KI-Revolution sorgt für stillen Infrastruktur-Boom
Generative KI hat das Potential, nicht nur das tägliche Leben, sondern auch Wachstumsprofile der sie unterstützenden Infrastruktur grundlegend zu verändern.
"Wir sehen derzeit eine starke Preissetzungsmacht bei Betreibern von Rechenzentren, ein beschleunigtes Wachstum der Auslastung bei öffentlichen Versorgungsunternehmen und eine erhöhte Nachfrage nach erneuerbaren Energien und kohlenstoffarmen Portfolios, die saubere Energie für Rechenzentren bereitstellen", umreißt Jeremy Anagnos, Portfoliomanager von Nordeas Global Sustainable Listed Infrastructure Strategie, die aktuelle Situation. Dieses durch generative KI ausgelöste Wachstum ergänze die bestehenden, langfristigen Infrastrukturtrends, zu denen die weltweite Dekarbonisierung, Energiesicherheit und Modernisierung von Anlagen zählten.
Die unersetzliche Rolle der Infrastruktur bei KI
Die derzeitige Rechenzentrumskapazität, der steigende Strom- sowie Kühlungsbedarf und der Zugang zu Elektrizität für neu zu bauende Rechenzentren stellen Engpässe für das durch generative KI getriebene Wachstum dar. Die hohe Auslastung der Rechenzentren führt bereits heute zu einer Verbesserung der Preisgestaltung und der Gewinnspannen für bestehende, strategisch wichtige Anlagen dieser börsennotierten Unternehmen. In Nordamerika befinden sich die Leerstandsquoten auf einem Tiefstand seit einem Jahrzehnt, und es wird geschätzt, dass 2023 doppelt so viel Rechenzentrumsfläche vermietet wurde wie 2022 – und achtmal so viel wie 2019.
Steigender Stromverbrauch
Auch der Stromverbrauch bestehender Einrichtungen steigt, da generative KI schätzungsweise das 20- bis 100-fache des bisherigen Stromverbrauchs von Rechenzentren erfordert. Ein speziell für generative KI gebautes Rechenzentrum benötigt eine Kapazität von mindestens 250 MW, während herkömmliche Rechenzentren im Durchschnitt lediglich über eine Kapazität von 10 MW verfügen.
Die bestehenden Übertragungsnetze sind nicht für den steigenden Stromverbrauch gerüstet und es sind neue Investitionen erforderlich, um alle Stromerzeuger an das Netz anzuschließen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach generativer KI im Stromnetz in den nächsten fünf Jahren mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von zirka 30 Prozent steigen wird, wobei einige Schätzungen sogar von 70 Prozent ausgehen.
Versorger erhöhen Prognose für Stromnachfrage
Als Reaktion auf dieses Phänomen vervielfachen die großen börsennotierten Versorger ihre Prognosen für das Wachstum der Stromnachfrage. Branchenweit ist das derzeitige Niveau des erwarteten Stromwachstums für die nächsten fünf Jahre doppelt so hoch wie die Erwartungen für 2022 und mehr als neunmal so hoch wie der langfristige Durchschnitt.
Paradigmenwechsel
Ein höheres Wachstum der Auslastung stellt für die US-Versorger einen Paradigmenwechsel dar, der das Potential hat, Erträge zu steigern, erforderliche Investitionen zu erhöhen und die langfristige Ertragslage weiter zu verbessern. Zudem ist die Nachfrage nach kohlenstoffarmer Stromerzeugung seitens generativer KI und deren Rechenzentren enorm. Dieser Bedarf wird von Rechenzentrumsentwicklern angetrieben, die angesichts des beispiellosen Wachstums grünen Strom bevorzugen, um den CO2-Fußabdruck zu minimieren.
PPAs wachsen gigantisch
Tatsächlich sind die Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPA) für erneuerbare Energien von Amazon, Google, Meta und Microsoft im Vergleich zu 2018 um das Sechsfache gestiegen, und der Entwicklungsrückstand führender börsennotierter Entwickler erneuerbarer Energien wird derzeit von Projekten rund um Rechenzentren dominiert. Bis 2025 könnten PPAs im Zusammenhang mit generativer KI ein Niveau erreichen, das der Hälfte des aktuellen Marktes entspricht.
Säkulares Wachstum mit Abschlag
"In Anbetracht des säkularen Wachstumspotentials von Infrastruktur sind die Bewertungen heute immer noch mit einem Abschlag versehen", weiß Jeremy Anagnos. "Sollten sich die aktuellen Trends beschleunigen, erwarten wir für die Zukunft ein Gewinnwachstum im hohen einstelligen Bereich für die Anlageklasse – mit Aufwärtspotential.
Nach einem historischen Rückstand gegenüber Large-Cap-Technologiewerten und dem breiteren Aktienmarkt im vergangenen Jahr sowie der jüngsten Underperformance gegenüber Private-Equity-Infrastrukturindizes ist der aktuelle Preis von Infrastruktur beeindruckend. Auf der Grundlage des Kurs-Gewinn-Verhältnisses für 2025 sehen wir, dass börsennotierte Infrastrukturwerte im Jahr 2025 mit der 1,5-fachen PEG-Ratio gehandelt werden könnten, verglichen mit der 2,0-fachen PEG-Ratio für die «Magnificent Seven».
Infrastruktur mit Abschlag gegenüber Aktien global
Auf einer relativen Bewertungsbasis weist Infrastruktur einen Abschlag von zirka zehn Prozent gegenüber globalen Aktien auf, während sie in der Vergangenheit einen Aufschlag von zirka zehn Prozent verzeichnete. "Betrachtet man darüber hinaus die privaten Märkte und analysiert die bemerkenswert großen Privatisierungen der letzten fünf Jahre, so stellt man fest, dass börsennotierte Infrastrukturwerte mit einem Abschlag von ungefähr 30 Prozent gegenüber Übernahmen im Private Equity Bereich gehandelt werden", sagt Anagnos. (kb)