere Blue Chip Werte mit starken Marktpositionen und stabilen Geschäftsmodellen sind nachgefragt. So zählt im DAX40 neben Münchner und Hannover Rück auch Beiersdorf zu den Top-Performern auf Jahressicht. Das stabile Markengeschäft rund um Nivea und Eucerin gepaart mit globaler Fokussierung auf Zielgruppen sowie die Fantasie einer Margenausweitung sind hier die Treiber der Entwicklung. Auf europäischer Ebene sind die Treiber des Anstiegs zusätzlich noch die Luxuskonzerne Hermes und LVMH sowie SAP und Prosus als Vertreter der Software bzw. Technologiebranche.

Abnehmende Marktbreite
Die Top Techwerte sind es auch, die die Entwicklung in den USA dominieren. Ohne die Aktien von Apple, Microsoft, Nvidia und Co. wären die meisten Indizes seit Anfang Januar unverändert.

Die Marktbreite mahnt laut Beer zur Vorsicht, zumal die extrem gut gelaufenen Werte eines eint: Eine meist sportliche Bewertung. So wird Nvidia derzeit etwa mit mehr als dem 25-fachen Umsatz bewertet. Sicher sind die Gewinnmargen hoch und die Umsätze werden aller Voraussicht nach steigen. Ob ein KGV von 200 gerechtfertigt ist und das unbestritten tolle Unternehmen die Billionenbewertung verteidigen und ausbauen kann, wird sich jedoch zeigen.

Auch in Europa und Deutschland dominieren Blue Chips, weist Beer hin: So liegt der DAX40 seit 01.2021 gut 15 Prozent im Plus, während der MDAX im gleichen Zeitraum mehr als zehn Prozent nachgegeben hat.

Angstbarometer auf niedrigem Stand
So sei eine gewisse Sorglosigkeit an den Aktienmärkten eingekehrt. Ausgedrückt wird dies unter anderem in extrem niedrigen Schwankungen und deutlich reduzierten Volatilitätsniveaus. Der VDAX notiert aktuell wieder unter dem langfristigen Mittel. Werte um 16 bedeuten alles andere als Angst – noch vor acht Monaten haben Werte knapp unter 40 für höchste Anspannung gesorgt. Und dass, obwohl viele Risiken und Konfliktherde weiterhin brodeln und ungelöst sind.

Neben geopolitischen Faktoren sind dies allem voran die steigenden Zinsen und immer noch erhöhten Inflationsraten. Zudem die Sorgen rund um den Immobilienmarkt (nicht umsonst sind Immobilienaktien wie Vonovia auf zwölf Monate massiv im Minus). Die Bankenprobleme in den USA, eine stockende Erholung mit Immobiliensorgen in China sowie teils sehr hohe Bewertungen bei Einzelaktien nicht zu vergessen.

Qualitätsaktien kaufen, aktives Management unverzichtbar
"Daher bleiben wir bei unserer Meinung der letzten Monate. Während für kurzfristig orientierte Anleger der Zinsanstieg wieder Alternativen bedeutet, bieten Aktien unter Renditeaspekten für den langfristigen Investor weiterhin die attraktivsten Aussichten. Da kurzfristig jederzeit negative Nachrichten die Anleger verunsichern können und insbesondere Nebenwerte unter der aktuellen Entwicklung leiden, sollten in den kommenden Monaten qualitativ hochwertige Blue Chip Aktien mit soliden Gewinnen und Marktpositionen bevorzugt, auf eine breite Streuung geachtet und auf ein aktives Risikomanagement Wert gelegt werden", empfiehlt der Fondsmanager abschließend. (aa)

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