Frankreich muss Finanzen in Griff kriegen, warnt der Rechnungshof
Frankreich muss seine öffentlichen Finanzen in den Griff bekommen, sonst drohen schon bald schmerzhafte Einschnitte. Die Warnung gab am Mittwoch der Rechnungshof in Paris. Dies illustriert die zunehmenden Risiken für die Minderheitsregierung, die wegen ihrer Haushaltspläne bereits unter Druck steht.
In den vergangenen zwei Jahren habe der Staat die Kontrolle über die öffentlichen Finanzen verloren, schrieben die Prüfer des Cour des Comptes (Rechnungshof) in ihrem Jahresbericht. Ursachen seien eine zu optimistische Einschätzung der Steuereinnahmen und des Wachstums sowie eine mangelnde Fähigkeit, den rasanten Ausgabenanstieg zu verhindern, schreibt Bloomberg News.
Bescheidene Defizit-Veringerungsziele sind gefährdet
Für 2025 sei das Defizit-Reduktionsziel “bescheiden” und beruhe hauptsächlich auf Steuererhöhungen. Die Ausgabenpläne seien indes “unsicher” und es mangele an nachhaltig wirksamen Maßnahmen. Da die Ziele wiederholt verfehlt wurden, hat Frankreich bereits das größte Haushaltsdefizit in der Eurozone. “Unserer Ansicht nach können wir so nicht weitermachen, denn Unsicherheit untergräbt das Vertrauen in unsere Verpflichtungen und unsere Glaubwürdigkeit und schränkt unsere Handlungsfähigkeit ein”, sagte der Präsident des Rechnungshofes, Pierre Moscovici. “Diejenigen, die sagen, wir könnten uns jetzt den Anstrengungen entziehen, legen den Grundstein für die Kürzungszwänge von morgen.”
Drohendes Misstrauensvotum bei mehr Einsparungen
Die Regierung von Francois Bayrou arbeitet derzeit an Plänen, im Haushalt für das kommende Jahr 40 Milliarden Euro einzusparen. Ob die Abgeordneten jedoch weiteren Einschnitten und Steuererhöhungen zustimmen, ist offen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Misstrauensvotums im Herbst, das den Premierminister wie seinen Vorgänger Michel Barnier zum Rücktritt zwingen könnte. Der wirtschaftliche Ausblick trübt sich ein: Frankreichs Wachstum dürfte in diesem Jahr hinter dem Durchschnitt des Euroraums zurückbleiben.
Frankreich kämpft um die Sanierung seines Haushalts
Haushaltsdefizit ist jetzt das größte in der Eurozone.
Erschüttertes Investorenvertrauen trifft Government Bonds
Die politische Unsicherheit und die fragile Haushaltslage haben auch das Vertrauen der Investoren erschüttert. Im letzten Jahr kam es zu verstärkten Verkäufen französischer Staatsanleihen, was die Refinanzierungskosten im Vergleich zu anderen Ländern steigen ließ.
Doppelt so hohe Anpassung erforderlich als gedacht
Nach Angaben des Rechnungshofs bedeutet die Abweichung von den Zielen in den letzten zwei Jahren, dass die erforderlichen Haushaltsanpassungen, um das Defizit auf drei Prozent des BIP zu senken, von 50 Milliarden Euro auf 105 Milliarden Euro gestiegen sind.
Schneeballeffekt befürchtet
Da die Kosten für den Schuldendienst nach einer Verdopplung seit 2020 weiter steigen dürften, warnte Moscovici vor einem “Schneeballeffekt”. Ein Primärüberschuss – also ein Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen – sei zwingend notwendig, um die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung zu sichern. “Es ist dringend notwendig, eine Bestandsaufnahme der Lage zu machen, da sich die Gleichung sehr schnell komplizieren kann”, sagte Moscovici. (kb)