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EZB-Direktoriumsmitglied: Übermäßige Inflationsangst kann schädlich sein

Der Italiener Piero Cipollone äußert sich sehr "taubenhaft" betreffend die zukünftige EZB-Geldpolitik und plädiert dafür, der Wirtschaft keine Fesseln aus geldpolitischer Sicht anzulegen.

© olrat / stock.adobe.com

Übermäßige Besorgnis bezüglich möglicher zukünftiger Inflationsschocks kann nach Ansicht von EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone der Wirtschaft schaden, berichtet Bloomberg mit Verweis auf andere Medien.

Eigene Ansichten
“Die Nachfrage niedrig zu halten, um sich vor zukünftigen Inflationsschocks zu schützen, ist meiner Meinung nach heute kontraproduktiv”, sagte Cipollone im Interview mit der italienischen Zeitung Corriere della Sera. “Eine weitere Erosion unseres Wirtschaftspotenzials würde den Inflationsdruck erhöhen, anstatt ihn zu verringern.”

Zu viel Vorsicht walten zu lassen, sei riskant. “Wenn man die Wirtschaft unter ihrem Potenzial hält, schwächt man sie und nimmt sich den nötigen Spielraum, um auf Schocks zu reagieren, wenn sie eintreten”, führte Cipollone aus.

“Ein höheres Tempolimit, bei dem das reale BIP-Wachstum mit seinem Potenzial und das Lohnwachstum mit den Produktivitätssteigerungen übereinstimmt, trägt dazu bei, künftige Probleme bei der Preisdynamik mit weniger Stress aufzufangen.”

Inflationsraten nicht mehr so hoch wie 2022/23
Im vergangenen Jahr hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen insgesamt viermal um jeweils einem Viertelprozentpunkt gesenkt. Da die Inflation nun fast wieder auf dem Zielwert liegt, rechnen Ökonomen damit, dass der Einlagensatz bis Mitte des Jahres von derzeit drei Prozent auf zwei Prozent herabgesetzt wird.

Einige Währungshüter sind jedoch besorgt über eine zu rasche Senkung der Zinsen. Dahinter stehen Sorgen bezüglich der Lohnanstiege und Bedenken, dass geopolitische Spannungen einschließlich Handelskriegen die Preise wieder nach oben treiben könnten.

Potenzial ausschöpfen
Die EZB-Geldpolitik müsse sich “nicht übermäßig” gegen mögliche zukünftige Inflationsschocks absichern, so Cipollone. Sie müsse vielmehr versuchen, das Potenzial der Wirtschaft ohne überzogenen Druck auszuschöpfen.

EZB-Währungshüter aus allen Lagern haben signalisiert, dass sie bereit sind, die Zinsen auf ein neutrales Niveau zu bringen, das die Wirtschaftstätigkeit weder einschränkt noch ankurbelt. Sie sind jedoch uneins darüber, wo dieses neutrale Niveau liegt.

Laut EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel nähert sich der Einlagensatz bereits dem neutralen Niveau. Ratsmitglieder wie Francois Villeroy de Galhau sehen indessen noch reichlich Lockerungsspielraum. (aa)

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