EU-Wächterin kritisiert BlackRocks Ernennung zum ESG-Berater
Die Europäische Kommission hat es versäumt, Interessenkonflikte in vollem Umfang zu berücksichtigen, als sie BlackRock mit der Beratung zu neuen Regeln für nachhaltige Finanztransaktionen von Banken beauftragt hat. Davon ist jedenfalls die EU-Ombudsfrau Emily O'Reilly überzeugt.
Als die EU-Kommission den weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock als ESG-Berater angeheuert hat, habe das Exekutivorgan der Gemeinschaft über "keine ausreichenden Garantien verfügt, um jeden legitimen Zweifel" an möglichen Interessenkonflikten auszuschließen. Davon geht laut einem Bloomberg-Bericht jedenfalls die EU-Ombudsfrau Emily O'Reilly aus. Deren Urteil habe zwar keine rechtliche Bindung, um die Kommission zur Annullierung des Mandats zu zwingen, könne aber das Gremium unter Druck setzen, dies zu tun.
Die Entscheidung sei ein kleiner Sieg für Umweltschützer, die BlackRock seit langem ins Visier genommen haben, weil das Unternehmen "übergroße" Beteiligungen an den weltweit größten Unternehmen für fossile Brennstoffe hält. So gehöre BlackRock (was aufgrund seines Index-Geschäfts und der vielen, institutionellen, indexnahen Mandate unvermeidbar ist) etwa zu den größten Investoren bei Exxon Mobil, Royal Dutch Shell und BP, außerdem sei der Fondsriese zu zurückhaltend, diese Gesellschaften in Bezug auf ihre Klimaauswirkungen in die Pflicht zu nehmen.
Politik und Verbände haben vor Interessenkonflikten gewarnt
Im März hatte die EU-Kommission BlackRocks Financial Markets Advisory Arm (FMA) ein Mandat zur Unterstützung bei der Einbeziehung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in die europäischen Bankvorschriften erteilt. Die Entscheidung hatte zu einer formellen Beschwerde mehrerer Politiker des Europäischen Parlaments und der Change-Finance-Koalition geführt. Diese argumentierten, die Investments von BlackRock in fossile Brennstoffe und den Bankensektor würden zu Interessenkonflikten führen.
Es müsse hinterfragt werden, warum die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass es keine rechtlichen Gründe gegeben habe, BlackRock Investment Management von dem Vergabeverfahren auszuschließen, schrieb O'Reilly in ihrem Bericht. Sie empfahl der Kommission, ihren Mitarbeitern klarere Richtlinien zu potenziellen Interessenkonflikten bei der Beauftragung von externen Beratern zur Verfügung zu stellen und eine Stärkung der Bestimmungen zur Regulierung des Finanzsektors in dieser Frage in Erwägung zu ziehen.
BlackRock betont "weitreichenden und integrativen Ansatz"
Die FMA-Einheit von BlackRock hat "einen weitreichenden und integrativen Ansatz verfolgt, der Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Banken, Aufsichtsbehörden und Marktpraktiker einschließt, und freut sich darauf, ihre Arbeit abzuschließen und der Kommission ihren Abschlussbericht vorzulegen", erklärte Ryan O'Keeffe, ein Sprecher von BlackRock, bevor die Entscheidung des Ombudsmanns veröffentlicht wurde.
Ein Sprecher der Kommission erwiderte, man begrüße die Feststellung von Ombudsfrau O'Reilly, wonach es keinen "Missstand in der Verwaltungstätigkeit" gebe. Man werde bis März vollumfänglich auf die Vorschläge reagieren. Das Gremium plant, in Kürze den Zwischenbericht von BlackRock zu veröffentlichen.
Die Hälfte des ursprünglich geschätzten Auftragswerts?
Die Beschwerde, die zu dem Urteil der Ombudsfrau geführt hat, war unter anderem auf die Höhe des Honorars eingegangen, das BlackRock für den ESG-Berater-Vertrag angeboten hatte. Das betrug demnach 280.000 Euro (332.000 US-Dollar), etwa die Hälfte des ursprünglich geschätzten Auftragswerts. O'Reilly hob daher hervor, die Kommission habe nicht vollständig untersucht, warum das Angebot so niedrig war. BlackRock "könnte versucht haben, diesen Auftrag zu gewinnen, weil er ihm die Möglichkeit gab, von innen heraus die Politik der Kommission in Bereichen, die ihre Interessen betreffen, zu beeinflussen und zu verstehen", so die Autorin.
BlackRocks Trennung des beratenden Arms von seiner Investitionseinheit reiche nicht aus, um zu verhindern, dass die Mitarbeiter "von den allgemeinen strategischen Interessen des Unternehmens beeinflusst werden", so O'Reilly, die anmerkte, die Kommission sei systemisch mit Interessenkonflikten konfrontiert, wenn sie den Privatsektor in politische Diskussionen einbeziehe.
Nachhaltigkeit soll zu einem integralen Bestandteil werden
BlackRock habe bereits Schritte unternommen, um der Kritik an seinen Umweltauswirkungen zu begegnen, heißt es in dem Bloomberg-Bericht. CEO Larry Fink habe bereits im Januar erklärt, dass sein Unternehmen Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil seines Geschäfts machen und sein Engagement für Transparenz bei seinen Investitionsverwaltungsaktivitäten, einschließlich der Abstimmungen der Aktionäre, verstärken werde. Aber mit einer Mehrheit seiner etwa acht Billionen US-Dollar an Vermögenswerten in Produkten, die an Indizes gebunden sind, habe BlackRock große Bestände an Unternehmen angehäuft, die die Anforderungen einiger ESG-Investoren nicht erfüllen werden. Wo dies der Fall sei, liege es am Stewardship-Team des Unternehmens, die Unternehmen zu Veränderungen anzuregen, ohne dass ihnen letztlich eine Veräußerung drohe.
Bislang hat BlackRock im Jahr 2020 laut Bloomberg konsequent gegen die Wiederwahl von Vorstandsmitgliedern in Firmen gestimmt, die nach seiner Meinung keine ausreichenden Fortschritte bei der Offenlegung von Klimarisiken machen, aber bei einigen offensichtlich mutigeren Beschlüssen seine Unterstützung verweigert.
Einen Atomkraftbetreiber um Rat für den Atomausstieg bitten?
Kenneth Haar, Forscher und Kampagnenleiter beim Corporate European Observatory, einem Mitglied von Change Finance, ficht das nicht an. "Mit der Wahl von BlackRock übertrug die Kommission im Grunde genommen Big Finance das Steuerrad für die Umsetzungsphase ihres Aktionsplans für nachhaltige Finanzen. BlackRock zu bitten, die besten Regeln für eine nachhaltige Finanzierung vorzuschlagen, ist so, als würde man einen Atomkraftbetreiber um Rat für einen Atomausstieg bitten", wird Haar in dem Beitrag zitiert. (hh)