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EPRA Performanceindikatoren: mehr Transparenz mit neuen NAV-Kennzahlen

Die European Public Real Estate Association (EPRA) hat ihre Empfehlungen zur Berechnung des Nettoinventarwertes (NAV) für börsennotierte Immobiliengesellschaften überarbeitet. Die DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management) begrüßt diesen Schritt.

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Ab dem Berichtsjahr 2020 werden die seit 2003 in der Branche etablierten Definitionen des sogenannten EPRA NAV und des Triple Net NAV durch drei neue Kennzahlen ersetzt. Die DVFA Kommission Immobilien begrüßt diese Umstellung. EPRA trägt mit der Anpassung gezielt den Veränderungen im europäischen Immobiliensektor, wie beispielsweise der Einführung einer REIT-Gesetzgebung im Vereinigten Königreich sowie in Deutschland, aber auch den inzwischen weiter ausdifferenzierten Geschäftsmodellen und Finanzierungsstrategien der Unternehmen Rechnung.

Unternehmen selbst entscheidet über die verwendete Kennzahl
Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung der DVFA Kommission Immobilien und EPRA werden am 19. Mai 2020 in Frankfurt die Neuerungen vorgestellt.? Gemäß EPRA soll jedes Unternehmen für sich definieren, welche der drei neuen Kennzahlen die relevanteste für das eigene Geschäftsmodell ist. Jene sollte dann in den Veröffentlichungen entsprechen präsent dargestellt werden.

Drei statt zwei: Erweiterung der NAV-Kennzahlen
Ausgangpunkt für die Überlegungen zu einem fairen Wert einer Immobilienaktiengesellschaft bildet im Allgemeinen das Eigenkapital der Gesellschaft nach IFRS. Rechnerisch ergibt sich das IFRS Eigenkapital aus den zu Marktwerten bewerteten Immobilien und sonstigen Vermögenwerten der Gesellschaft, abzüglich aller Verbindlichkeiten. Ziel der von EPRA empfohlenen Anpassungen dieses bilanziellen Eigenkapitals ist die Erhöhung der Transparenz und damit der Relevanz der ausgewiesenen Kennzahlen für Investoren. Insbesondere die Abkehr von der reinen Bankenfinanzierung zu Gunsten einer eher kapitalmarktorientierten Fremdfinanzierung und die Entwicklung von passiven zu verstärkt aktiv gemanagten Immobilienbeständen legt eine Betrachtung der ausgewiesenen Nettoinventarwerte aus unterschiedlichen Perspektiven nahe.

EPRA NTA (Net Tangible Assets)
Im Zentrum der neuen Kennzahlen steht der EPRA NTA, der eine Weiterentwicklung des bisherigen EPRA NAVs darstellt. Die Kennzahl legt den Schwerpunkt auf die Ermittlung der materiellen Vermögenswerte des Immobilienunternehmens und hat dadurch eine hohe Aussagekraft für die Anleger. EPRA stellt nunmehr klar, dass nach diesem Konzept weder der Goodwill (immaterieller Firmenwert aus Übernahmen) noch andere Immaterielle Vermögenswerte in diese Bewertung einfließen. Außerdem sind Fair Values von Finanzinstrumenten wie Hybridanleihen, Vorzugsaktien oder Wandelschuldverschreibungen aus dem Eigenkapital zu bereinigen. Gleichzeitig bietet das EPRA NTA Konzept eine flexiblere Betrachtung der latenten Steuern („capital gain tax liability“ / „deferred tax“) als die Vorgängerdefinition. Insgesamt gibt es hier drei Varianten: (1) Unternehmen können pauschal 50 Prozent der passiven latenten Steuern im Eigenkapital bereinigen oder alternativ (2) jenen Teil der latenten Steuern, bei dem nachgewiesen werden kann, dass die zugehörigen Objekte auf lange Sicht nicht verkauft werden sollen. (3) Als dritte Möglichkeit kann für jenen Teil des Portfolios, für den nachgewiesen werden kann, dass die zugehörige latente Steuer nur teilweise anfallen wird, diese entsprechend reduziert werden (zugehörige Berechnung muss angegeben werden sowie auch Nachweis durch zuletzt erfolgte Transaktion). Damit wird dem passiven Bestandshalter ebenso Rechnung getragen, wie Unternehmen, die einen aktiveren Portfoliomanagement Ansatz („buy and sell assets“) verfolgen. Insbesondere muss beim EPRA NTA noch der genau Umfang der Einbeziehung von Erwerbsnebenkosten („real estate transfer tax“) erfolgen.

