Logo von Institutional Money
| Märkte

Moody’s Ratingmethodologie: Wachstumstreiber für Corporate Hybrids?

Die im Februar 2024 angepasste Ratingmethodologie von Moody’s sollte zu einem Wachstumsschub am Primärmarkt für Nachranganleihen von Industrieunternehmen (Corporate Hybrids) führen – insbesondere getrieben durch US-Unternehmen.

Ercan Demircan, Portfolio Manager und Analyst Unternehmensanleihen bei Bantleon
Ercan Demircan, Portfolio Manager und Analyst Unternehmensanleihen bei Bantleon© Bantleon

"Bislang haben seit der Standardisierung im Jahr 2012 die europäischen Standards bei den Anleihenbedingungen von Corporate Hybrids den größten Erfolg bei Investoren und Emittenten erzielt. Demgegenüber haben sich amerikanische Corporate-Hybrid-Emissionen aufgrund der komplexeren Strukturen und höheren Fragmentierung global noch nicht so gut etablieren können. Die Annäherung der US-Strukturen bei Corporate-Hybrid-Emissionen an die europäischen Strukturen sollte in den nächsten Jahren auch das Volumen des globalen Corporate-Hybrid-Marktes weiter wachsen lassen", beobachtet Ercan Demircan, Portfolio Manager und Analyst Unternehmensanleihen bei Bantleon.

Die aktuelle Situation in Europa
Trotz des rückläufigen ausstehenden Volumens im europäischen Markt für Corporate Hybrids seit 2021 und der Unsicherheiten aufgrund stark gestiegener Zinsen habe sich der Primärmarkt zuletzt sehr gut erholt, so Ercan Demircan weiter. Dabei hätten auch neue Emittenten wie die Versorger A2A (Italien) und Red Electrica (Spanien) sowie die Energieunternehmen APA Infrastructure (Australien) und Var Energi (Norwegen) den Markt für Corporate Hybrids für sich entdeckt. Die in der Regel 50-prozentige Eigenkapitalanrechnung der europäischen Emissionen verbessere die Kapitalstruktur der Unternehmen, indem sie das Rating bei den Agenturen optimiert und stabilisiert.

USA sind aufgewacht und wollen Rückstand aufholen
Jetzt ist auch auf dem amerikanischen Markt für Corporate Hybrids mit einem soliden Wachstum zu rechnen. Demircan analysiert: "Wir befinden uns an einem sehr interessanten Wendepunkt einer weiteren Globalisierung von Corporate Hybrids. Bislang dominieren die europäischen Standards bei den Anleihenbedingungen von Corporate Hybrids gegegenüber den fragmentierten Strukturen des US-Marktes. Das liegt darin begründet, dass seit der Standardisierung der Anleihenbedingungen durch die Ratingagenturen im Jahr 2012 sich die europäischen Strukturen relativ schnell den Bedürfnissen von Investoren und Emittenten angepasst haben, was zu dem rasanten Wachstum der Anlageklasse beigetragen hat."

Delikate Differenzen bei Corporate Hybrids zwischen USA und Europa
Während in Europa der Coupon eines Corporate Hybrids steuerlich absetzbar ist, lassen die amerikanischen Steuerbehörden den Steuerabzug des Coupons eines Corporate Hybrids mit fester Endlaufzeit nur dann zu, wenn ein Emittent bei Nichtzahlung des Zinses insolvent werden würde. Daher ist der Couponaufschub bei US-Emissionen in der Regel nur für zehn Jahre möglich – danach wird ein Insolvenzereignis ausgelöst. "Dieser Aspekt führte in der Vergangenheit ebenfalls dazu, dass Moody’s den Emittenten für die Emission eines Corporate Hybrids eine nur 25-prozentige Eigenkapitalanrechnung zuteilte", weiß Demircan. Folglich hätten US-Unternehmen mit Blick auf ihre Kapitalstruktur bislang große Anreize, Vorzugsaktien (Preferred Shares) anstelle von Corporate Hybrids zu emittieren, weil Moody’s die Preferred Shares aufgrund ihrer eigenkapitalähnlicheren Struktur mit einer Eigenkapitalanrechnung von 50 Prozent ausstattete (auch wenn die gezahlte Dividende der Vorzugsaktie steuerlich nicht abzugsfähig war).

