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KI-basierte Flow Signale letzte Bastion für Profitabilität

Der Siegeszug passiver und inflexibler Strategien sowie die neue Rolle von High-Frequency-Trading-Firmen und Hedgefonds als Liquiditätsprovider schaffen für Investoren heute eine nie dagewesene Voraussetzung, um von Kapitalströmen – sogenannten Flows – zu profitieren.

Dr. Sebastian Wenz, Portfoliomanager bei der Frankfurter Quant-Boutique First Private Investment Management
Dr. Sebastian Wenz, Portfoliomanager bei der Frankfurter Quant-Boutique First Private Investment Management© First Private Investment Management

Wie genau das funktioniert, welche Rolle künstliche Intelligenz dabei spielt – und warum Flow Signale in Zukunft eine der letzten Bastionen sein könnten, um Alpha zu generieren, erklären Dr. Sebastian Wenz, Portfoliomanager und Martin Brückner, CIO bei der Frankfurter Quant-Boutique First Private Investment Management.

Aktienkurse werden durch die rationale Erwartung über künftige Cashflows bestimmt
Das besagt zumindest die weit verbreitete Theorie der effizienten Märkte. Kapitalströme (Flows) dürften demnach keinerlei Auswirkungen auf Marktpreise haben. Angebot und Nachfrage reagieren nach diesem Modell unverzüglich auf den Preis und verhindern, dass die Kurse zu weit vom fundamentalen Wert abweichen – und zwar selbst bei großen Investitionen.

Excess Volatility Puzzle
Wie so oft, sieht die Realität mittlerweile ganz anders aus: Hier erstellen Marktteilnehmer jeden Tag Analysen beim Intraday-Handel, um den Einfluss eines Kaufs auf den Marktpreis präzise vorauszusagen. Die Ergebnisse zusammen­genommen zeigen: Aktienkurse bewegen sich eben doch viel stärker, als die reinen Fundamentaldaten es rechtfertigen würden. In der Fachwelt hat dieses Phänomen auch einen Namen: Das Excess Volatility Puzzle. Kapitalflüsse sind relevant für die Preisbildung und bewegen die Märkte viel mehr als die Theorie vorgibt – gerade wenn wir kurzfristige Zeiträume um Transaktionen beobachten.

Megatrends schaffen Basis, um von Flows zu profitieren
Dieses Marktverhalten lässt sich mit dem Aufkommen neuer technischer Möglichkeiten wie Künstlicher Intelligenz als Grundlage für Investmentstrategien nutzen. Zwei Megatrends, die in den vergangenen Jahren die Marktstruktur deutlich verändert haben, schaffen die Voraussetzung, um von diesen Flows zu profitieren:

1. Der unaufhaltsame Siegeszug passiver und unflexibler Strategien wie etwa passive Indexfonds, ETFs oder Strategien mit einem festen Volatilitätsziel: Laut einer Schätzung der Harvard Business School hielten passive Anleger bereits im Jahr 2020 rund 38 Prozent der gehandelten Titel des US-Aktienmarktes. Der Vorteil: Wie bei unflexiblen Strategien bieten passive Indexfonds vorhersehbare Flows, die anhand fester Regeln investieren und bestimmen, wann und was gehandelt wird.

2. Die Struktur der Marktintermediäre hat sich wesentlich verändert, denn als Folge der Finanzkrise haben High-Frequency-Trading-Firmen und Hedgefonds die bisher weitestgehend unangefochtene Rolle von Banken als Liquiditätsgeber übernommen. Diese agieren jedoch viel flexibler als Banken und passen die von ihnen bereitgestellte Liquidität deutlich stärker an das Marktumfeld an. Dies führt zu einer stärker fragmentierten und volatileren Liquidität. Oder anders: Jeder Euro, den jemand kauft oder verkauft, bewegt den Markt mehr als zuvor.

Herausforderung: Kapitalströme verstehen
Für Investoren bedeutet das: Neben der Fiskal- und Geldpolitik treiben auch diese beiden Markttrends die Intensität von Kapitalströmen voran. Um davon zu profitieren, müssen Anleger das Handeln der Marktteilnehmer und die damit verbundenen Kapitalströme verstehen und sich entsprechend dazu positionieren.

Beispiel: die marktneutrale Alpha-Strategie
Als Signal dient hier die Aufnahme oder Streichung einzelner Aktien in weitverbreiteten Indizes. Um das Datum des Index-Rebalancing sind indexorientierte Anleger und Fonds gezwungen, die neuen Kandidaten in ihr Portfolio aufzunehmen und die ausscheidenden Titel zu verkaufen, somit kommt es zu den erwarteten Flows in und aus den betroffenen Aktien. Durch öffentlich vorhandene Daten ist es möglich, eine marktneutrale Long-Short-Strategie umzusetzen, die sich im Jahresverlauf in verschiedenen Indizes bereits im Vorhinein richtig positioniert. Mit einer solchen Strategie ließ sich in den vergangenen Jahren eine attraktive Sharpe-Ratio von bis zu 1,5 erreichen.

KI schafft Voraussetzung für lukrative Strategien
Eine Herausforderung bei der Realisierung solcher Strategien war bisher die Suche nach Alpha-Signalen mit Hilfe von Daten, die ausschließlich auf Informationen über Flows basieren. Insbesondere, da für eine erfolgreiche Positionierung eine kontinuierliche Beobachtung der relevanten Marktstrukturen notwendig ist – immerhin kann auch das Kapitalmarktumfeld einen erheblichen Einfluss auf Geldströme haben. Diese hohe Komplexität hat bisher die Entwicklung solcher Strategien ausgebremst. Mit der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz und damit der Einsatzmöglichkeiten bei quantitativ-systematischen Strategien, lassen sich mittlerweile auch komplexere Marktsituationen darstellen.

Werden Flow Signale zu einer der letzten Bastionen, um Alpha zu generieren?
Vorwiegend im kurzfristigen Bereich, wo große Datenmengen vorliegen, lassen sich hochrentable Strategien umsetzen. Vielleicht entwickeln sich Flow Signale in Zukunft zu einer der letzten Bastionen, um Alpha zu generieren – zumindest ermöglichen sie erhebliche Chancen in liquiden Marktsegmenten. Aus diesem Grund sollten Investoren diese Strategien als Alternative für Ihr Portfolio unbedingt im Blick behalten, meinen CIO Martin Brückner und Portfoliomanager Dr. Sebastian Wenz, beide von der Frankfurter Quant-Boutique First Private Investment Management, unisono. (kb)

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