EPRA NRV (Net Reinstatement Value)
Diese Kennziffer beschreibt ein bestandshaltendes Unternehmen, das grundsätzlich keine Immobilien verkauft und auf den Werterhalt des Portfolios konzentriert ist („never sell assets“). Der wesentliche Unterschied zum NTA Konzept ist, dass unter dem NRV Ansatz alle Positionen berücksichtigt werden, die beim Aufbau des Portfolios angefallen sind. Die zentrale Fragestellung lautet also, was würde es heute kosten, das gleiche Unternehmen bzw. Immobilienportfolio noch einmal aufzubauen. Im NRV Konzept sind vor diesem Hintergrund der Goodwill und andere immaterielle Vermögenswerte ebenso wie die in größerem Umfang einfließenden Erwerbsnebenkosten (insb. die Grunderwerbssteuer) als werthaltig zu berücksichtigen. Latente Steuern werden hingegen nicht abgezogen.

EPRA NDV (Net Disposal Value)
Zu guter Letzt betrachtet die neue Kennzahl EPRA NDV den Nettoinventarwert in einem Liquidationsszenario („disposal scenario“). Laut EPRA soll der Investor darüber informiert werden, welchen aktuellen Zeitwert Verbindlichkeiten und Vermögenswerte aufweisen, wenn sie nicht bis zur jeweiligen Endfälligkeit gehalten werden. Wesentlicher Unterschied zur NTA Kennzahl ist der vollständige Abzug latenter Steuern und die Berücksichtigung der Zeitwerte von Festverzinslichen Krediten und anderen finanziellen Instrumenten. Erwerbsnebenkosten werden hier nicht berücksichtigt.

Umsetzung und erwartete Auswirkungen
Die überwiegende Anzahl der kapitalmarktorientierten Immobilienunternehmen wird die neuen Kennzahlen erstmalig mit den Jahresergebnissen für 2020 berichten. Die EPRA Guidelines beziehen sich nur auf volle Berichtsjahre. Geht man davon aus, das der EPRA NTA die größte Aussagekraft für Kapitalanleger hat, ist ceteris paribus mit einer Reduktion der ausgewiesenen Nettoinventarwerte zu rechnen. Das wird im Wesentlichen am Ausschluss von Goodwill und an der eingeschränkten Hinzurechnung der latenten Steuern liegen. Allerdings zieht EPRA mit dieser neuen Definition lediglich mit der gängigen Praxis vieler institutionellen Anleger und Analysten gleich, die auch in der Vergangenheit schon entsprechende Bereinigungen der alten EPRA NAVs vorgenommen haben. Insofern ist die Aktualisierung der Kennzahlen zwar zu begrüßen, der wahrscheinliche Einfluss auf Investitionsentscheidungen und damit auf die Kursentwicklungen einzelner Unternehmen aber auch nicht überzubewerten. In der Umsetzung werden noch Teilbereiche wie etwa die genaue Behandlung der Erwerbsnebenkosten (ausgehend von angefallenen Kosten bzw. in den Gutachten enthaltenen Positionen) genauer zu präzisieren sein.

Spannend könnte es auch werden, wenn der NDV den höchsten Wert ausweist – das wäre ja per Definition ein Argument für die Zerschlagung/Abwicklung der Gesellschaft (ohne jedoch die Kosten dafür auf Ebene des Unternehmens zu berücksichtigen). Auch sollte die Beurteilung der Passivseite gegebenenfalls noch weiter gehen und auch Aspekte wie die Refinanzierung am Laufzeitende von Krediten mit einpreisen. Auch ist anzumerken, dass die bisher im EPRA NNNAV und im neuen NDV vorgenommene Marktbewertung der Schulden in den zwei neuen Kennzahlen NTA und NRV fehlt und dies systematisch einen Bruch zu Aktivseite der Bilanz darstellt, da zwar das Immobilienvermögen zum Fair Value berücksichtigt wird, die entsprechenden Finanzierungen hingegen nur bedingt.

Am 19. Mai 2020 stellen die DVFA Kommission Immobilien und EPRA die neuen EPRA Performance Indikatoren vor und informieren über die EPRA Sustainability Best Practices Recommendations Guidelines. (kb)

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