Gleichstellung von Corporate Hybrids & Vorzugsaktien bei der Eigenkapitalanrechnung
Mit der jüngsten Änderung der Ratingmethodologie sieht Moody’s auch bei amerikanischen Corporate Hybrids eine 50-prozentige Eigenkapitalanrechnung vor. Dies erhöht die Attraktivität von Corporate Hybrids innerhalb der Kapitalstruktur von US-Unternehmen erheblich, solange die Schlüsselkriterien zum optionalen Couponaufschub sowie die Laufzeit von mindestens 30 Jahren eingehalten werden. Deshalb sollte die Kombination aus höherer Eigenkapitalanrechnung und dem Steuervorteil gegenüber Vorzugsaktien bei US-Unternehmen in den nächsten Jahren zu einer vermehrten Emission von Corporate Hybrids mit festen Laufzeiten führen. Damit würden viele Unternehmen ihre Kapitalstruktur auf Ebene der Vorzugsaktien entweder ergänzen oder sogar vollständig ersetzen, vermutet Demircan.

Erste US Corporate Hybrid Bond Emission gemäß neuer Methodologie von Moody's
So hat im Mai 2024 der US-Versorger Dominion Energy einen USD-denominierten Corporate Hybrid gemäß der neuen Methodologie von Moody’s mit 30,75 Jahren Laufzeit, erstem Kündigungstermin nach 5,5 Jahren und einer Rendite von 6,875 Prozent auf den Markt gebracht, um auch einen Teil seiner Vorzugsaktien analog zur Erwartung von Bantleon zurückzukaufen. "Für unseren Publikumsfonds Bantleon Select Corporate Hybrids haben wir aufgrund unserer negativen fundamentalen Einschätzung der Kreditkennzahlen zum Emittenten, aber auch aus Attraktivitätsgründen, an der Neuemission nicht teilgenommen, zumal im Versorgersegment auch genügend attraktive europäische Corporate Hybrids begeben werden", stellt Demircan fest.

Zweiteilung der Corporate-Hybrid-Strukturen zu erwarten
Die sich abzeichnende Annäherung des US-Marktes an die europäischen Standards wird wahrscheinlich zu einer Zweiteilung der Strukturen bei Corporate Hybrids führen: Auf der einen Seite die eher langfristig datierten Corporate-Hybrid-Emissionen mit dem üblichen Coupon Step-Up von kumulativ 100 Basispunkten, welcher einer üblichen europäischen Corporate-Hybrid-Struktur entspricht (mit dem Verlust der in der Regel 50-prozentigen Eigenkapitalanrechnung zum 1. Kündigungstermin). Auf der anderen Seite gewinnt die mindestens 30-jährige Struktur ohne Coupon Step-Up an Popularität, welche im Markt wie eine europäische Corporate-Hybrid-Struktur mit zehn Jahren bis zum ersten Kündigungstermin zu behandeln ist. Erstere Anleihen sollten mittelfristig aufgrund ihrer defensiveren Struktur mit einem geringeren Nicht-Kündigungsrisiko gehandelt werden und entsprechend mit einer Prämie gegenüber letzteren.

Résumé
"Wir sehen diese Entwicklung positiv, da sie das Wachstum der Anlageklasse fördern, die Komplexität auf globaler Ebene reduzieren wird und künftig neue interessante Chancen aus dem Corporate-Hybrid-Segment auf den Markt kommen werden", sagt Demircan. "Durch die Anpassung der Ratingmethodologie von Moody’s ändert sich allerdings eines nicht: Bei Corporate Hybrids sind grundsätzlich eine detaillierte Analyse des Verkaufsprospektes sowie eine sorgfältige Auswahl der Emittenten auf Basis fundamentaler Kennzahlen unerlässlich, was die Notwendigkeit eines aktiven Managementansatzes unterstreicht. Das gilt für positive wie negative Marktphasen gleichermaßen." (kb)


Corporate Hybrids bei Bantleon:
Bantleon bewirtschaftet Corporate Hybrids unter anderem im Anleihenfonds Bantleon Select Corporate Hybrids (LU2038755174), der im Oktober 2019 aufgelegt wurde. Bis zu 35 Prozent des Fondsvolumens (temporär maximal 40 Prozent) dürfen in Nachranganleihen mit Non-Investment-Grade-Rating investiert werden (Emittentenrating liegt ausschließlich im Bereich Investment Grade).

Dieses Seite teilen