Peter E. Hubers Generalabrechnung: Gefallene Engel sind im Fokus
„Was die Herde am meisten hasst, ist der Andersdenkende. Es geht nicht so sehr um die Meinung selbst, sondern um die Kühnheit, selbst denken zu wollen, etwas, das sie nicht können“ - Zitat Arthur Schopenhauer. Peter E. Huber liebt dieses Zitat, ist er doch selbst alles andere als ein Herdentier.
Eines der hartnäckigsten Börsennarrative laute, so Peter E. Huber, Fondsmanager-Urgestein bei Taunus Trust, dass man gute Aktien kaufen müsse. Bei Qualitätsaktien leuchten die Augen der meisten Investoren. Wobei man unter Qualität eine solide Bilanz, gute Gewinnentwicklung und positive Wachstumsaussichten versteht – oft gepaart mit einer langfristigen Aufwärtsbewegung der Aktienkurse und einer hohen Bewertung. Denn Qualität hat ja schließlich ihren Preis, das versteht sich von selbst.
Wenn Qualitätsaktien einmal nicht liefern, geraten sie in des Teufels Küche
Läuft es mal nicht so gut läuft, führt das zu einem doppelt negativen Effekt. Peter E. Huber dazu: "Die Kurse sinken wegen der rückläufigen Gewinne und gleichzeitig sinken die Bewertungen. Nestle, Daimler, Intel oder Bayer galten vor nicht allzu langer Zeit noch als beste Qualität, heute sind die Kurse im Keller. Wenn man genauer hinschaut, sind die Börsenfriedhöfe gefüllt mit ehemaligen Qualitätsaktien. Deshalb lautet unser Credo: Man muss nicht gute Aktien kaufen, sondern Aktien gut kaufen. Der Gewinn liegt im Einkauf."
Ein starkes Plädoyer für eine antizyklische Anlagestrategie
Peter E. Huber führt aus: "Wir bedienen uns deshalb bei der Suche nach attraktiven Ländern, Branchen und Einzelwerten der 3-U-Methodik. Sie müssen unbeliebt, unterbewertet und in den Depots untergewichtet sein. In einer Zeit, in der viele Börsenindizes auf historischen Höchstständen notieren, ist dies wahrlich kein leichtes Unterfangen. Aber Gott sei Dank gibt es auch derzeit viele „gefallene Engel“, so dass man immer noch attraktive Portfolios mit einer niedrigen Bewertung zusammenstellen kann.
Die meisten Anleger verhalten sich extrem prozyklisch!
Leider geht der Mainstream derzeit genau in die entgegengesetzte Richtung. So flossen nach dem Wahlsieg von Trump dreistellige Milliardenbeträge euphorisierter europäischer Anleger in überteuerte US-Aktien. Man hofft, dass die geplante Deregulierung, niedrigere Steuern und eine Befreiung von der staatlichen Umverteilungswirtschaft Marktkräfte freisetzt und Innovationsschübe auslöst. Doch ist ein solches Verhalten extrem prozyklisch, nachdem die Börsenkurse den Unternehmensgewinnen bereits weit vorausgeeilt sind.
Quelle: Taunus Trust
Auch andere Indikatoren mahnen zur Vorsicht
So hat die Börsenkapitalisierung von US-Aktien inzwischen 62 Billionen US-Dollar erreicht. Das ist fast das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts. Warren Buffett hat schon 2001 gewarnt: „Wenn das Verhältnis der Börsenkapitalisierung zur Wirtschaftsleistung (BIP) 200 Prozent erreicht, spielt man mit dem Feuer“. Kritisch ist auch der historisch hohe Aktienanteil privater Anleger oder die Extremwerte beim sentix Sentiment – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Quelle: sentix GmbH
Klumpenrisiken beim MSCI-Weltaktienindex
Neben US-Aktien fließt auch viel Geld in die immer beliebteren ETFs auf den MSCI-World-Aktienindex. Huber dazu: "Die gelten inzwischen fast wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Das kann durchaus gut gehen. Der Anleger sollte aber berücksichtigen, dass er damit zwei beträchtliche Klumpenrisiken eingeht. US-Aktien haben in dem MSCI World inzwischen ein Gewicht von über 70 Prozent, und die sieben großen Technologiewerte (Magnificent 7) dominieren den Index. Allein Nvidia ist mehr wert als alle deutschen Aktien zusammen."
Abrechnung mit Europa in seiner derzeitigen Verfasstheit
In Europa wollr uns eine moralisch überhebliche Linke vorschreiben, welche Autos wir fahren dürften, was wir essen sollten, womit wir heizen dürften und wie wir zu sprechen hätten, so Peter E. Huber weiter. Das Ausmaß der Bürokratie werde inzwischen von vielen Unternehmen als existenzielle Bedrohung empfunden. Bürokraten hätten nur zwei Instrumente: Vorschriften und Subventionen. Dies sei die sicherste Methode, um eine Wirtschaft an die Wand zu fahren.
Eine Schlüsselindustrie nach der anderen fährt in die Krise
Nach der chemischen Industrie, dem Maschinenbau und der Stahlindustrie hat man jetzt mit dem Automobilsektor die letzte gesunde Schlüsselbranche ins Visier genommen. Huber konstatiert: "Diese Krise haben wir bereits vorhergesagt, als die EU-Kommission mit stolzgeschwellter Brust das „Verbrenner-Aus“ verkündete. Nächstes Jahr drohen Milliardenstrafen wegen rigide gekürzten CO2-Grenzwerten und dem schleppenden Absatz von E-Autos."
Und nachdem Frau von der Leyen und Frau Baerbock nach Peking reisten, um der chinesischen Führung schwerste Sanktionen anzudrohen, wenn sie Russland weiter unterstützten, seien deutsche Autos auch in China nicht mehr sonderlich beliebt. Zumal gerade bei der E-Mobilität chinesische Anbieter nicht nur technisch aufgeholt hätten sondern auch deutlich preiswerter seien. "Aber so geht es eben, wenn Realpolitik durch die Moralkeule ersetzt wird. Aber mit ein paar Gläsern Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt lässt sich auch im europäischen Industriemuseum die Misere besser ertragen", sagt Huber augenzwinkernd.
Langfristige Anlagestrategie bleibt unverändert
Mit einem breit diversifizierten Portfolio aus niedrig bewerteten Aktien sowie Xetra-Gold und einigen kurzlaufenden Anleihen bester Bonität als Cash-Ersatz ist man laut Peter E. Huber gut aufgestellt. (kb)