Mark Dowding über die aktuelle Gemengelage an den Märkten
Die weiteren Marktentwicklungen sind nicht nur für Investoren schwer vorherzusagen, auch für Notenbanker ist der Blick nach vorne eine Herausforderung, betont der Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management in einer aktuellen Markteinschätzung.
Die Renditen zehnjähriger Anleihen haben sich in der vergangenen Woche weltweit kaum verändert. "Dies ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit: Der Verlauf der Renditekurve war sehr viel volatiler. Langlaufende Anleihen wurden von Sorgen bezüglich einer steigenden Verschuldung in Kombination mit technischen Entwicklungen im Zusammenhang mit Angebot und Nachfrage geprägt", berichtet Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management, in einem Marktbericht.
Insbesondere Japan stand in den vergangenen Tagen im Fokus. Langlaufende japanische Anleihen gerieten mangels Inlandsnachfrage besonders unter Druck, während die Volatilität potenzielle Käufer abschreckte. "Nach einer chaotischen Auktion 20-jähriger Papiere stiegen die Renditen für 30-jährige Anleihen auf über 3,2 Prozent und waren damit doppelt so hoch wie die für solche mit 10-jähriger Laufzeit", moniert Dowding.
Rentenmarkt hat sich wieder beruhigt
Die Ankündigung, dass die Behörden in Tokio nun bereit seien, auf die Marktbedingungen zu reagieren, indem sie die Emission von Anleihen mit langen Laufzeiten einschränken, sorgte jedoch für eine deutliche Trendwende. Sie führte zu einer Abflachung der japanischen Zinskurve zwischen 10 und 30 Jahren Laufzeit um mehr als 20 Basispunkte und trug zu einer erfolgreicheren Auktion von 40-jährigen Papieren bei.
Die ausgeprägte Abflachung am langen Ende der japanischen Kurve führte weltweit zu ähnlichen Bewegungen. Defizitsorgen hatten die US-Kurve in der Vorwoche steiler werden lassen. "Obwohl sich diese Entwicklung in den letzten Tagen wieder umkehrte, werden die Sorgen um die steigende Verschuldung in nächster Zeit aus unserer Sicht nicht abnehmen", befürchtet Dowding.
Ruhe am Alten Kontinent
In Europa waren die Bewegungen am Anleihemarkt gedämpfter als anderswo. Die Fiskalpolitik wird gelockert und Dowding ist skeptisch, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen unter 2,0 Prozent senken wird. Das Wachstum in den kommenden Monaten wird nahe 1,5 Prozent erwartet – ähnlich wie in den USA. Die Inflationsaussichten sind jedoch schwieriger vorherzusagen.
Einerseits erwarten Dowding und seine Kollegen, dass die Europäische Union (EU) Vergeltungszölle auf US-Importe erheben wird. Das könnte die Preise etwas erhöhen. Andererseits können zunehmende chinesische Exporte nach Europa die Inflation senken. "Dies hängt natürlich davon ab, ob die EU aus Angst vor Dumping auch die Handelsbeschränkungen zum Schutz ihrer eigenen Produzenten erhöht", merkt Dowding an.
"Es scheint, dass sich die meisten Märkte in den letzten Wochen seitwärts bewegt haben, ohne einen klaren Trend erkennen zu lassen. Es wäre jedoch leichtsinnig zu erwarten, dass diese Bedingungen noch lange anhalten werden. Seit Beginn dieses Jahres hat man das Gefühl, dass es schwierig ist, vorherzusagen, was hinter der nächsten Ecke auf uns wartet", erläutert Dowding die aktuelle Stimmungslage.
Zentralbanker haben es derzeit besonders schwer
So anspruchsvoll wie für Volkswirte und Anleger ist es laut Dowding auch für Notenbanker, im aktuellen Umfeld die weiteren Entwicklungen zu prognostizieren. Daher dürften Dowding zufolge die Ausblicke der Zentralbanken nicht viel zählen. Stattdessen werden die Entscheidungsträger eher reaktiv als präventiv handeln müssen.
"Dies deutet darauf hin, dass die US-Notenbank Federal Reserve wahrscheinlich irgendwann hinter der Kurve zurückbleiben wird – auch wenn Fed-Chef Jerome Powell bei einem Wachstum von 1,5 Prozent und einem nur langsamen Anstieg der Arbeitslosenquote mit den aktuellen Zinssätzen relativ entspannt sein dürfte“, prognostiziert Dowding abschließend. (aa)