Kenneth Rogoff: Warum der Dollar verliert und Kryptowährungen gewinnen
Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff warnt: Die Vorherrschaft des US-Dollar bröckelt. In seinem neuen Buch analysiert er, wie Kryptowährungen, China und geopolitische Spannungen die globale Finanzordnung verändern.
Vom Internationalen Währungsfonds bis zur US-Notenbank: Kenneth Rogoff kennt die Machtzentren der globalen Finanzwelt. In seinem neuen Buch "Our Dollar, Your Problem" warnt der Harvard-Professor vor einem schleichenden Machtverlust des US-Dollar. Gründe dafür sind laut Rogoff nicht nur China und geopolitische Spannungen – sondern auch Kryptowährungen.
Warum Kryptowährungen jetzt ernst genommen werden
Rogoff hat seinem Buch ein eigenes Kapitel zu digitalen Währungen gewidmet – nicht ohne Grund. "Wir denken über die Zukunft nach, nicht nur über die Vergangenheit", so der Ökonom im Interview mit "Bloomberg News". Zwar könne Krypto den Dollar im legalen Zahlungsverkehr nicht ersetzen, "jedoch gilt das für die legale Wirtschaft, in der die Regierung einen großen Einfluss hat. Aber in der Schattenwirtschaft hat sie per Definition viel weniger Einfluss."
Schattenwirtschaft – Milliardenmarkt außerhalb der Kontrolle
Was zählt zur Schattenwirtschaft? Laut Rogoff vor allem Steuerhinterziehung – in Industrieländern etwa 15 bis 20 Prozent der Wirtschaftsleistung, in Entwicklungsländern bis zu einem Drittel. Grauzonen wie Barzahlungen an Handwerker oder für Mieten machen einen erheblichen Anteil aus. Illegale Aktivitäten wie Drogenhandel oder Waffenhandel sind zwar wichtig, aber mengenmäßig kleiner.
Kryptowährungen haben laut Rogoff in diesem Sektor bereits einen Teil der Rolle des Dollar übernommen. Viele Länder nutzen digitale Währungen gezielt, um US-Sanktionen zu umgehen. "Die Vorstellung, dass Krypto keinen fundamentalen Wert hat, ist einfach falsch", betont er.
Globale Auswirkungen: Steigende Zinsen und gefährdete Sicherheit
Ein sinkender Bedarf an US-Dollar in der Schattenwirtschaft führt zu steigenden US-Zinsen – was auch Hypotheken und Kredite teurer macht. Zusätzlich verlieren US-Behörden ein wichtiges Instrument der Kontrolle. "Ein Rückgang der Dollar-Dominanz erschwert es, Finanzströme zu überwachen, die für die nationale Sicherheit relevant sind", so Rogoff.
Krypto wird weiter wachsen
Der Starökonom ist überzeugt: Kryptowährungen werden weiterhin an Bedeutung gewinnen – besonders in Bereichen, in denen staatliche Kontrolle nur schwer durchsetzbar ist. Kritiker wie Warren Buffett oder Paul Krugman übersehen nach Ansicht von Rogoff, dass allein die Größe der Schattenwirtschaft – 20 Prozent des globalen BIP – ein Milliardenpotenzial für digitale Zahlungsmittel bietet. (mb/Bloomberg)