Gold: Kaufchance, wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gesehen
Ned Naylor-Leyland von Jupiter AM, beleuchtet die treibenden Kräfte hinter dem jüngsten Ausbruch des Goldpreises, erläutert, warum dieser nicht zu höheren Zuflüssen in Goldfonds geführt hat und welche einzigartige Chance sich dadurch bietet.
Seit dem diesjährigen Ausbruch des Goldpreises über das alte Allzeithoch, gehört Gold zu den Top-Performern des Jahres 2024. Dies ist auf das Zusammenwirken mehrerer Faktoren zurückzuführen, darunter sinkende Zinserwartungen und Goldkäufe von Zentralbanken.
Für Ned Naylor-Leyland, Investmentmanager Gold & Silver bei Jupiter AM, hat überraschenderweise die starke Performance des Edelmetalls nicht zu höheren Anlageflüssen geführt. Obwohl globale Gold-ETFs in den vergangenen Monaten neue Anlagegelder angezogen haben, stehen in der Betrachtung seit Jahresanfang Abflüsse in Höhe von drei Milliarden US-Dollar zu Buche. Damit hat sich der seit 2022 zu beobachtende beständige Abwärtstrend bei den Anlageströmen von Gold-ETFs weiter fortgesetzt. Was sind die Gründe dafür und was muss geschehen, damit der Trend dreht? Naylor-Leyland nennt in seinem Kommentar nachfolgende Gründe dafür.
Abflüsse aufgrund konkurrierender neuer Investmentalternativen
Für die beständigen Abflüsse aus Gold-ETFs in den letzten beiden Jahren sind mehrere Faktoren verantwortlich: steigende Zinsen, der Technologie- und KI-Boom und ein zunehmender Wettbewerb durch alternative Anlageklassen.
Mit den Zinserhöhungen der Zentralbanken im Kampf gegen die Inflation, sind die Opportunitätskosten für das Halten von nicht verzinslichen Vermögenswerten wie Gold gestiegen. In der Folge haben Anleger vermehrt auf höher verzinsliche Anleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere gesetzt und weniger auf Gold-ETFs.
Gleichzeitig sind risikoreichere Anlagen, wie Aktien, mit dem spektakulären Technologie- und KI-Boom im Zuge der postpandemischen Erholung attraktiver für Anleger geworden. Dagegen hat Gold, das in wirtschaftlichen Abschwüngen oft als sicherer Hafen geschätzt wird, an Attraktivität verloren.
Auch darf Naylor-Leyland zufolge nicht vergessen werden, dass die meisten Anleger Gold zur Diversifizierung eines breiteren, ausgewogeneren Portfolios aus Aktien und Anleihen verwenden. Das Aufkommen anderer alternativer Investments, wie Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte, hat ebenfalls Anteil am rückläufigen Interesse an Gold. Diese Anlagewerte bieten Diversifikationsvorteile und potenziell hohe Renditen. Damit sind sie attraktiv für Anleger, die nach anderen alternativen Investments neben Gold suchen.
Papiermärkte als Preistreiber
Der Goldmarkt wird hauptsächlich durch „Papierkontrakte“ wie Futures, Optionen und börsengehandelte Fonds (ETFs) angetrieben. Diese Finanzinstrumente verbriefen das Recht, physisches Gold zu einem späteren Zeitpunkt zu kaufen oder zu verkaufen, sind aber kein Investment in das physische Metall selbst. Tatsächlich machen physische Goldbarren nur einen kleinen Teil des täglichen Handelsumsatzes am Goldmarkt aus.
Dadurch wird der Goldpreis weitgehend von Faktoren bestimmt, die unabhängig von Angebot und Nachfrage nach dem physischen Metall sind. In erster Linie sind das makroökonomische Faktoren und die Handelsaktivitäten großer quantitativer Fonds. Quantitative Fonds, die umfangreiche Transaktionen auf der Grundlage algorithmischer Handelsstrategien tätigen, haben maßgeblich mit dazu beigetragen, dass sich der physische Goldpreis von der Nachfrage abgekoppelt hat, hält Naylor-Leyland fest.
Der starke Anstieg des Goldpreises von 2.150 auf jüngst über 2.600 US-Dollar je Feinunze scheint auf den Kauf von Gold-Futures durch quantitative Trendfolge-Strategien zurückzuführen sein. Diese Strategien können Momentum-Effekte erzeugen, bei denen kleine Preisbewegungen durch eine große Anzahl automatisierter Handelstransaktionen verstärkt werden. Außerdem verfolgen sie ähnliche Handelsstrategien, wodurch es zu Herdenverhalten kommt. Das Ergebnis kann eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein, wenn ein steigender Preis zu mehr Käufen durch quantitative Fonds führt, was den Preis weiter in die Höhe treibt.
Eine goldene Gelegenheit
"Der jüngste Anstieg des Goldpreises scheint in erster Linie auf Faktoren wie die starke Nachfrage aus China, vermehrte Goldkäufe von Zentralbanken und die Trendfolgestrategien großer quantitativer Fonds zurückzuführen sein und weniger auf signifikante ETF-Zuflüsse. Dadurch könnte es zu einem nachhaltigeren Preisanstieg kommen, sobald die ETF-Zuflüsse dauerhaft positiv werden. Wenn sie eintritt, dürfte diese Entwicklung schnell vonstattengehen und eine Chance darstellen, wie wir sie seit über 50 Jahren nicht mehr gesehen haben", betont Naylor-Leyland abschließend. (aa)