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Gehen Industrie und Dax getrennte Wege?

Die jüngsten Auftrags- und Produktionszahlen der deutschen Industrie sehen auf den ersten Blick entmutigend aus. Auf den zweiten Blick sieht es weniger schlimm aus, finden die Experten der DWS.

© industrieblick / stock.adobe.com

Um 10,7 Prozent gegenüber dem Vormonat sind die Auftragseingänge im deutschen Verarbeitenden Gewerbe real eingebrochen, meldete das Statistische Bundesamt am 5. Mai 2023. Gegenüber dem Vorjahr sind es sogar elf Prozent. Und am 8. Mai folgten dann die Produktionszahlen. Sie sind um 3,4 Prozent gegenüber dem Vormonat eingebrochen, was immerhin einem Anstieg von 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Gleichwohl klingt das erstmal nach hartem Tobak und scheint nicht zu dem Geschehen an der Börse zu passen, wo der Dax in Reichweite eines neuen Rekordhochs handelt. Wie wenig das passt, zeigt auch der folgende Chart, denn hier klafft eine große Lücke zwischen der Entwicklung der Auftragseingänge und dem Aktienindex.

Auftragseingänge und -bestand der deutschen Industrie versus Dax

QuelleN. Bloomberg, DWS INvestment GmbH

Wie ist das zu erklären?
Sicherlich nicht damit, dass der Dax seit der Erweiterung von 30 auf 40 Mitglieder einen deutlich höheren Dienstleistungsanteil aufweist. Vielmehr ist diese Anomalie einmal mehr mit den Verzerrungen aus der Covid-Zeit zu erklären. Vor allem 2021, aber auch 2022 wurden aufgrund der Unsicherheiten bei den globalen Lieferketten die Lagerbestände etwas höher als sonst gehalten. Verändertes Konsum- und Arbeitsverhalten führte zudem zu Investitionsschüben in manchen Sektoren. Gleichzeitig führte aber auch das absehbare Ende der Covid-Maßnahmen und die sich daraus ergebene konjunkturelle Belebung zu einem außergewöhnlichen Anstieg der Auftragseingänge. Dies hat dazu geführt, dass die Auftragsbücher trotz schwächelnder Neuaufträge immer noch prall gefüllt sind, wie der Chart ebenfalls zeigt. Für den Februar wies das Statistische Bundesamt eine durchschnittliche Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe von 7,5 Monaten aus. Nur knapp unter den rekordhohen acht Monaten Anfang 2022, aber deutlich über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre, der unter sechs Monaten lag.

Schlussfolgerungen
Dies heißt laut den Experten der DWS nicht, dass man über die Schwäche bei den Neuaufträgen einfach hinweg sehen sollte. Aber solange aus den Rückgängen kein Trend werden sollte, stützen die Zahlen das konjunkturelles Bild der DWS für dieses Jahr: kein Boom, kein Absturz, eher eine „stabile Seitenlage“. Das würde jedoch noch nicht erklären, warum der Dax nah seinem historischen Hoch notiert. Hierzu muss man auch noch die Gewinnentwicklung des Index betrachten. Die Gewinne stehen auf Rekordhoch für das abgelaufene Jahr. Und, wenn man dem Konsens der Analysten trauen darf, werden 2023 und 2024 weitere Rekorde folgen. Auch wenn hier manche weniger optimistisch in die Zukunft blicken dürften, so geht man bei der DWS immerhin davon aus, dass sich der deutsche Leitindex dieses Jahr relativ besser als der globale Index entwickeln dürfte. (kb)

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