Morningstar: Artikel 8-Fonds boomen, Artikel 9-Fonds schwächeln
Zwei Jahre nach Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) ist der Markt der Artikel 8- und Artikel 9-Fonds weiter stark in Bewegung. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse der Kapitalströme beider Fondsgattungen, die Morningstar gerade für das erste Quartal 2023 veröffentlicht hat.

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Laut dem Morningstar-Bericht von Hortense Bioy sammelten Artikel 8-Fonds von Januar bis März trotz anhaltender makroökonomischer Unsicherheiten mehr als 25 Milliarden Euro an Nettoneugeldern ein, doppelt so viel wie im Quartal davor. Artikel 9-Fonds dagegen verzeichneten mit vier Milliarden Euro die bisher niedrigsten Zuflüsse, was vor allem auf die jüngste Welle von Herabstufungen zurückzuführen ist.
Generell mehr rauf als runter gestuft
Seit der letzten Erhebung im Januar haben rund 330 Produkte ihren SFDR-Status geändert, darunter mehr als 260 Fonds, die von Artikel 6 auf Artikel 8 heraufgestuft wurden, und nur etwa ein Dutzend, die von Artikel 9 auf Artikel 8 herabgestuft wurden.
Alles in allem stieg das Vermögen von Artikel 8- und Artikel 9-Fonds im ersten Quartal um mehr als drei Prozent auf 4,9 Billionen Euro. Das ließ ihren gemeinsamen Marktanteil auf den Rekordwert von 57 Prozent anwachsen.
Quartalsweise Flows in und aus Artikel 6, 8 und 9 SFDR-Fonds
Interpretation
„Die ersten drei Monate des Jahres waren geprägt von der Umsetzung der technischen Regulierungsstandards, die die zweiten Stufe der Offenlegungsverordnung vorgibt und die von den Fondsgesellschaften verlangen, in vorvertraglichen Dokumenten und regelmäßigen Berichten mehr Informationen über ihre ESG-Ansätze sowie über die Nachhaltigkeitsrisiken und Auswirkungen ihrer Fonds zu veröffentlichen“, so Hortense Bioy.
Kommen nach den Abstufungsorgien nun wieder Hochstufungen?
Bioys Ansicht nach ist die Welle der Herabstufungen, die im dritten Quartal 2022 begann, wahrscheinlich vorbei und könnte sich jetzt sogar umkehren, nachdem die Europäische Kommission im April klarstellte, dass es keine Mindestanforderungen für nachhaltige Anlagen geben wird. Trotzdem könnten die Aussagen der Kommission zu bestimmten Aspekten der SFDR zu weiteren Neueinstufungen führen.
Due-Diligence-Prüfung bleibt das A und O
Laut Morningstar-Bericht geben mittlerweile fast alle Artikel 9-Fonds an, mindestens 70 Prozent des Fondsvermögens in nachhaltige Anlagen investieren zu wollen, während die verbleibenden Vermögenswerte auf Barmittel und Absicherungsinstrumente entfallen. „Allerdings hat sich die Produktentwicklung verlangsamt, was zum Teil auf das schwierige makroökonomische Umfeld, aber auch auf regulatorische Unsicherheiten und die Angst vor Greenwashing-Vorwürfen zurückzuführen ist“, so Bioy. „Vor diesem Hintergrund und angesichts der Flexibilität, die den Fondsgesellschaften bei der Bewertung des Anteils nachhaltiger Anlagen in ihren Produkten eingeräumt wird, sollten Anleger weiterhin vorsichtig sein und eine angemessene Due-Diligence-Prüfung durchführen.“ (kb)