Französischer EZB-Rat spricht sich gegen "Testen, bis es bricht" aus
Laut Francois Villeroy de Galhau dürfe die EZB mit zu vielen Zinserhöhungen die Konjunktur nicht überstrapazieren. Für Zinssenkungen sei es noch zu früh, meint seinerseits das spanische EZB-Ratsmitglied Pablo Hernandez de Cos.

Die Europäische Zentralbank darf die Konjunktur mit ihrer Straffung der Geldpolitik nicht an ihre Belastungsgrenze bringen. Dies betonte der französische Notenbankrat Francois Villeroy de Galhau. Die Währungshüter sollten sich stattdessen darauf konzentrieren, das angehobene Zinsniveau beizubehalten. Das berichtet Bloomberg News.
Nach der Erhöhung des Einlagensatzes auf vier Prozent in diesem Monat müsse die Gefahr, nicht genug zu tun, gegen das Risiko abgewogen werden, zu viel zu tun, sagte der Chef der französischen Notenbank am Montag in Paris in einer Rede mit dem Titel „Geldpolitik im Euroraum: War es zu spät? Oder könnte es jetzt zu viel sein?”
Die Nachteile unzureichender Maßnahmen seien “überschaubar”. Falls die Teuerung weiterhin über dem Zielwert von zwei Prozent liege, könne die EZB ohne Weiteres weitere Zinserhöhungen vornehmen, so Villeroy. Eine scharfe Kehrtwende könnte jedoch erforderlich werden, wenn die Straffung zu weit geht, die Wirtschaft in eine Rezession stürzt und die Inflation drastisch zurückgeht.
Kritik am Motto “Testen, bis es bricht’
“Testen, bis es bricht’ ist kein vernünftiger Weg, um die Geldpolitik zu kalibrieren”, sagte Villeroy. “Wir sollten uns jetzt auf die Beständigkeit der Geldpolitik konzentrieren und nicht auf das ständige Anheben der Zinsen - auf die Dauer und nicht das Niveau.”
Bundesbank-Chef Joachim Nagel indessen hatte letzte Woche erklärt, es sei zu früh, um zu sagen, ob die Zinsen ein Plateau erreicht hätten.
Der lettische Notenbankchef Martins Kazaks sagte vor kurzem im Interview mit Market News, die „sehr angemessene“ Straffung um einen Viertelpunkt im September könnte eine Straffungspause im Oktober ermöglichen.
Villeroy sagte, die EZB sei zunehmend zuversichtlich, dass sie die Inflation bis 2025 wieder in Richtung zwei Prozent bringen könne. Damit sei es als sekundäres Ziel möglich, der Wirtschaft einen sanften Pfad zu bahnen. “Wenn wir das Ziel mit einer sanften Landung statt einer harten Landung erreichen können, ist das ein viel besserer Weg”, so Villeroy in seiner Rede. Aber auch ein anderer EZB-Rat eines großen Landes hat sich geäußert:
De Cos sieht keinen Gesprächsbedarf über EZB-Zinssenkungen
Für die Europäische Zentralbank sei es noch nicht an der Zeit, über Zinssenkungen zu sprechen, sagte Ratsmitglied Pablo Hernandez de Cos - auch wenn die Zinsen jetzt hoch genug sein könnten, um die Inflation wieder auf das Ziel von zwei Prozent zu bringen. Das ist einen anderen Bloomberg-Bericht zu entnehmen.
Wie lange die Zinssätze ausreichend restriktiv bleiben müssen, “ist eine sehr schwierige Frage und kann nicht im Voraus beantwortet werden”, sagte der spanische Zentralbankgouverneur in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der "Börsen-Zeitung".
“Das hängt davon ab, ob sich die Inflation und das Wachstum so entwickeln, wie es prognostiziert wurde”, sagte er. “Aber es ist sicherlich zu früh, um jetzt über Zinssenkungen zu sprechen.”
EZB-Ratsmitglieder haben zuletzt unterschiedliche Ansichten darüber geäußert, ob die Anhebung des Einlagensatzes auf vier Prozent in der vergangenen Woche die letzte im aktuellen Straffungszyklus war. Während der Grieche Yannis Stournaras am Donnerstag sagte, dass der nächste Schritt der Zentralbank wahrscheinlich eine Senkung sein werde, hält es Bundesbankpräsident Joachim Nagel für verfrüht zu sagen, ob eine weitere Erhöhung notwendig sei.
“Nach den heutigen Informationen können wir Zinssenkungen sicherlich nicht ausschließen”, so de Cos. “Aber ich will und kann sie auch nicht bestätigen. Wie ich schon sagte, ist die Unsicherheit noch sehr groß.”
Weitere Aussagen des spanischen Gouverneurs in dem Interview:
- “Wir sollten sehr vorsichtig sein” bei der Verkürzung der EZB-Bilanz.
- Aktive Verkäufe von Anleihen seien “nichts, was wir derzeit in Betracht ziehen oder in Zukunft in Betracht ziehen werden.”
- Eine mögliche Erhöhung der Mindestreserven der Banken sei “nicht naheliegend” und “in jedem Fall wird sich die laufende Überprüfung unseres Handlungsrahmens eingehender mit dieser Frage befassen müssen.”
- “Die Inflationsrisiken sind jetzt ausgeglichen. Meiner Ansicht nach haben die Entwicklungen seit Juni unsere Zuversicht gestärkt, dass sich der Inflationspfad bis 2025 in Richtung zwei Prozent bewegen wird.”
- “Die Wachstumsaussichten (wurden) nach unten korrigiert, und die Risiken sind eher abwärtsgerichtet.”
- “Die zugrundeliegende Inflation (lässt jetzt nach), so dass wir endlich die Kurve bekommen zu haben scheinen.” (aa)