Geothermie: Warum Investoren graben sollten
Nachhaltigkeitsaspekte sind elementar geworden, wenn es um Immobilienbewertungen geht. Wer in neue Immobilien investiert, sollte bereits bei der Planung Wert auf energieeffiziente Lösungen legen. Je autarker die Energieversorgung, desto besser, sagt Michael Lorz von der DKW Deutsche KapitalWert AG.
Ein vielversprechender Ansatz, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Nutzung von Geothermie zur Energieversorgung", weiß Michael Lorz, Leiter Projektentwicklung und Projektmanagemen bei der DKW Deutsche KapitalWert AG. "Erdwärme ist eine vielversprechende Energiequelle – auf den ersten 100 Metern unter der Erdoberfläche liegt die Temperatur konstant bei zehn Grad. Und je tiefer man bohrt, desto höher steigt sie. Angaben des Informationsportals Erneuerbare Energien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zufolge steigt die Temperatur um drei Grad pro 100 Meter. Wer tief bohrt, bekommt mehr Energie."
Bohrungen bis 5.000 Meter Tiefe
Zum Einsatz kommen drei Verfahren: die oberflächennahe Geothermie (bis 400 m Tiefe), geothermische Systeme, die im Untergrund vorhandenes warmes Wasser nutzen (bis ca. 4.500 m Tiefe), und Systeme, die Wärme aus dem tiefen Gestein für die Stromerzeugung nutzen (in Fachkreisen auch petrothermale Geothermie genannt), welche gegenwärtig bis 5.000 Meter Tiefe vordringen. Bei der Versorgung einzelner Immobilien mit geothermischer Energiequelle kommt meist die oberflächennahe Variante zum Einsatz.
Gebäudewert wird durch Geothermie gesteigert
Die Technologie verringere nicht nur die CO2-Emissionen, so Michael Lorz. Die Nutzung von Geothermie als Energiequelle könne auch den Wert einer Immobilie steigern. Zum einen erfülle sie derzeitige und künftige Nachhaltigkeitsstandards im Rahmen der EU-Regulatorik. Ein wesentliches Investitionsrisiko könne also von vorneherein ausgeräumt werden. Zum anderen sei es nicht mehr notwendig, die Immobilie an das öffentliche Versorgungsnetz anzuschließen. Lediglich Strom zum Betreiben der Erdwärmepumpe werde benötigt, und dieser könne in der Regel zu einem subventionierten Preis bezogen oder gleich mittels Solarpanelen selbst erzeugt werden. Dadurch sänken die Nebenkosten der Mieter signifikant. Eigentümer könnten so langfristig höhere Kaltmieten durchsetzen. Die Investitionskosten zahlten sich schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit aus.
Kostspielige Probebohrungen
Das klingt alles vorteilhaft, doch eine Hürde ist zu bewältigen: Um festzustellen, ob ein Gebäudestandort dazu geeignet ist, Geothermie zu nutzen, sind Probebohrungen notwendig. Lorz dazu: "Mithilfe eines Response-Tests kann das Temperaturniveau unter der Erde ermittelt und festgestellt werden, ob die Bedingungen zur Nutzung der Geothermie geeignet sind. Dieses Verfahren ist kostspielig, schnell werden für den Investor fünfstellige Beträge fällig. Der Vorgang ist zudem genehmigungspflichtig. Bohrungen können sich auf die lokale Tektonik, das Grundwasser oder Nachbarbauten auswirken. Entsprechend restriktiv und sorgfältig prüfen die Behörden solche Vorhaben."
Wo es Geothermie gibt, lohnt sich Geothermie
Um unerwünschte Überraschungen zu vermeiden, sollte man auch berücksichtigen, dass sich eine oberflächennahe Geothermie negativ auf die Vegetation direkt darüber auswirken kann. Dadurch, dass der Erde die Temperatur entzogen wird, kann diese austrocknen. All das sollte aber kein Hinderungsgrund sein, die Gegebenheiten zu prüfen und bereits vorhandene Daten abzurufen: Wurden in einer Gegend bereits Probebohrungen gemacht oder wird dort gar Geothermie verwendet, so lässt das gegebenenfalls Rückschlüsse auf die Chancen vor Ort zu.
Was einige Investoren zunächst abschrecken könnte, ist die Tatsache, dass die Kosten zunächst deutlich höher sind als bei herkömmlichen Heizsystemen. Eine Erdwärmepumpe kostet im Schnitt etwa 12.000 bis 15.000 Euro und es dauert in der Regel etwa sieben bis zehn Jahre, bis sich diese Investition amortisiert hat.
Investition vor allem für langfristige Investoren rentabel
Folglich rentiere sich diese Investition vor allem für Investoren, die Projekte länger im Bestand halten wollen, sagt Lorz. Wer Projekte schnell wieder veräußern wolle, werde die Investition nach so kurzer Zeit nur schwer über den Verkaufspreis wieder reinbekommen.
Zudem handele es sich um eine Technik, die nicht für alle Objektarten gleich interessant sei: Da Gebäude nur mit hohem Aufwand so umgerüstet werden könnten, dass eine Wärmepumpe, die Geothermie als Wärmequelle nutze, installiert werden könne – beispielsweise müsse eine Fußbodenheizung vorhanden sein –, kämen in erster Linie Neubauprojekte infrage.
Lorz fasst zusammen: "Ob sich die Installation von Geothermie rentiert, hängt auch stark von der Art und Größe eines Projekts ab. Eine oberflächennahe Geothermie kann beispielsweise für Einfamilienhäuser mit großem Grundstück attraktiv sein, während Tiefenbohrungen bei größeren Gebäuden oder Projektentwicklungen bevorzugt werden können. Wenn die Möglichkeit besteht, Geothermie zu nutzen, so ist diese als Energiequelle wesentlich effizienter als der Einsatz einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Der Wirkungsgrad ist deutlich besser und das minimiert die Energiekosten stark."
Erdwärmepumpe gewährt hohen Wohnkomfort
Attraktiv ist die Nutzung von Geothermie im Übrigen nicht nur aus finanzieller Sicht – für die Bewohner und Bewohnerinnen bietet die Technik auch einen hohen Wohnkomfort. Im Winter wird der Wohnbereich mithilfe einer Fußbodenheizung erwärmt. Und im Gegensatz zu vielen anderen Heizungssystemen in Deutschland, denen bislang eine Option zur Kühlung fehlt, kann das System der geothermischen Wärmepumpe im Sommer sozusagen „umgedreht“ werden, sodass der Wohnbereich gekühlt wird.
Résumé
Geothermie bietet Investoren in der Immobilienbranche die Möglichkeit, nachhaltige und zukunftsfähige Projekte zu entwickeln. Obwohl die anfänglichen Kosten hoch sein können, sind die langfristigen Vorteile in Bezug auf Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und Mieterzufriedenheit nicht zu vernachlässigen. Die Integration von Geothermie in die Immobilienentwicklung kann ein wichtiges Mittel sein, um die ESG-Ziele zu erreichen und unseren Immobilienbestand zu dekarbonisieren.
"Branchenübergreifend sollte es das Ziel sein, Geothermieprojekte bestmöglich zu fördern", stellt Michael Lorz fest. Damit ist nicht nur gemeint, Fördergelder zu genehmigen. Der Genehmigungsprozess bei der Tiegengeothermie, der aktuell über das Bergbaugesetz läuft, sollte möglichst einfach gestaltet werden, und ein zentral gesteuerter Zugang zu Ergebnissen von bereits erfolgten Probebohrungen würde es Projektentwicklern erleichtern, diese Technik in Betracht zu ziehen. (kb)