Lebensmitteleinzelhandel: Resiliente Alternative für Immo-Investoren
Die Immobilienpreise haben sich stabilisiert, Zentralbanken senken die Leitzinsen. Immobilien werden wieder attraktiver. Im angespannten konjunkturellen Marktumfeld suchen Investoren vor allem nach resilienten Sektoren. Laut Savills Investment Management ist das Europas Lebensmitteleinzelhandel.
"Zu den resilienten Sektoren zählen die üblichen Verdächtigen – Wohnen und Logistik. Aber es gibt weitere Anlagealternativen, die mit starken Fundamentaldaten punkten und zunehmend in den Fokus rücken: Zum Beispiel der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Europa", weiß Christian Müller, Head of Research & Strategy Germany bei Savills Investment Management. Im Folgenden erklärt er, was für dieses Immobiliensegment spricht.
Stabile Konsumnachfrage und sichere Mieterträge
Inflation, gestiegene Lebenshaltungskosten und verändertes Konsumverhalten waren in den letzten beiden Jahren mal wieder ein echter Härtetest für den europäischen Lebensmitteleinzelhandel. Aber auch dieser wurde gemeistert. Die Einzelhandelsumsätze haben sich im Zuge der nachlassenden Preissteigerungen weitgehend stabilisiert. Die langfristige Konsumprognose ist stabil und verdeutlicht den nicht-diskretionären Charakter des Lebensmitteleinzelhandels. Und selbst in der jüngsten Hochpreisphase gab es Gewinner. Die Discounter sind weiter in der Gunst der Konsumenten gestiegen. Zusammen mit den Supermärkten zählen sie zu den attraktivsten Immobilienanlageklassen im Lebensmitteleinzelhandel mit rund 60 Prozent Marktanteil an den LEH-Einzelhandelsumsätzen in Westeuropa.
Die Mieterbonität im LEH-Sektor ist hoch
Bei den europäischen Marktführern bewegten sich die Gewinnmargen auch im Jahr 2023 im positiven Bereich und lagen zwischen drei und fünf Prozent. Für Einzelhändler sind Kostenkontrolle und Effizienzsteigerung wichtiger denn je – besonders im Hinblick auf gestiegene Energiekosten und Herstellerpreise sowie die zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Sortimenten und Verkaufsflächen. Im Gegensatz zu anderen Branchen wie dem Büromarkt werden im europäischen Lebensmitteleinzelhandel nach wie vor langfristige Verträge abgeschlossen. Die höchsten Umsätze werden nach wie vor in den Filialen vor Ort generiert. Entsprechend wichtig ist die langfristige Sicherung von Standorten. Indexierungen sorgen in den meisten europäischen Ländern zusätzlich für stabile Mieterträge.
Online-Handel: „Omni-Channel“-Konzepte auf der Fläche im Vorteil
Der Online-Lebensmitteleinzelhandel ist stark fragmentiert, wettbewerbsintensiv und funktioniert bisher hauptsächlich in großen städtischen Zentren. Der Quick-Commerce-Sektor wird aller Voraussicht nach eine Nische bleiben. Erfolgreiche Konzepte reiner Online-Lebensmittelhändler sind noch die Ausnahmen. Zwar gewinnt der Online-Handel mit Lebensmitteln grundsätzlich an Bedeutung und dürfte weiter wachsen, jedoch eher auf moderatem Niveau. Prognosen gehen von rund 5 Prozent Marktanteil bis 2028 aus. Für den stationären Lebensmitteleinzelhandel bietet der Online-Handel Wachstumschancen, aber hauptsächlich mit Omnichannel-Strategien, die den entscheidenden Wettbewerbsvorteil – die räumliche Nähe zum Verbraucher – nutzen. Die bereits vorhandene Ladenfläche kann beispielsweise als Abholstation (Click & Collect), als Standort der letzten Meile in der Lieferlogistik oder nach wie vor als die Option für den stationären Einkauf im unmittelbaren Wohn- und Arbeitsumfeld fungieren. Es gilt: Je näher am Kunden, desto effizienter und kostengünstiger sind die Lieferketten.
Warum jetzt? Attraktives Rendite-Risiko-Profil
Die Preiskorrektur für europäische Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien ist weitgehend abgeschlossen. Seit Mitte 2022 bis Ende 2023 haben die Marktrenditen für Supermärkte in Europa im Durchschnitt um bis zu 120 Basispunkte korrigiert und sind seitdem in den meisten Ländern stabil geblieben. Der Renditeabstand zu alternativen Anlageklassen wie langfristigen Staatsanleihen ist auf rund 250 Basispunkte angewachsen. 2024 gab es bereits drei Leitzinssenkungen durch die europäische Zentralbank, weitere Schritte dürften folgen. Von diesen Umständen wird auch die relative Attraktivität von Immobilien zu anderen Anlageklassen profitieren. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel verfügt über starke Fundamentaldaten und ein aussichtsreiches Rendite-/Risiko-Profil. Er wird bei Investoren weiter in den Vordergrund rücken und sollte nicht zuletzt aufgrund der Diversifizierungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene in keinem zukunftsorientierten Immobilienportfolio fehlen. (kb)