Logo von Institutional Money
| Märkte

Grüner Fisher Investments: Brauchen Aktienmärkte Zinssenkungen?

Thomas Grüner von Grüner Fisher Investments geht der Frage nach, ob Aktienmärkte wirklich fallende Zinsen für steigende Kurse benötigen oder ob andere Faktoren wesentlich wichtiger sind.

Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments
Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments

© Grüner Fisher

Mit den global explodierenden Preisen für Güter und Dienstleistungen in Folge von Lieferkettenschwierigkeiten, eskalierenden Energiepreisen, oder auch der gestiegenen Geldmenge seien die Sorgen im vergangenen Jahr an den globalen Aktienmärkten groß gewesen. In der Folge hätten die Zentralbanken mit Zinserhöhungen reagiert – das gilt als eine Maßnahme, um Wachstum abzuschwächen sowie Angebot und Nachfrage die Möglichkeit zu geben, in ein Gleichgewicht zurückzukehren. Mittlerweile steigen globale Aktien seit geraumer Zeit. Doch für Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, stellt die Frage, ob es nun Zinssenkungen brauche, um weiter steigende Kurse befeuern zu können. Er versucht eine Antwort darauf zu finden.

Eine alte Mär?
„Die Behauptung hält sich bei vielen Marktbeobachtern“, so Grüner. „Die Mitglieder der Zentralbanken werden folgerichtig bei ihren zahlreichen öffentlichen Auftritten regelmäßig gefragt, ob eine Zinssenkung absehbar sei.“ Noch würden sich alle unverbindlich äußern – und gleichzeitig halte Grüner die Diskussion für tendenziell unangebracht.

Die Schritte der Federal Reserve seien genauso wenig vorhersehbar wie die der anderen Zentralbanken. Und am wichtigsten sei, dass Aktienmärkte keine Zinssenkungen benötigen, um sich gut zu entwickeln. So habe der S&P 500 seit der ersten Zinserhöhung im Juni letzten Jahres um 10,3 Prozent zulegen können. Und seit dem letzten Tiefpunkt am 12. Oktober 2022 habe die Federal Reserve die Zinsen fünf Mal erhöht. Unbeeindruckt davon seien US-Aktien im gleichen Zeitraum um 16,3 Prozent gestiegen.

„Immer mehr zeigt sich, dass Aktienmärkte die Zukunft einpreisen und Zinsen tendenziell eine Reaktion auf aktuelle Daten sind“, analysiert Grüner. Diese seien vergangenheitsorientiert und damit zunehmend bedeutungslos.

Zu schnell und zu weit?
„Vielleicht beschließt die Fed, dass sie zu weit und zu schnell gegangen ist, und macht im Laufe des Jahres einen Rückzieher. Vielleicht geschieht dies inmitten einer leichten Rezession“, so Grüner. „Falls ja, bezweifeln wir, dass dies für die Aktien eine entscheidende Wende bedeuten würde, da sie das letzte Jahr damit verbracht haben, dieses weithin erwartete Ergebnis einzupreisen.“

Alles hänge davon ab, wie sich die Indikatoren in der Realwirtschaft entwickeln – und wie die zahlreichen und unterschiedlichen Mitglieder des Federal Open Market Committee diese Indikatoren auf der Grundlage ihrer Analysen und Vorurteile interpretieren. Nichts davon sei eine Marktfunktion, so dass es Grüners Meinung nach nicht möglich sei, Wahrscheinlichkeiten für diese Ereignisse zu bestimmen.

Zinssensitivität der Bullenmärkte gering
Die gute Nachricht sei jedoch, dass es keinen notwendigen Pfad für Bullenmärkte gebe, dem sie folgen müssten. „In der Vergangenheit gab es sowohl Bullenmärkte, die durch Zinserhöhungen, Zinssenkungen, als auch lange Zinspausen hindurchgehen mussten“, sagt Grüner. „Sie zeigen, dass Aktien in unterschiedlichen Zinsumfeldern steigen können.“ Dies sei logisch, wenn man bedenke, dass die Leitzinsen nur einen Punkt des gesamten Zinsspektrums darstellen würden – und nur eine Variable, die die Kreditvergabe der Banken beeinflusse. Diese sei trotz der jüngsten Zinserhöhungen nach wie vor hoch.

Fazit von Grüner
„Der Nobelpreisträger Milton Friedman pflegte zu sagen, dass Zinserhöhungen nicht bedeuten, dass das Geld knapp ist“, resümiert Grüner. „Vielmehr bedeuten sie, dass die Geldpolitik zu locker war. Zinssenkungen sind nach seiner Logik das eigentliche Zeichen für Geldknappheit, da sie darauf hindeuten, dass die Fed eine Lockerung für notwendig hält.“ Die Daten zur Kreditvergabe würden darauf hindeuten, dass dieser Bedarf heute nicht bestehe. Das schließe Zinserhöhungen nicht aus, aber es spreche Grüners Meinung nach gegen eine Notwendigkeit. (aa)

Dieses Seite teilen