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Mohamed El-Erian erwartet deutschen Sputnik-Moment

Der Finanzexperte glaubt, dass Deutschland die aktuellen Herausforderungen in neue Dynamik und Stärke umsetzen kann. Im Interview mit dem "Handelsblatt" spricht er über den Stimmungswandel und die Aussichten für europäische Aktien.

Mohamed El-Erian: "Nun jedoch kommt die Erkenntnis, dass die Dinge, die die gute Stimmung in der Wirtschaft und an den Märkten stören, zuerst in Kraft treten."
Mohamed El-Erian: "Nun jedoch kommt die Erkenntnis, dass die Dinge, die die gute Stimmung in der Wirtschaft und an den Märkten stören, zuerst in Kraft treten."© Chris Ratcliffe / Bloomberg

Der Umschwung am US-Aktienmarkt hat viele amerikanische Investoren unvorbereitet getroffen, sagt Finanzmarktexperte Mohamed El-Erian im Interview mit dem "Handelsblatt". Deshalb komme es gerade zu den dramatischen Kursbewegungen an der Wall Street.

USA erwachen in der Realität
Die US-Investoren würden derzeit die negativen Folgen der neuen US-Wirtschaftspolitik erfahren. Sie seien fälschlicherweise davon ausgegangen, dass alle wichtigen Wirtschaftsmaßnahmen gleichzeitig passieren würden. "Trump hat günstige Energie, weniger Einwanderung, die Reform des öffentlichen Sektors, eine strengere Handelspolitik und Deregulierung versprochen", so El-Erian. "Nun jedoch kommt die Erkenntnis, dass die Dinge, die die gute Stimmung in der Wirtschaft und an den Märkten stören, zuerst in Kraft treten."

Das politische System der USA hält El-Erian zwar für robust, doch die USA würden ihren Vorsprung aufs Spiel setzen. "Wenn man die Demokratie verliert, verliert man die Rahmenbedingungen für den Erfolg", so El-Erian. Das sei derzeit die Sorge vieler Investoren mit Blick auf die USA.

Deutsche Aktien mit Spielraum nach oben
In Deutschland könnten die Erfahrungen der wirtschaftlichen Schwäche und der Abwendung der USA einen Sputnik-Moment auslösen, wie in den USA der russische Erfolg in der Raumfahrt 1957, glaubt El-Erian. Er sieht die Chance, dass Deutschland neue Kräfte freisetzt. "Lange haben sich die Aktienmärkte in Europa schlechter als die US-Börse entwickelt – bis vor Kurzem", sagt der ehemalige Chef des Vermögensverwalters Pimco: "So gesehen haben die Kurse in Deutschland Spielraum nach oben."

Die europäischen Aktien sehen seiner Ansicht nach attraktiver aus, weil die Bewertungen niedriger sind als in den USA. Viele würden zudem davon ausgehen, dass Deutschland seine fiskalische Macht entfesselt und mehr für Verteidigung und Infrastruktur ausgibt. Er selbst zeigt sich dabei zurückhaltender: "Ich persönlich denke, dass der Markt mit der Euphorie ein wenig zu weit geht. Doch viele Investoren sind sehr davon überzeugt." (jh)

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