Logo von Institutional Money
| Märkte

EZB betont Entschlossenheit im Inflationskampf, Rentenmarkt schmiert ab

Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, hat jüngst bekräftigt, dass die EZB so lange wie nötig restriktiv bleibt, um die Inflation auch wirklich in den Griff zu bekommen. Diese Entschlossenheit bringt den Anleihenmarkt jedoch unter Druck und sorgt für Stress bei den Investoren.

Christine Lagarde, EZB
Christine Lagarde, EZB© Alex Kraus / Bloomberg

Christine Lagarde hat erneut unterstrichen, dass die Zinsen so lange wie nötig hoch bleiben werden, um die Verbraucherpreise zu zügeln - auch wenn die Wirtschaft zu kämpfen hat. “Unsere künftigen Entscheidungen werden sicherstellen, dass die Leitzinsen der EZB so lange wie nötig auf einem ausreichend restriktiven Niveau bleiben”, sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank vor Abgeordneten des EU-Parlaments. Das ist einem Bloomberg-Bericht zu entnehmen.

“Wir sind weiterhin entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Inflation zeitnah zu unserem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zurückkehrt”, sagte sie am Montag in Brüssel. Mit ihrer Wortwahl blieb die Präsidentin nahe an den jüngsten geldpolitischen Beschlüssen der EZB.

Die EZB hat ihren Leitzins in diesem Monat auf 4,0 Prozent angehoben. Das ist ein Niveau, das nach Ansicht der meisten Ökonomen und Anleger den Höhepunkt einer mehr als einjährigen Kampagne zur Eindämmung der Inflation darstellt. Einige Ratsmitglieder haben sich dieser Einschätzung angeschlossen. Der Chef der spanischen Zentralbank, Pablo Hernandez de Cos, bekräftigte am Montag, dass das derzeitige Niveau das Preiswachstum wieder auf das Ziel von zwei Prozent zurückführen sollte, wenn es lange genug aufrechterhalten werde.

Der Gouverneur der Banque de France, Francois Villeroy de Galhau, sagte unterdessen, die EZB solle die Wirtschaft nicht so lange strapazieren, bis sie “bricht” - das gilt als ein Hinweis darauf, dass er keine weiteren Zinserhöhungen befürwortet (Institutional Money berichtete).

Kampf gegen die Inflation muss entschlossen geführt werden
Auch Lagarde räumte ein, dass die Maßnahmen der EZB für Wirtschaft und einige Verbraucher schmerzhaft seien, insbesondere für die 30 Prozent der Haushalte mit variablen Hypothekenzinsen.

“Unsere Aufgabe ist es, die Inflation zeitnah wieder auf das Zielniveau zurückzuführen”, sagte sie. “Je schneller dies geschieht und je stabiler die Preise sind, desto weniger schmerzhaft wird es für diejenigen sein, die investieren, aber auch für diejenigen, die Kredite aufgenommen haben.”

Einige Währungshüter sind sich jedoch weniger sicher, dass der Höhepunkt erreicht ist. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte letzte Woche, es sei zu früh, solche Feststellungen zu treffen, da die Inflation nach wie vor zu hoch sei und voraussichtlich nur langsam zurückgehen werde.

Eine zentrale Herausforderung besteht darin, zu beurteilen, wie die Wirtschaft auf die seit Juli 2022 eingeleitete Straffung der Geldpolitik um 450 Basispunkte reagiert. Die Aussichten für die Eurozone haben sich in letzter Zeit verschlechtert, wobei Deutschland ein besonderer Schwachpunkt ist. Das Vertrauen der Unternehmen hat sich dort im September nur geringfügig verbessert und bleibt auf einem historisch niedrigen Niveau, wie die am Montag vom Ifo-Institut veröffentlichten Daten zeigen.

“Die Wirtschaftsaktivität im Euroraum lässt eindeutig nach”, sagte Isabel Schnabel, Mitglied des EZB-Direktoriums, in einer Rede in Regensburg.

Bonds schwenken auf EZB-Botschaft ein - Kommt Drei-Prozent-Bundrendite?
Die Botschaft der Europäischen Zentralbank, dass die Zinsen länger hoch bleiben werden, kommt Bloomberg zufolge nun auch am Anleihemarkt an.

Zehnjährige Bundesanleihen werden in diesem Monat so energisch abgestoßen wie seit Februar nicht mehr. Die Rendite der deutschen Langläufer hat inzwischen den höchsten Stand seit 2011 erreicht. Der Abverkauf verdeutlicht die Probleme der EZB, die Inflation wieder auf zwei Prozent zu drücken, ohne eine Rezession auszulösen.

Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist zum Start der neuen Handelswoche zeitweise über die Marke von 2,8 Prozent geklettert. In diesem Monat hat sie mehr als 30 Basispunkte zugelegt.

Indessen befindet sich der Euro seit mehr als zwei Monaten in einer Abwärtsspirale, belastet durch zunehmende Stagflationsängste. Anfang der Woche wurden für den Euro 1,0635 Dollar gezahlt, womit er so schwach ist wie seit Mai nicht mehr.

Fondsmanagerin Isabelle Vic-Philippe von Amundi geht davon aus, dass die Zentralbanker das restriktivere Umfeld länger beibehalten könnten, als die Märkte derzeit erwarten. Vor diesem Hintergrund vermeidet sie, das Zinsrisiko in ihrem Portfolio ausufern zu lassen. “Die Inflation verlangsamt sich zwar, ist aber noch immer recht hoch”, so Vic-Philippe. “Diese Verlangsamung ist in den USA bereits eingetreten, und die Zinsen sind derweil gestiegen.”

Zum Teil basiert der Marktumschwung in Europa auf US-Daten, die vergangene Woche zeigten, dass die Konjunktur nach der aggressiven Zinserhöhungskampagne der US-Notenbank weiterhin weitaus stärker ist als von vielen erwartet.

Die Renditen von US-Langläufern haben am Montag neue Multi-Jahres-Hochs erreicht. Bei zehnjährigen US-Treasuries lag sie zeitweise bei 4,509 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit Oktober 2007. Bereits am Freitag war die Marke von 4,5 Prozent überwunden worden. Papiere mit 30 Jahren Laufzeit rentierten im Tagesvergleich bis zu neun Basispunkte höher bei 4,612 Prozent, dem höchsten Stand seit April 2011.

Bei zehnjährigen Bunds beginnen Strategen, über die Möglichkeit eines Renditeanstiegs auf drei Prozent nachzudenken. “Wenn man sich ansieht, wie Anleihen am langen Ende weltweit gehandelt werden, wird immer deutlicher, dass eine dramatischere Verschlechterung der Makrodaten erforderlich sein könnte, um eine nachhaltige Wende bei den Renditen herbeizuführen”, so Rohan Khanna, Zinsstratege bei Barclays. (aa)

Dieses Seite teilen