Logo von Institutional Money
| Märkte

Metzler AM: Das erwartet Chefvolkswirt Edgar Walk von den Märkten

Der Chefvolkswirt von Metzler Asset Management gibt eine ausführliche Konjunktureinschätzung ab und zeichnet ein aktuelles Bild von den Renten- und Aktienmärkten. Interessant: Im Gegensatz zu vielen anderen Experten erwartet Edgar Walk eine wieder bessere Konjunkturentwicklung in Euroland.

Edgar Walk, Metzler Asset Management
Edgar Walk, Metzler Asset Management© Manjit Jari / Metzler Asset Management

Die Unsicherheiten zum Start ins neue Jahr sind groß, ebenso wie die damit verbundenen Chancen und Risiken. Im ersten Quartal könnte sich andeuten, was davon überwiegt. In der Geopolitik, bei der Inflationsentwicklung und mit Blick auf Präsident Trumps Agenda: die Bandbreite möglicher Entwicklungen ist groß. Insofern bietet das aktuelle Quartal viel Überraschungspotenzial. Das und vieles mehr prognostiziert Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management, in einer "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Markteinschätzung.

Konjunktur in der Eurozone könnte sich erholen
Die Kreditvergabe zog im zweiten Halbjahr 2024 merklich an, insbesondere bei privaten Haushalten. Dieser positive Kreditimpuls dürfte die Wirtschaftsdynamik der Eurozone im ersten Halbjahr 2025 erheblich stärken. Der Dienstleistungssektor profitierte schon im Dezember sichtbar: Der Einkaufsmanagerindex dieses Sektors stieg deutlich, ebenso wie der ZEW-Index – dieser gilt laut Walk als ein verlässlicher Frühindikator für die Stimmung in der Wirtschaft.

Die Europäische Zentralbank wird diesen Aufwärtstrend voraussichtlich weiter stützen. Weitere Leitzinssenkungen im Januar, März und April könnten das Wachstum zusätzlich ankurbeln. Eine mögliche Entspannung im Ukraine-Konflikt könnte die geopolitischen Risiken für Europa erheblich mindern. Unter diesen Voraussetzungen eröffnet sich nach Einschätzung von Walk die Chance auf eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung – mit mehr Rückenwind als Gegenwind.

Optimismus befeuert die US-Konjunktur
Die jüngsten Konjunkturdaten lassen auf eine Erholung schließen, die von mehreren Faktoren getragen wird. Zum einen scheinen viele Unternehmen Entscheidungen zu Investitionen und Neueinstellungen im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl zurückgestellt zu haben. Zum anderen löste der deutliche Wahlsieg von Donald Trump und den Republikanern bei zahlreichen Unternehmen Optimismus aus. Deregulierungen und Steuersenkungen gelten als wahrscheinlich, was die Wachstumsperspektiven kurzfristig verbessert.

Doch die wiedererstarkte Konjunktur birgt auch Risiken: Die Inflation könnte sich als hartnäckig erweisen und dauerhaft oberhalb des Zielwerts verharren. In diesem Umfeld erscheint eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die Federal Reserve unwahrscheinlich. Gleichzeitig ist die Prognose von erheblichen Unsicherheiten geprägt. Denn noch bleibt offen, welche Schritte Präsident Trump in der Einwanderungs- und Handelspolitik unternehmen wird. Und nach wie vor ist die Frage, ob sich das US-Staatsdefizit tatsächlich nennenswert reduzieren lässt, warnt der Chefvolkswirt von Metzler AM.

Licht und Schatten bei der Konjunktur in Asien
Der Yen zeigt erneut Schwäche und nähert sich potenziellen Rekordtiefs – das eine Entwicklung, die im Worst Case Währungsturbulenzen auslösen und das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität Japans gefährden könnte. Die makroökonomischen Rahmenbedingungen sprechen für einen moderaten Zinsschritt der Bank of Japan. Damit könnte die Notenbank den Wechselkurs stützen und den Sorgen der Bevölkerung vor einer Entwertung der Landeswährung entgegenwirken, ohne die Marktstabilität zu gefährden.

In China gestaltet sich die Lage komplexer. Das Land sollte nach Ansicht von Walk seine eigene Währung aufwerten. Davon würden die inländischen Konsumenten profitieren, da sich importierte Konsumgüter dann deutlich verbilligten. Darüber hinaus sollte die chinesische Regierung die Konsumschwäche direkt adressieren: Höhere Löhne für Staatsbeamte und deutlich verbesserte arbeitgeberfinanzierte soziale Sicherungssysteme könnten den Konsum nennenswert steigern.

Keine Zinssenkungen in den USA in diesem Jahr?
Walk sieht keinen weiteren Spielraum für Zinssenkungen der US-Notenbank im Jahr 2025 und somit ein nicht unerhebliches Enttäuschungspotenzial. Die Risikoprämie für US-Staatsanleihen könnte weiter steigen, was wiederum die Trump-Administration unter Zugzwang setzen dürfte.

Es besteht das Risiko, dass die Rendite zehnähriger US-Staatsanleihen bis auf 5,0 Prozent im ersten Quartal steigen könnte. In der Regel übertragen sich höhere Renditen bei US-Staatsanleihen auf europäische Anleihemärkte.

Für das erste Quartal 2025 rechnet Walk daher auch in Europa mit steigenden Renditen. Gleichzeitig könnten sich die Konjunkturdaten in der Eurozone in den kommenden Monaten stabilisieren, was die Handlungsfreiheit der EZB einschränken dürfte. Die derzeit an den Finanzmärkten eingepreisten Erwartungen einer deutlichen Zinssenkung könnten sich als überzogen erweisen, warnt Walk.

Positive Einschätzung zu den Aktienmärkten
Bisher ist kaum durchgedrungen, welche Maßnahmen Präsident Trump konkret umsetzen lassen möchte. Vor allem ist die Unsicherheit groß, wie die Zoll- und Einwanderungspolitik aussehen wird. Somit besteht das Risiko für negative Überraschungen und für eine Korrektur an den Aktienmärkten im ersten Quartal.

Grundsätzlich geht Walk aber von einer positiven Aktienmarktentwicklung im Gesamtjahr 2025 aus: Für die USA wird mit einer wachstumsfreundlichen Politik gerechnet, die vor allem US-Unternehmen zugutekommen wird. Darüber hinaus glänzen die USA mit starken Konjunkturdaten, während Europa und China eher von einer größeren Wirtschaftsschwäche gekennzeichnet sind. Europa sowie China könnten dank fiskalischer Stimuli auch in einen Aufschwung eintreten und zu den USA aufschließen. (aa)

Dieses Seite teilen